Insel meiner Sehnsucht Roman
Erwählte.«
»Und nach der Zeremonie steht es fest, dass er der neue Vanax ist.«
»Ja… Vor allem, weil nur der Erwählte diesen Ritus überleben kann.«
Langsam nickte Royce. »So etwas Ähnliches habe ich mir gedacht. Sonst hätte Deilos wahrscheinlich die Herrschaft für sich beansprucht, als er die Gelegenheit dazu fand.«
»Hätte er's bloß getan! Dann wäre er längst tot, weil er die Prüfung sicher nicht bestanden hätte.«
»Und all die Schwierigkeiten wären uns erspart worden«, fügte Royce hinzu.
Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als sie sich auch schon bestätigten.
Es begann mit einem Geräusch, das aus weiter Ferne herandrang – zunächst nicht beängstigend. Nur Stimmen, die immer lauter anschwollen … Dann ertönten Gongschläge wie bei den Bestattungen der Menschen, die bei der Explosion gestorben waren. Aber diesmal klangen sie viel bedrohlicher. Kassandra erblasste. »Schnell! Irgendetwas ist geschehen!«
Von Royce gefolgt, stürmte sie aus dem Studio.
Schon nach wenigen Schritten nahmen sie einen beißenden Geruch wahr, der nicht von Elenas verbranntem Schwefel stammte. Viel dichter und schärfer stieg er in ihre Nasen. Am Ende des Korridors rannten sie eine Treppe hinab, die in den Palasthof führte, und sahen mehrere Leute, die versuchten, ein Feuer zu löschen.
Der ganze Boden schien zu brennen. Blitzschnell breiteten sich die Flammen aus und erreichten die steinernen Mauern. Randvolle Eimer wanderten von einer Hand zur anderen. Aber als das Wasser auf das Feuer gegossen wurde, bewirkte es nichts.
Im Gegenteil, die roten Zungen loderten immer höher empor.
Im allgemeinen Tumult entdeckte Royce den Friedensrichter, der sich gerade in die Riege der Löschtruppe einreihte.
»Was ist passiert?«, überschrie Royce das Knistern der Flammen. »Wie ist der Brand ausgebrochen?«
»Das weiß ich nicht.« Die Lungen voller Rauch, musste Marcellus qualvoll husten. »Sobald die Gefahr gebannt ist, werden wir's feststellen.«
»Offensichtlich richtet das Wasser nichts aus. Was für ein Feuer ist gegen Wasser immun?« Als der Friedensrichter ihn verständnislos anschaute, packte Royce seine Schulter und schüttelte ihn. »Denken Sie nach, Mann! Und schauen Sie hin! Das sind keine gewöhnlichen Flammen.«
Marcellus starrte in das rote Inferno, dann nahm sein Gesicht einen grimmigen Ausdruck an. »Ja, Sie haben Recht, Lord Hawk – das Wasser bewirkt nichts.« Mit erhobener Stimme wandte er sich an die Männer. »Holt Decken! Beeilt euch, das Feuer muss erstickt werden!«
Da sie den Sinn des Befehls sofort erkannten, rannten mehrere Leute in die Stallungen und rafften Pferdedecken zusammen. Die Tiere hatten sie bereits herausgeführt und in die Gehege hinter den Mauern getrieben. Andere Männer zerrten Decken, Teppiche und Tischtücher aus dem Palast – alles, was sie zwischen die Finger bekamen. Mit aller Kraft schlugen sie auf die Flammen ein, die allmählich in sich zusammensanken und erloschen. An manchen Stellen schwelte eine halbe Stunde nach dem ersten Alarm immer noch schwache Glut.
Inzwischen galt das Interesse einer weiteren Tragödie. Mitten im Hof lag ein Toter, von einem Pfeil in den Hals getroffen.
»Diesen Mann habe ich vorhin gesehen, Atreides«, berichtete ein Junge – ein Zeuge, den der Friedensrichter zu Kassandra geschickt hatte. »Er hatte drei Töpfe mit einem Strick zusammengebunden. Überall, wo er sie hinwarf, brach sofort ein Brand aus.« Er schaute Royce und die Männer an, die in der Nähe standen. »Wenn es auch keinen Sinn ergibt – das habe ich beobachtet. Niemand hat das Feuer entzündet, es fing einfach zu lodern an, wo die Töpfe landeten.«
»Hast du gesehen, wie der Mann erschossen wurde?«, fragte Royce.
»Nein, Lord Hawk, da habe ich nur noch auf die Flammen geachtet.«
»Bringt den Toten weg«, befahl Kassandra. »Und danken wir dem Himmel, dass sonst niemand starb oder verletzt wurde.« Seufzend betrachtete sie die geschwärzten Palastmauern. »Es hätte viel schlimmer ausgehen können.«
»Allerdings«, stimmte Royce zu und scharrte mit einer Stiefelspitze im zerbröckelnden Boden, dann schaute er von der Leiche zu einer Stelle am Rand des Hofs. »Dort muss der Mörder den Pfeil abgeschossen haben.«
Kassandra folgte seinem Blick.
»Nach der Lage des Toten und der Richtung zu schließen, in die der Schaft des Pfeils zeigt, stand der Bogenschütze da drüben auf der Mauer«, fuhr Royce fort.
»Vielleicht sah ein aufmerksamer
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