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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ebendiesem frischen Brot gütlich zu tun. Dazu gab es einen Klumpen Butter, einen Kanten Somerset-Käse und einen dampfenden Zinnteller mit Rindfleisch und Kartoffeln, die in einer dicken Soße schwammen.
    Dick Morgan sah seinen Sohn finster an. Richard wusste, dass sein Vater ihn für zu weich und sentimental hielt. Unglücklich suchte er nach Worten. »Wahrscheinlich haben wir gehofft, die anderen Kolonien würden Massachusetts nach ihrer anfänglichen Warnung nicht beistehen«, sagte er unsicher. »Wie konnten sie glauben, der König würde sich dazu herablassen, ihren Brief zu lesen? Oder, selbst wenn er es getan hätte, ihren Forderungen nachgeben? Sie sind doch Engländer! Der König ist auch ihr König.«
    »Geschwätz, Richard!«, sagte Mr Thistlethwaite scharf. »Die überspannte Sorge um dein Kind verwirrt deinen Denkapparat zusehends! Der König und seine scheinheiligen Minister sind gerade dabei, unsere schöne Insel in eine Katastrophe zu stürzen. Achttausend Tonnen Fracht aus Bristol sind in weniger als einem Jahr ungelöscht aus den dreizehn Kolonien zurückgekommen! Die Sergestoffmanufaktur in Redcliff ist pleite, und die vierhundert Seelen, die dort Arbeit hatten, fallen jetzt der Gemeinde zur Last. Ganz zu schweigen von der Fabrik beim Port Wall, die bemalte Leinwandteppiche für Carolina und Georgia herstellt, und von den Pfeifenmachern, Seifensiedern, Flaschenmachern, Zuckerund
Rumfabrikanten - um Gottes willen, meine Herren! Der größte Teil unseres Handels geht über den Atlantik und kein geringer Teil davon in die dreizehn Kolonien! Ein Krieg mit den Kolonien ist wirtschaftlicher Selbstmord!«
    Der Wirt hatte die Zeitung genommen und überflogen. »Ich sehe hier, dass Lord North eine - eine ›Proklamation zur Niederschlagung der bewaffneten Rebellion‹ veröffentlicht hat. Das heißt vermutlich, dass es beim Heer wieder Arbeit gibt. Gott habe Mitleid mit den armen Soldaten und beschütze sie.«
    Von der Marine sagte er nichts. In Bristol kannte und fürchtete jedermann den gefräßigen Schlund, der Männer verschluckte, meist ohne sie lebendig und bei guter Gesundheit wieder auszuspucken. Und die Kapitäne der Handelsflotte waren um kein Haar anständiger, noch pressten sie weniger rücksichtslos. Sie bezahlten ihre Matrosen genauso schlecht und peitschten sie genauso oft aus. Besonders auf Sklavenschiffen starben die Matrosen schneller als die Schwarzen, wenn das überhaupt möglich war.
    »Wir können diesen Krieg gar nicht gewinnen«, sagte Mr Thistlethwaite und streckte Mag Morgan seinen Becher entgegen.
    Richard wollte das nicht unwidersprochen lassen. »Aber sieh mal, Jem, wir haben nach sieben Kriegsjahren Frankreich geschlagen - wir sind das größte und tapferste Land der Welt. Der König von England verliert seine Kriege nicht.«
    »Wenn er sie gegen unsere unmittelbaren Nachbarn führt oder gegen Heiden oder ungebildete Wilde, die von ihren eigenen Herrschern verkauft werden. Aber die Einwohner der amerikanischen Kolonien sind, wie du ganz richtig sagst, Engländer. Sie sind zivilisiert und mit unserer Lebensart vertraut. Sie sind Blutsverwandte.« Mr Thistlethwaite lehnte sich zurück, seufzte und zog die vom Grog prächtig zum Blühen gebrachte Knollennase kraus. »Sie fühlen sich nicht ernst genommen, Richard. Ausgenutzt, bespuckt, mit Herablassung behandelt. Engländer sind sie, ja, aber doch nicht gleichberechtigt. Und sie sind sehr weit weg, eine Schwierigkeit, die der König und seine Minister noch gar nicht erkannt haben. Man könnte natürlich sagen, die Marine gewinnt unsere Kriege - wie lange ist es her, dass unser Schicksal von einem
Heer abhing, das außerhalb der britischen Inseln kämpfte? Aber wie können wir einen Seekrieg gegen einen Feind gewinnen, der keine Schiffe hat? Wir werden zu Land kämpfen müssen. In dreizehn verschiedenen Kolonien, zwischen denen es kaum Verbindungen gibt. Und gegen einen Feind, der im Grunde gar keine richtige Armee hat.«
    »Du hast gerade dein eigenes Argument entkräftet, Jem«, sagte der Wirt lächelnd, aber ohne nach der Kreide zu greifen, als er Mag einen frischen Becher mit Rum gab. »Unsere Armeen sind haushoch überlegen. Die Kolonisten werden ihnen nicht standhalten können.«
    »Einverstanden, vollkommen einverstanden!«, rief Jem. Er hob den Becher und prostete dem Wirt zu, der nur selten etwas spendierte. Dick Morgan war wie die meisten Bürger Bristols ein hart kalkulierender Geschäftsmann. »Die Kolonisten gewinnen

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