Insel der Versuchung
sich verschlossen hatte.
Denn heute Nacht gehörte sie diesem herrlichen Mann. Was immer er wollte, sie würde es ihm geben. Und eindeutig wollte und brauchte sie es, sich der Nacht zu überlassen, dem Mondlicht, dem sinnlichen Zauber der Insel.
Sich selbst.
1. KAPITEL
London, September 1814
Hinter den Wedeln einer Zimmerpalme versteckt, lehnte Max Leighton gegen eine Marmorsäule, um sich den Blicken der Anwesenden zu entziehen. Ohne rechte Begeisterung schaute er in den überfüllten Ballsaal. Nach langen Jahren im Krieg war er in seine englische Heimat mit dem Entschluss zurückgekehrt, alle düsteren Erinnerungen zu vertreiben, indem er sich in die Vergnügungen des Lebens jenseits der soldatischen Disziplin stürzte.
Doch das hier hatte er nicht im Sinn gehabt - von unzähligen ehestiftenden Müttern heiratsfähiger Töchter verfolgt zu werden, die begierig waren, ihn in ihren Netzen einzufangen und in den Hafen der Ehe zu schleppen. In dem verrückten Wirbel der Siegesfeiern stellte ein reicher und dazu mit Orden ausgezeichneter Held des gewonnenen Krieges einen begehrten Preis auf dem Heiratsmarkt dar, wie Max zu seinem Missfallen entdecken musste.
Sein Mund verzog sich zu einem sarkastischen Lächeln. Er verspürte nicht die geringste Lust, sich auf das Schlachtfeld der Liebe zu wagen, besonders, da er nicht heiraten wollte. Doch selbst die erfahreneren unter den Schönen der guten Gesellschaft buhlten nun um seine Aufmerksamkeit. Da er dringend eine Pause von all ihren Schmeicheleien brauchte, war er vor wenigen Minuten von der Tanzfläche im Ballsaal geflohen und hatte Schutz hinter der Palme gesucht.
Wenn mich mein Kavallerieregiment in diesem Augenblick sehen könnte, dachte Max, trotz allem belustigt.
Aber nur wenige seiner Männer würden Mitleid mit ihm haben, in dieser Umgebung von Luxus und der Gesellschaft vieler eifriger junger Damen, die ihn umschwärmten.
Was war nur mit ihm los? Vor seiner Zeit bei der Armee hatte er an Bällen, Abendgesellschaften und Gartenpartys durchaus Gefallen gefunden. Vielleicht konnte das Meistern der vergleichsweise ungefährlichen Hürden der guten Gesellschaft einfach nicht die gleiche Befriedigung vermitteln, wie Europa vor den blutrünstigen Machenschaften eines Despoten zu retten.
Oder vielleicht waren es auch die Frauen selbst, die seine Unzufriedenheit erregten? Keine von ihnen besaß die Ausstrahlung der einen, die er nicht vergessen konnte.
Max ließ seine Gedanken zurückschweifen, so wie er es unzählige Male seit seiner Reise vor etwas mehr als einem Jahr getan hatte.
Nie hatte er damit gerechnet, eine paradiesische Insel im Mittelmeer zu finden oder eine magische Nacht voller Leidenschaft mit einer unschuldigen Verführerin zu erleben. Es war ihm nicht möglich gewesen, diese besondere Nacht auf Kyrene zu vergessen oder die unwiderstehliche Frau, die sich ihm geschenkt hatte.
Er hatte dem immer stärker werdenden Wunsch widerstanden, zu der Insel zurückzukehren, Caro Evers aufzusuchen und herauszufinden, ob der Zauber, den er bei ihr verspürt hatte, echt war oder nur ein Ergebnis der außergewöhnlichen Umstände. Ob er in den langen Kriegsmonaten in seiner Erinnerung ihr Bild zu einem unwahrscheinlichen Ideal verklärt hatte.
Es gab keinen triftigen Grund für eine solche Reise. Nach allen Berichten hatte Lieutenant Yates’ Genesung gute Fortschritte gemacht, so dass er in der Lage sein würde, ein annehmbares Leben zu führen. Yates hatte eine Stellung als Sekretär eines älteren Adeligen auf der Insel gefunden, und seine zuversichtlichen Briefe enthielten keine Anzeichen von Bitterkeit darüber, zum Krüppel geworden zu sein.
Trotzdem, so sagte Max sich, konnte er unter dem Vorwand, nach seinem ehemaligen Untergebenen zu sehen ...
„Sag mal, kann es sein, dass du dich hier versteckst?“ unterbrach eine belustigte Männerstimme seine Gedankengänge. „Ist dir nicht bewusst, wie vielen Schönen du damit eine herbe Enttäuschung bereitest?“
Christopher, Viscount Thorne, stand vor ihm und musterte ihn mit verständnisvollem Spott. Sie hatten sich letztes Jahr auf Kyrene während Max’ kurzem Aufenthalt kennen gelernt und waren in den letzten Monaten Freunde geworden - wider Max’ besseres Wissen. Er wollte keine neuen Freunde mehr, solange ihn der Verlust so vieler anderer noch schmerzte.
„Hier, vielleicht hilft das“, erklärte Thorne und hielt ihm ein Glas mit einer Flüssigkeit hin, die wie Brandy aussah. „Ich dachte,
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