Insel des Todes
konnte ich
ungehindert die Schwingtür aufstoßen, die hinausführte in die Halle.
Der Flughafen unterschied sich
kaum von anderen Flughäfen der Welt. Menschen hasteten durch das Gebäude, um
rechtzeitig ihre Maschinen zu erreichen, die sie in alle Himmelsrichtungen
brachten, andere standen mit gelangweilten Gesichtern herum und warteten, daß
etwas geschehen möge. Ich nehme an, auf meinem Profil spiegelte sich ebenfalls
Langeweile, denn es geschah etwas.
»Mr. Boyd ?« fragte eine sachliche und dennoch warme weibliche Stimme.
»Das bin ich«, sagte ich und
drehte mich um. Das Schicksal hatte mich für die mollige, leicht verfettete
Blondine entschädigt.
Eine große, elegante junge Frau
stand vor mir. Sie blickte mich fragend an. Ihr glänzendes schwarzes Haar war
in der Mitte gescheitelt und umrahmte ihr Gesicht wie schimmernder Samt. Das
Gesicht war oval mit einer entschlossenen Kinnpartie, die Haut von makelloser
Schönheit, von der Sonne zur Farbe goldenen Honigs gebräunt. Ich fand sie
durchaus eine Flugreise von zwölftausend Kilometern wert.
Sie strahlte eine innere
Vitalität aus, die zum Teil erotischer Natur war. Der Kopf war leicht
zurückgeworfen, so daß sich der Bogen ihres Halses darbot, der Mund war voll
und sinnlich, die straffen Brüste zeichneten sich herausfordernd unter dem
teuren Seidenkleid ab.
»Ich bin Betty Adams .« Einen Moment lang blitzten ihre mitternachtsblauen Augen
amüsiert. »Es scheint Ihnen Spaß zu machen, neue Menschen kennenzulernen, Mr.
Boyd .«
»Wenn mich meine Ahnungen nicht
trügen«, versetzte ich trocken, »wird mir die Bekanntschaft mit Ihnen die Tore
zum siebenten Himmel öffnen .«
»Ich habe mit Mr. Barth
telefoniert«, fuhr sie unbefangen fort. »Er hat mich über Sie und den Grund
Ihres Hierseins unterrichtet. Von Sydney nach Townsville ist es noch ein ganzes Stück, deshalb hielt ich es für zweckmäßig, Sie hier
abzuholen .«
»Es war eine göttliche
Eingebung«, versicherte ich. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie Betty
nenne? Ich habe das Gefühl, wir werden bald die besten Freunde sein .«
»Es macht mir nichts aus .« Sie lächelte nachsichtig. »Allerdings muß ich gestehen,
daß mich die Vorstellung, wie Sie sich benehmen, wenn Sie nicht gerade
vierundzwanzig Stunden im Flugzeug hinter sich haben, etwas beunruhigt .«
»Danny Boyd«, sagte ich bestimmt.
»Danny und Betty — klingt doch großartig, was ?«
»Sie sind wirklich müde, Danny .« Ihre Lippen zuckten. »Ich habe Ihnen ein Zimmer im Chevron-Hilton reserviert. Morgen früh können wir dann die Maschine nach Townsville nehmen, wenn es Ihnen recht ist .«
»Klingt prächtig«, meinte ich.
»Wo sind Sie abgestiegen ?«
»Im selben Hotel.«
»Fein .« Ihre Vorschläge fanden meine absolute Billigung. »Wir können vor dem
Mittagessen ein paar Drinks, nehmen, dann essen, dann noch ein paar Drinks,
danach wieder ein paar Cocktails vor dem Abendessen, gemütlich zu Abend essen
und schließlich — «
»Ich glaube, Sie sollten sich
mit dem Abendessen begnügen«, unterbrach sie. »Erst müssen Sie den versäumten
Schlaf nachholen .«
Ein Träger führte uns zu einem Taxi,
und etwa eine halbe Stunde später waren wir im Hotel. Betty Adams mußte den
Direktor becirct haben, denn man hatte mir ein Zimmer im zehnten Stock gegeben
mit herrlicher Aussicht auf den Hafen, die Brücke und das Meer. Ich bewunderte
den Anblick ganze zehn Sekunden, dann sank ich ins Bett.
Das beharrliche Läuten des
Telefons riß mich aus meinen Träumen.
»Es ist jetzt sieben Uhr«,
verkündete Betty. »Ich erwarte Sie in einer halben Stunde in der Bar. In
Ordnung?«
»Mit Vergnügen«, erwiderte ich.
Ich nahm ein Bad, rasierte
mich, striegelte mein Bürstenhaar und stieg dann in einen leichten Sommeranzug,
den ich im Sommer zuvor in einer Anwandlung von Großmannssucht für zweihundert
Dollar erstanden hatte. Das weiße Hemd hatte ich mir nach Maß machen lassen, und
die Krawatte stammte aus einem teuren Spezialgeschäft. Dann musterte ich mich
eingehend im Spiegel und stellte fest, daß meine Erscheinung durchaus der im
ersten Kapitel des Buches EIN KOMPLETTER FÜHRER DURCH DIE KUNST DER VERFÜHRUNG
aufgestellten Norm entsprach. Das Buch ist übrigens noch nicht auf dem Markt,
weil ich es noch nicht geschrieben habe.
Betty Adams erschien gleich,
nachdem ich es mir in einer Ecknische der Bar bequem gemacht hatte. Sie trug
ein lichtblaues Seidenkleid mit weißen Streifen. Das Oberteil, das die
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