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Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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    »Eine Teufelin«, erwiderte ich.
    »Das Schlimmste, was Leila
widerfahren ist«, erklärte sie mit leiser Stimme, »war, daß ihr Vater eben ihr
Vater war. Ihr ganzes Leben verband sie eine seltsame Haßliebe mit ihm. Nach seinem Tod wurde sie wie er — schlimmer
noch, wenn das überhaupt möglich war .«
    »Ein zweiter Vampir ?« fragte ich.
    »Ich sage das nicht gern, und
es klingt überspannt, das weiß ich«, murmelte Betty. »Aber es war, als wäre sie
— besessen .«
    »War Leila an jenem Abend auf
der Party in Long Island, als er ertrank ?« fragte ich.
    »Sie war auf ein paar Tage zu
Besuch. Sie hat am nächsten Morgen die Leiche gefunden .« Betty fröstelte plötzlich. »Wollen wir jetzt nicht essen? Wir müssen früh
aufstehen, um die Maschine zu erreichen .«
    »Aber gern«, stimmte ich
höflich zu.
    Das Abendessen schmeckte
köstlich. Ich verschlang zwei Dutzend Austern und danach einen grünen Hummer,
während wir belanglose Konversation machten wie die meisten Leute, die den Mund
voll haben.
    Gegen zehn Uhr wies Betty
wieder darauf hin, daß wir früh aufstehen mußten, und beschloß, den Abend zu
beenden. Ihr Zimmer lag im selben Stock wie das meine, drei Türen weiter. Es
kostete mich also keine übermäßige Anstrengung, sie vom Aufzug aus zu
begleiten. Als wir vor ihrer Tür standen, zögerte sie einen Augenblick.
    »Ich habe eine Flasche guten
Whisky im Zimmer, Danny. Haben Sie Lust auf einen Schlaftrunk ?«
    Ich überlegte angestrengt, was
wohl hinter diesen dunklen Augen vorgehen mochte, doch es half nichts, sie
waren undurchdringlich.
    »Eine glänzende Idee«, stimmte
ich zu.
    Ich machte es mir auf dem Sofa
bequem, während sie die Drinks mixte. Dann trat sie zum Sofa und setzte sich neben
mich, allerdings achtete sie sorgfältig darauf, daß zwischen uns ein gewisser
Sicherheitsabstand blieb.
    »Also«, sagte ich vergnügt.
»Auf Townsville .«
    »Auf Townsville «,
wiederholte sie ohne Begeisterung.
    »Wie weit liegt es von Sydney
entfernt ?«
    »Ungefähr zweitausend
Kilometer, würde ich sagen. In diesem Land spielen Entfernungen keine Rolle .«
    »Also etwa vier bis fünf
Stunden Flugzeit?«
    »Ja.« Sie nickte. Dann blickte
sie mich neugierig an. »Wieso interessieren Sie sich plötzlich so für
Geographie ?«
    »Ich habe mir überlegt, daß
wohl kaum mein Profil Sie dazu verleitet haben dürfte, extra nach Sydney zu reisen,
um mich abzuholen«, erklärte ich voller Bescheidenheit. »Denn Sie kannten es ja
noch nicht einmal. Folglich muß ein anderer Grund den Ausschlag gegeben haben .«
    »Richtig«, bestätigte sie. »War
das so offensichtlich ?«
    »Eigentlich nicht«, versetzte
ich. »Aber wenn es sich darum handelte, mich zu überzeugen, daß Leilas Tod ein
Unfall war, dann hätten Sie bis zu meiner Ankunft in Townsville warten können. Aber vielleicht wollten Sie vermeiden, daß ich nach Townsville komme, und reisten mir deshalb nach Sydney
entgegen. Haben Sie vor, mich zu bestechen, damit ich wieder umkehre ?«
    Sie lächelte widerstrebend.
»Mit dem Gedanken habe ich gespielt; aber als ich Sie kennengelernt hatte, habe
ich ihn mir aus dem Kopf geschlagen .«
    »Und jetzt?«
    »Keine Ahnung.« Ihre Augen
musterten mich eindringlich. »Wenn ich Ihnen meinen alabasterweißen Körper
böte, würden Sie ihn nehmen und trotzdem morgen die Maschine nach Townsville besteigen .«
    »Warum ist Ihnen meine
Anwesenheit in Townsville unangenehm ?« fragte ich. »Weil ich doch dort einen Mörder finden
könnte ?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein,
es war ein Unfall. Mir geht es um die anderen. Sie müssen in Townsville bleiben, bis der Coroner sein Urteil gesprochen
hat. Das dauert noch vier Tage. Sie sind alle ziemlich mitgenommen, Danny,
nervös und reizbar. Ich habe Angst vor ihrer Reaktion, wenn Sie auftauchen. Sie
könnten wie ein Katalysator wirken — eine Zeitbombe, die mit rauchendem Zünder
in ihren Schoß fällt — , und ich habe Angst vor dem,
was geschehen könnte, wenn es zu einer Explosion kommt.«
    »Was könnte denn geschehen ?«
    »Ich weiß nicht«, flüsterte
sie. »Das klingt dumm, nicht wahr? Ich weiß es wirklich nicht, aber jedesmal,
wenn ich daran denke, überkommt mich Angst. Mir scheinen sie alle in eine große
Flasche eingeschlossen, und jedesmal, wenn sie einander berühren, entwickelt
sich mehr Dampf. Es fehlt nur noch jemand wie Sie, der den Korken herauszieht.
Unvorstellbar, was dann zum Vorschein kommt .«
    »All die dunklen Geheimnisse,
die sie tief

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