Insel meiner Traeume
akoranischen Gesellschaft wollte er nicht erörtern. »Nun sollten wir über andere Sitten und Gebräuche meiner Heimat sprechen.«
Am einfachsten wäre es, die Lady den akoranischen Behörden zu überantworten, die stets für »richtige Maßnahmen« sorgten, wie sie es nannten. Und darin lag das Problem - diesen »Maßnahmen« wollte er Joanna Hawkforte nicht ausliefern. Tagelang hatte er erfolglos versucht, sich zu einem anderen Entschluss durchzuringen, und schließlich akzeptiert, was er für richtig hielt.
»Sie sind eine Xenos. Wie ich bereits sagte, wird das Schwierigkeiten heraufbeschwören. Man wird sich fragen, warum ich Ihnen erlaubt habe, nach Akora zu reisen. Glücklicherweise sind Sie eine Frau. Deshalb gibt es eine halbwegs plausible Erklärung.«
Mit dieser Erklärung würde er die konservativeren Berater seines Bruders empören, die den Prinzen, den halben Xenos, stets voller Misstrauen beobachteten. Aber das wollte er der Lady verschweigen.
»Abgesehen von der Erwählten, die mir Söhne schenken wird, darf mich eine Frau nur dann auf Reisen begleiten, wenn es einen ganz bestimmten Grund dafür gibt.« Er wollte weitersprechen, aber daran hinderte ihn die dunkle Röte, die in ihre Wangen stieg. Wie der kalte Glanz in ihren Augen verriet, fühlte sie sich nicht beschämt, sondern sie war zornig - sogar maßlos zornig.
»Ah, die Erwählte, die Ihnen Söhne schenken wird, Sir? Welch eine merkwürdige Ausdrucksweise...« Erbost sprang sie auf. »Meinen Sie damit Ihre künftige Gemahlin?«
Mit ihrer Wut lenkte sie ihn von der geplanten Erklärung ab. »Warum finden Sie das so ungewöhnlich? Soviel ich weiß, legen auch die Engländer großen Wert auf ihre Erben.«
»Aber sie erwecken nicht den Eindruck, ihre Ehefrauen würden nur existieren, um Kinder zu gebären.«
»Wie viele Eheleute, besonders in gehobenen Kreisen, ertragen einander nur, bis der ersehnte Erbe das Licht der Welt erblickt, und gehen dann getrennte Wege?«
Mühelos hatte er ihr den Wind aus den Segeln genommen und wurde mit einer zerknirschten Miene belohnt, die sie hastig überspielte. »Also herrscht auf Akora die gleiche lockere Moral wie in der britischen Aristokratie? Sobald die >Erwählte<, die Ihnen Söhne schenken soll, ihre Pflicht getan hat, darf sie sich anderswo amüsieren?«
Jetzt spürte er, wie auch ihm das Blut in die Wangen stieg, und er konnte nichts dagegen tun. Warum schaffte es diese Frau immer wieder, seine Selbstbeherrschung ins Wanken zu bringen? Manchmal fühlte er sich in ihrer Gegenwart wie ein unerfahrener Schuljunge. Zum Glück gab es eine Möglichkeit, das Verhältnis zwischen ihnen zurechtzurücken -eine uralte Methode, auf die sich die Akoraner schon sehr lange verließen.
»Nein, das sage ich nicht.« Er trat einen Schritt näher zu ihr. Dann noch einen. Sie wich nicht zurück, aber sie versteifte sich. Als er so dicht vor ihr stand, dass er den hellblauen Lebenspuls in ihrem schlanken Hals sah, lächelte er. Mit sanften Fingern streichelte er ihr Gesicht. »Die akoranischen Ehefrauen haben es nicht nötig, sich anderswo schadlos zu halten. Weil sie stets Erfüllung finden. Wie ich höre, sind die Engländer in dieser Hinsicht ziemlich nachlässig.«
Voller Genugtuung sah er, wie sie entgeistert die Brauen hob. Vielleicht hätte er seine Schadenfreude noch eine Weile ausgekostet, wäre er nicht vom zarten Schmelz ihrer Wange verzaubert worden. Wie absurd... Die Frauen besaßen nun mal eine weiche Haut, eine schlichte Tatsache der Natur. Keineswegs außergewöhnlich. Aber Lady Joannas Teint... Plötzlich erinnerte er sich an Blütenblätter, die der warme Frühlingsregen von blühenden Pfirsichbäumen herabwehte. Als kleiner Junge war er hochgesprungen, um sie zu fangen. In einer fernen Zeit, wo er noch keine Sorgen gekannt hatte...
Mit gepresster Stimme sprach er weiter: »Lady - Sie müssen wissen, wie ich Ihre Anwesenheit auf meinem Schiff erklären werde.«
Sie wollte seiner Berührung ausweichen. Das merkte er ihr an. Doch sie tat es nicht. Weil es ihr Stolz verbot? Oder weil sie empfänglich für seine Liebkosung war? Es würde ihm missfallen, wenn sich nur sein Blut erhitzte - wenn nur in seinem Körper diese heiße Sehnsucht erwachte.
Auf das Gleichgewicht kam es an...
»Dafür gibt es nur eine einzige Erklärung, die jeder glauben wird - nur einen einzigen Grund, warum ich mit einer Xenos heimkehre.« Ihre Wimpern waren etwas dunkler als ihr Haar, mit sonnenhellen Spitzen. Jetzt
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