Insel zweier Welten: Roman (German Edition)
bergab. Es kam der Tag, an dem er sich nicht aus seinem Bett erheben konnte.
Während dieser Zeit lebten wir in Cambridge im Hause der Cutters, und Samuel unterstützte teils den neuen Schulmeister beim Unterricht und war dazwischen mit Krankenbesuchen bei seinen chirurgischen Patienten beschäftigt. Ich fuhr nach Charlestown, so oft ich konnte, um bei Caleb zu sitzen, ihm vorzulesen und ihm in jeder erdenklichen Weise Mut zuzusprechen. Wir alle hofften, dass sein Zustand sich im kommenden Frühjahr bessern würde, doch auch als irgendwann ein milderes Lüftchen zu wehen begann, schien das nicht verhindern zu können, dass es mit ihm bergab ging. Als sein Zustand ernst wurde, bat mich Danforth, zu ihm zu ziehen und Caleb zu pflegen. Samuel war so schnell einverstanden, dass ich in der Tat zu fürchten begann, was er nicht offen aussprach: dass nämlich seine Erfahrung als Medicus ihn lehrte, Calebs Ende könne nicht mehr fern sein. Ephriam Cutters junge Frau war einverstanden, sich um Ammi Ruhama zu kümmern. Und so blieb ich in Charlestown und verbrachte jede wache Minute an Calebs Bett. Dort hörte ich, wenn er im Fieber sprach, während sein Zustand sich verschlechterte und er immer öfter bewusstlos war. Manchmal murmelte er Passagen aus der Bibel, dann wieder purzelten ihm lateinische Aphorismen und Epigramme über die Lippen. Des Nachts jedoch plapperte er auf Wampanaontoaonk. Dabei schien er sich jedes Mal an Tequamuck zu wenden. Oft nahm dieses Reden die Gestalt eines Gesprächs an oder auch eines Streitgesprächs, und dann regte er sich auf, warf sich im Bett herum, obwohl er doch bei Tage oft so schwach war, dass es ihm mit seinem hinfälligen Körper nicht mehr gelang, auch nur eine Hand zu heben.
Nachdem es einige Nächte so gegangen war, dachte ich mir etwas aus – einen Plan, der ebenso töricht sein mochte wie er einer Art verrückter Verzweiflung entsprungen schien –, nahm meinen ganzen Mut zusammen und ließ mir, mit Samuels Segen, eine Passage auf die Insel reservieren.
Makepeace und Dorcas freuten sich, mich zu sehen, auch wenn ich ihnen den wahren Grund für meinen Besuch nicht nannte. Den vertraute ich nur Iacoomis allein an. Er war zornig darüber, wie ich befürchtet hatte, und versuchte, mich mit allen Mitteln von meinem Vorhaben abzubringen. Am Ende verweigerte er mir, zu meinem Kummer, jegliche Hilfe. Ich kann nicht behaupten, dass mich das besonders überraschte.
So blieb mir nur noch ein Ort, an den ich mich wenden konnte. Es bedurfte großer Überzeugungskraft meinerseits, Makepeace’ Zustimmung zu erlangen, doch am Ende ließ er mich ganz allein zu den Merrys reiten. Die Tatsache, dass Anne, die sich immer noch in tiefer Trauer um Joel befand, dorthin zurückgekehrt war, da sie beschlossen hatte, sein Gedenken zu ehren und den Pfad einzuschlagen, den er für sich selbst geplant hatte, lieferte mir einen willkommenen Vorwand. Sie hatte vor, eine Schule für die Kinder der Takemmy zu gründen und damit den Boden für die Verbreitung des Evangeliums Christi zu bereiten.
Ich will es gerne zugeben: So schwer mir das Herz war, als ich mich auf den Weg machte, hob sich doch meine Stimmung deutlich, als ich aus Great Harbor ritt. Speckle war es wie immer zufrieden, mich zu tragen, und trabte mit flinken Hufen voran, solange der Untergrund es zuließ. Als ich die Anhöhe erklommen hatte, die zur Farm der Merrys führte, zügelte ich die Stute und hielt die Luft an. Als ich das letzte Mal auf der Insel gewesen war, hatte sich keine Gelegenheit geboten, die Merrys zu besuchen, da sie uns nur allzu gern aus frohem Anlass in Great Harbor besucht hatten. Nun jedoch sah ich, dass die emsige Familie nicht einen einzigen Tag in den sechs Jahren, seit ich ihren Besitz das letzte Mal gesehen hatte, ungenutzt hatte verstreichen lassen. Sie hatten ein Paar Kälber gekauft und sie so ausgebildet, dass sie zusammen mit den jungen Ochsen endlich die abgestorbenen Bäume weggebracht hatten. Der Garten, der kundig gestutzt und sorgfältig bewässert war, blühte und gedieh. Aus der Richtung der Mühle kam ein eifriges Klappern. Die Mühle selbst war vergrößert worden, und ihre großen Steine mahlten fleißig, während das Wasser glitzernd durch die Rinne floss.
Es gab drei schöne Häuser statt früher nur einem, da sowohl Jacob als auch Noah für ihre wachsende Nachkommenschaft hatten anbauen müssen. Es war Noahs Kleinste, Sarah, die mich als Erste erblickte und zu ihrer Mutter lief, um es ihr zu
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