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Insel des Todes

Insel des Todes

Titel: Insel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Verrückte, die mir mit einem Bündel Dollarnoten zuwinkte,
verdiente zweifellos eingehendere Aufmerksamkeit. Beinahe hätte ich mir im
Übereifer ein Bein gebrochen, als ich die drei Schritte wieder zurückging.
    »Ich dachte mir doch, daß Sie
sich’s anders überlegen würden, Mr. Boyd .« In ihren
Augen stand unverhohlener Hohn. »Oder finden Sie noch immer, daß ich das Geld
lieber an einen Psychiater verschwenden sollte ?«
    »Die Stimme des Geldes wird von
den wenigsten Leuten überhört, mein Schatz«, versetzte ich. »Für Danny Boyd
besitzt sie einen besonders süßen, lockenden Klang. Sagte ich vorhin etwas von
Bellevue ?«
    Sie schnippte ihre Zigarette
über die Böschung in den Fluß. »Machen Sie es auf«, befahl sie brüsk.
    Ich folgte gehorsam ihrer
Aufforderung. Der Umschlag enthielt tausend Dollar in neuen Fünfzigerscheinen
und außerdem ein zweites Kuvert, verschlossen und beschriftet. Es war an einen Mr.
James Barth, Rechtsanwalt, adressiert.
    »Bewahren Sie den Brief auf, bis
Sie wissen, daß ich tot bin«, ordnete sie an. »Dann bringen Sie ihn zu Mr.
Barth .«
    »Und dann?«
    »Er wird den Inhalt lesen und
Ihnen weitere Anweisungen geben«, erklärte sie geduldig. »Das ist alles, was
Sie zu tun haben; die tausend Dollar Honorar dafür haben Sie bereits erhalten.
Es war wenig aufregend, Sie kennenzulernen. Auf Wiedersehen, Mr. Boyd. An Ihrer
Stelle würde ich nicht zu lange im Regen bleiben, sonst schrumpft womöglich Ihr
schöner Kopf .«
    »Moment mal !« rief ich. »Ich muß mehr wissen .«
    »Warum?«
    »Es handelt sich doch nicht um
einen blöden Spaß, den sich meine sogenannten Freunde ausgedacht haben ?«
    »Ich bezweifle, daß Ihre
sogenannten Freunde für einen dummen Streich tausend Dollar ausgeben würden«,
versetzte sie kühl.
    »Hm, da können Sie recht haben«,
stimmte ich zu. »Aber ich weiß ja nicht einmal Ihren Namen .«
    »Das ist auch nicht nötig .«
    »Aber das ist doch Wahnsinn !« Ich erstickte fast an den Worten. »Sie behaupten, Sie
wüßten, daß man Sie früher oder später ermorden wird, aber Sie weigern sich,
etwas dagegen zu unternehmen .«
    »Der Mord liegt nur im Bereich
des Möglichen, Mr. Boyd«, erwiderte sie kurz. »Ich hoffe aufrichtig, er wird
niemals geschehen — dann werden Sie tausend Dollar reicher sein, als Belohnung
für einen Spaziergang im Regen .«
    »Angenommen, es passiert aber
doch — was würde mich daran hindern, die ganze Sache zu vergessen und den Brief
an Barth zu zerreißen ?«
    Sie seufzte tief. »Ich bin nie
auf den Gedanken gekommen, ich könnte für schwachsinnig gehalten werden — aber
vielleicht war das ein Fehler. Ich habe Erkundigungen über Sie eingezogen, Mr.
Boyd, und zwar detaillierte. Sie sind ein Großmaul und ein Schürzenjäger ohne
Moral — aber Sie genießen einen gewissen Ruf. Und falls Sie die Hände in den
Schoß legen sollten, wenn es soweit ist, wird Mr. Barth einen anderen Brief
erhalten, in dem genaue Anweisungen enthalten sind, wie er Ihren Ruf als
Privatdetektiv ruinieren kann. Klar ?«
    »Kristallklar«, versicherte
ich. »Trotzdem habe ich noch immer den Eindruck, Sie sind nicht ganz bei
Verstand .«
    »Was Sie glauben und denken,
ist für mich ohne jedes Interesse«, erwiderte sie kalt. »Zum zweiten und
letzten Male, Mr. Boyd: Auf Wiedersehen.«
    Sie drehte sich entschlossen um
und entfernte sich mit raschen Schritten, die Hände tief in den Taschen ihres
Trenchcoats.
    »He !« schrie ich ihr verzweifelt nach. »Wie soll ich denn erfahren, ob Sie ermordet
worden sind ?«
    Einen Augenblick drehte sie
sich nach mir um, und selbst aus dieser Entfernung konnte ich das ärgerliche
Funkeln der kobaltblauen Augen sehen.
    »Sie werden es schon merken !« rief sie scharf und endgültig zurück.
    Mit offenem Mund stand ich da
und blickte ihr nach. Sie hatte sehr schöne Beine. Irgendwo stromabwärts heulte
das Horn eines Dampfers auf, als sie verschwand. Ich überlegte, ob dieses durchdringende
Geräusch mich aus meinen Träumen reißen und ich mich in meinem Bett
wiederfinden würde. Dann erinnerte mich das dicke Kuvert in meiner Hand, daß
die tausend Dollar Wirklichkeit waren, und das wiederum bedeutete, daß auch die
Blondine nicht eine Ausgeburt meiner Träume war.
     
     
     

2
     
    Der erste Schnee war gefallen
und liegengeblieben, und auf dem See im Central Park liefen die Leute
Schlittschuh. Unter Glockengeläut war Sankt Nikolaus in die Fifth Avenue eingezogen, und ich war drauf und dran, mich ihm

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