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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Zentrifugalkraft. Es ist genauso, wie wenn du einen Stein herumwirbelst, der an einer Schnur befestigt ist.«
    »Ich wirble nie Steine an einer Schnur herum«, hatte meine Mutter darauf geantwortet, »und ich hoffe, du tust das auch nicht – zumindest nicht hier in der Wohnung.«
    »Das war doch nur ein Beispiel«, hatte ich erwidert. »Es ist das Beispiel, das man uns immer in der Schule erzählt. Ebenso wie der Stein wegen der Schnur nicht wegfliegen kann, durch die er festgehalten wird, kann auch eine Raumstation der Erde nicht entrinnen, weil die Gravitationskraft sie anzieht. Sobald sie aber einmal die richtige Geschwindigkeit erreicht und dadurch eine Zentrifugalkraft entwickelt hat, die den Sog der Gravitationskraft gerade ausgleicht, dann bleibt sie praktisch für ewig da oben auf ihrer Bahn, ohne dazu noch irgendwelche Antriebsenergie zu brauchen. Ihr Tempo kann nicht langsamer werden, weil es dort oben keinen Luftwiderstand gibt, der sie abbremsen könnte. Natürlich muss die Bahngeschwindigkeit jeweils sehr genau berechnet werden. Nahe der Erde, wo die Anziehungskraft noch sehr stark wirkt, muss eine Station sich sehr schnell bewegen, wenn sie oben bleiben will. Es ist so, wie wenn du den Stein an eine kurze Schnur bindest; du musst ihn dann viel schneller herumwirbeln, als wenn er an einer langen Schnur befestigt ist. Weit draußen, wo die Gravitationskraft schon schwächer wirkt, können sich die Stationen langsamer bewegen.«
    »Ich hatte mir schon so was Ähnliches gedacht«, hatte meine Mutter damals gesagt. »Aber was mir Sorge macht, ist Folgendes. Nehmen wir an, eine der Stationen verliert nun doch ein wenig an Geschwindigkeit. Würde sie dann nicht herunterstürzen? Die ganze Sache scheint mir sehr gefährlich zu sein – so ähnlich wie ein Balanceakt. Wenn irgendetwas dabei schiefgeht …«
    Damals hatte ich die richtige Antwort darauf noch nicht gewusst und konnte nur erwidern:
    »Nun, der Mond fällt ja auch nicht herunter, und er bewegt sich doch genauso wie eine Raumstation.«
    Erst auf der Inneren Station erfuhr ich dann die richtige Antwort auf eine solche Frage, obwohl ich eigentlich auch selber hätte daraufkommen können. Wenn sich die Geschwindigkeit einer Raumstation wirklich ein wenig verringerte, dann würde sie einfach in eine etwas erdnähere Bahn fallen; dabei würde sie durch die stärkere Erdanziehung ein wenig beschleunigt werden, erneut eine größere Eigengeschwindigkeit erreichen und damit auch eine stärkere Zentrifugalkraft entwickeln, bis sich schließlich die beiden Kräfte wieder ausglichen. Dabei würde die Umlaufbahn nicht mehr genau ein Kreis, sondern eine kreisähnliche Ellipse werden, wie es ja bei dem Umlauf aller Planeten um die Sonne der Fall ist. Erst dann, wenn die Station so nahe an die Erde herankäme, dass die dichteren Atmosphäreschichten ihrem Flug immer stärkeren Widerstand entgegensetzen würden, könnte es gefährlich werden. Aber um einen solchen Geschwindigkeitsverlust zu bewirken, wäre schon eine sehr beträchtliche Bremskraft notwendig, und das konnte unmöglich durch einen Zufall oder Unglücksfall geschehen. Im Übrigen verfügt jede Weltraumstation auch über ein Raketentriebwerk, durch das man geringere Geschwindigkeitsverluste jederzeit wieder ausgleichen konnte.
    Jetzt blickte ich auf die Uhr; noch dreißig Minuten. Seltsam – warum fühlte ich mich plötzlich so schläfrig? Ich hatte doch in der vorigen Nacht ausgiebig geschlafen. Vielleicht war die Aufregung doch ein bisschen zu viel für mich gewesen. Nun, dann mach es dir eben ein bisschen bequem, dachte ich. Bis wir die Innere Station in vier Stunden erreichen, ist für mich ohnehin nichts zu tun. Oder sind es vier Tage? Ich konnte mich wirklich nicht mehr recht erinnern, aber es erschien mir auch gar nicht so wichtig. Nichts war mehr wichtig – nicht einmal die Tatsache, dass alles um mich herum in einem rosa Nebel verschwamm …
    Dann hörte ich Doyle laut rufen. Seine Stimme klang wie von weither, und wenn ich auch ahnte, dass seine Worte irgendeine Bedeutung haben mussten, so konnte ich ihren Sinn doch nicht mehr enträtseln. Sie tönten immer noch schwach in meinen Ohren nach, als ich endgültig in Bewusstlosigkeit versank:
    »Sauerstoffalarm!«

8
     
    Es war einer jener seltsamen Träume, in denen man zwar weiß, dass man träumt, aber doch nichts dagegen tun kann. Alles, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte, zog wild durcheinander vor meinen Augen vorbei. Dazwischen

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