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Insel meiner Traeume

Titel: Insel meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
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bisher fremd gewesen waren. Sie konnte nicht hoffen, sich alle zu merken und sie richtig auszusprechen. Doch sie glaubte, dass sie Fortschritte machte.
    Soeben hatte Odysseus das Land der Lotophagen erreicht, die sich von »blühenden Speisen« ernährten, als Alex mit dem Mittagessen erschien. Joanna hörte nicht, wie die Tür geöffnet wurde, und sie nahm seine Anwesenheit nicht wahr, bis er fragte: »Was lesen Sie?«
    Da hob sie den Kopf und starrte ihn an, dann riss sie sich hastig zusammen. Mit gekreuzten Beinen saß sie auf dem Bett, eine höchst undamenhafte, aber zweifellos bequeme Position. Zum Glück bedeckte die Handschrift mehr oder weniger ihre Schenkel. Trotzdem versuchte sie verstohlen, sie zu verlagern, möglichst viel zu verhüllen und ihre Verlegenheit zu verbergen.
    Wann würde er sie endlich nicht mehr verwirren? Gewiss, er war viel zu attraktiv, doch das dürfte sie mittlerweile nicht mehr überraschen... Und er hatte weniger an als die Engländer... Allerdings musste man ihm zugute halten, dass er nicht diese hautengen Hosen trug, die fast nichts der Fantasie überließen und, falls man die Gerüchte ernst nehmen konnte, ausgestopft wurden, um die männlichen Attribute künstlich zu vergrößern. Ein paar Tage lang hatte er sich nicht rasiert, aber die dunklen Bartstoppeln milderten die harten Linien seines Kinns kein bisschen. Ganz im Gegenteil, sie unterstrichen seine verwegene Aura.
    Deshalb fand sie es klüger, woanders hinzuschauen, bevor sie erwiderte: »Die Odyssee, eines meiner Lieblingswerke.«
    Alex stellte das Tablett auf den Tisch. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie ein Lächeln, das seine viel zu betörenden Lippen umspielte und sofort wieder erlosch.
    »Auch auf Akora wird dieses Epos geschätzt, Lady.«
    »Weil die Akoraner von den Griechen abstammen?«
    Wie üblich zögerte er, bevor er Informationen über seine Heimat preisgab. Er hatte Joanna nur wenig erzählt. Doch er erlaubte ihr, seine Bücher zu lesen. Und wann immer sie direkte Fragen stellte, erhielt sie eine Antwort. »Das war die Theorie Ihres Großvaters, nicht wahr?«
    »Wieso wissen Sie das?«
    »Weil ich sein Buch las - Betrachtungen über das Wesen des Königreichs Akora<. In Ihrem Beutel fand ich eine Ausgabe. Das Werk gewährt ein paar interessante Einblicke, aber im Großen und Ganzen ist es nicht besonders aufschlussreich.«
    »Also sind die Akoraner keine Abkömmlinge der alten Griechen?«
    Langsam ging er zum Schreibtisch, lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der breiten Brust. Durch die Bullaugen strömte Sonnenlicht in die Kabine und schimmerte auf seiner glatten, gebräunten Haut. »Ja und nein. Einige meiner Ahnen kamen vom griechischen Festland auf unsere Insel. Nach ihrer Auswanderung wurde Griechenland von Fremden überrannt. Das geschah in einem dunklen Zeitalter. Das Griechenland, das sich Jahrhunderte später bildete, das Sie als das Land Homers, Athens und Spartas kennen, unterschied sich vom Reich meiner Vorfahren.«
    Irgendetwas an dieser Erklärung störte Joanna. »Trotz aller Unterschiede scheinen die Akoraner im Grunde das gleiche Alphabet zu verwenden.«
    »Ja - weil wir es ebenso wie die Griechen von den Phöniziern übernahmen. Früher hatten wir ein anderes, kompliziertes, unpräzises Alphabet, und das phönizische stellte eine beträchtliche Verbesserung dar. Das erkannten außer uns noch andere Völker, die ihren Nutzen daraus zogen.«
    Joanna seufzte. »In den letzten Tagen habe ich mehr über Akora gelernt als in all den Jahren zuvor. Leider weiß ich immer noch viel zu wenig. Und das bereitet mir Sorgen -denn wir werden bald dort eintreffen.« In der Hoffnung, er würde sie beruhigen, warf sie einen Seitenblick in seine Richtung. Seine Miene wirkte nicht entmutigend.
    Nun, daran war sie gewöhnt. In ihrer Gesellschaft gab er sich stets unnahbar und verbarg, was er dachte und fühlte. Doch dann begann er zu sprechen und erweckte den Anschein, er würde wenigstens einen Teil seiner Seele enthüllen.

5
    Lady Joannas Wunsch, vor dem Ende der Reise mehr über Akora zu erfahren, ist verständlich, dachte Alex. Für sie war die Situation leidvoll genug, auch ohne die Bürde nahezu völliger Unkenntnis.
    Trotzdem fiel es ihm schwer, die Zurückhaltung aufzugeben, die das Wesen seines Volkes prägte. Schon in der Kindheit hatte er gewusst, er würde zu den Erwählten zählen, die sich in die Außenwelt begeben durften. Im Gegensatz zu den meisten anderen würde er seine

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