Inseln im All -: Roman (German Edition)
dauerte eine ganze Weile, bis irgendjemand von der Station Tex Duncan wieder zu sehen bekam.
Bald nach diesem Zwischenfall packten unsere Besucher ihre Siebensachen und zogen weiter in den Raum hinaus – zu unserer großen Enttäuschung natürlich. Die Tatsache, dass wir uns die Hälfte der Zeit immer in Dunkelheit befanden, während die Station durch den Erdschatten zog, erschwerte die Arbeit der Filmleute doch zu sehr. Offenbar hatten sie das vorher nie bedacht. Als wir wieder von ihnen hörten, waren sie etwa sechzehntausend Kilometer weit draußen im Raum – auf einer schrägen Umlaufbahn, auf der sie sich ständig im Sonnenlicht befanden.
Wir bedauerten das sehr; denn sie hatten uns viel unterhaltsame Abwechslung verschafft, und wir hätten auch so gern einmal die berühmten Strahlengewehre in Tätigkeit gesehen. Wie wir später hörten, landeten die Filmleute nach Beendigung ihrer Arbeit alle wieder wohlbehalten auf der Erde – aber danach warteten wir vergeblich, dass der Film endlich herauskommen würde.
Jenes Ereignis bedeutete auch das Ende von Normans Heldenverehrung. Das Bild von Tex Duncan verschwand aus seinem Spind, um nie wieder aufzutauchen.
Auf meinen Streifzügen durch die Station hatte ich nun inzwischen fast alle Abteilungen besucht, zu denen der Zutritt nicht ausdrücklich verboten war. Das verbotene Gebiet umschloss die Kraftzentrale, die ohnehin radioaktiv war und von niemandem betreten wurde, die Materialverwaltung – und den Hauptkontrollraum. Das war ein Ort, den ich brennend gern einmal aufgesucht hätte; dort war das »Gehirn« der Station, von dem aus die Radioverbindung zu allen Schiffen in diesem Raumsektor und natürlich auch mit der Erde aufrechterhalten wurde. Solange jedoch nicht alle davon überzeugt waren, dass ich vertrauenswürdig wäre und niemandem lästig fallen würde, bestand freilich keine Aussicht für mich, jemals dort Zutritt zu bekommen. Aber ich war entschlossen, es eines Tages doch zu schaffen – und endlich kam die lang erwartete Gelegenheit.
Zu den Aufgaben der jüngeren Lehrlinge gehörte es, den Offizier vom Dienst und seine Gehilfen in der Mitte ihrer Wache mit Kaffee und Erfrischungen zu versorgen. Das geschah immer, wenn die Station über den Meridian von Greenwich zog. Da wir genau hundert Minuten brauchten, um die Erde einmal zu umkreisen, war das Leben auf der Station auf diese Zeiteinheit abgestimmt, und unsere Uhren waren so eingestellt, dass sie eine örtliche »Stunde« von dieser Länge anzeigten. Nach einer Weile lernte man es, die Zeit einfach danach abzuschätzen, indem man zur Erde hinunterblickte und feststellte, welcher Kontinent sich gerade unter der Station befand.
Der Kaffee wurde wie alle anderen Getränke in geschlossenen Behältern mit dem Spitznamen »Milchflaschen« aufbewahrt, und man musste ihn trinken, indem man ihn durch Kunststoffröhrchen heraussaugte, da man ihn ja infolge der Schwerelosigkeit nicht ausgießen konnte. Die Erfrischungen wurden in einem kleinen Rahmengerüst transportiert, das verschieden große Löcher für die einzelnen Behälter enthielt, und ihre Ankunft im Hauptkontrollraum wurde von den Männern, die gerade Dienst hatten, immer mit großer Freude begrüßt – wenn sie nicht gerade eine außergewöhnlich dringende Arbeit zu erledigen hatten.
Ich musste lange auf Tim Benton einreden, bevor er endlich einwilligte, mich einmal für diese Aufgabe einzuteilen. Ich wies darauf hin, dass dadurch die anderen für wichtigere Arbeiten frei würden – worauf er entgegnete, dass dies zufällig eine der Aufgaben sei, die sie alle brennend gern erfüllten. Aber schließlich gab er doch nach.
Er hatte mich vorher sorgfältig instruiert, und genau in dem Augenblick, als die Station über den Golf von Guinea hinwegzog, stand ich vor der Tür des Kontrollraums und läutete meine kleine Klingel; es gab eine Menge solcher merkwürdiger Gebräuche an Bord der Station.
»Herein!«, rief der Offizier vom Dienst.
Ich steuerte meinen Servierrahmen durch die Tür und verteilte dann Imbiss und Getränke. Die letzte »Milchflasche« gelangte in die Hände ihres Abnehmers, als wir gerade die afrikanische Küste passierten.
Sie hatten offenbar im Voraus gewusst, dass diesmal ich kam, denn keiner von ihnen war darüber erstaunt, mich zu sehen. Da ich eine Weile dableiben musste, um dann die leeren Flaschen wieder einzusammeln, hatte ich reichlich Zeit, mich in dem Kontrollraum umzuschauen. Er war makellos sauber und
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