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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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dieser Zeit war die Hospitalstation nur noch ein winziges glitzerndes Spielzeug im Himmelsraum, das schon mindestens vierzig oder fünfzig Kilometer hinter uns schwebte. Wenn der Pilot seine Aufgabe richtig erfüllt hatte, dann fielen wir jetzt in einer langen Kurve zur Inneren Station hinunter. Es gab jetzt nichts mehr für uns zu tun, als die nächsten dreieinhalb Stunden vergehen zu lassen, während die Erde immer größer und größer wurde, bis sie schließlich wieder fast den halben Himmel ausfüllen würde.
    Während des Fluges zur Hospitalstation hatten wir wegen des Patienten nicht viel reden können; jetzt aber hielt uns nichts davon ab. In unserer kleinen Gesellschaft herrschte eine merkwürdig erregte freudige Hochstimmung – fast eine gewisse Leichtfertigkeit. Wenn ich mir die Mühe gemacht hätte, ein wenig darüber nachzudenken, wäre mir wahrscheinlich aufgefallen, dass unser Lachen und unsere Scherze seltsam übertrieben klangen. Aber zu diesem Zeitpunkt erschien mir das alles ganz natürlich.
    Selbst der Kommandant ging ein bisschen mehr aus sich heraus als sonst; das soll jedoch nicht heißen, dass er jemals wirklich streng, verschlossen und abweisend war. Man musste sich nur erst an seine Art gewöhnen. Aber er sprach doch nie über sich selbst, und zu Hause auf der Inneren Station wäre keiner auch nur auf die Idee gekommen, ihn darum zu bitten, dass er von der ersten Merkurexpedition erzählte, an der er teilgenommen hatte. Und wenn ihn wirklich jemand darum gebeten hätte, dann wäre er bestimmt nicht darauf eingegangen. Jetzt aber tat er es. Er knurrte zwar erst ein wenig abweisend, aber nicht ernsthaft und auch nicht sehr lange. Und dann begann er seine Erzählung.
    »Nun, wo soll ich anfangen«, sagte er sinnend. »Über die Reise selbst gibt es nicht viel zu berichten; sie war wie jeder andere Raumflug auch. Niemand war zwar bisher so weit zur Sonne vorgedrungen, aber die äußere Spiegelverkleidung unseres Schiffsrumpfes funktionierte ausgezeichnet und bewahrte uns vor einem zu großen Temperaturanstieg im Inneren, indem sie achtzig Prozent der Sonnenstrahlung wieder zurückwarf.
    Wir hatten Anweisung, nur dann eine Landung zu versuchen, wenn sie absolut gefahrlos erschien. So steuerten wir in etwa tausendsechshundert Kilometer Höhe über der Merkuroberfläche in eine Umlaufbahn um den Planeten und begannen erst einmal eine sorgfältige Beobachtung.
    Ihr wisst natürlich, dass der Merkur der Sonne immer dieselbe Seite zuwendet, so dass es dort nicht Tag und Nacht gibt wie auf der Erde. Die eine Seite befindet sich immer in Dunkelheit, und die andere ist ewig in strahlendes Licht getaucht. Allerdings gibt es eine schmale ›Dämmerzone‹ zwischen den beiden Hemisphären, wo die Temperaturunterschiede nicht allzu extrem sind. Wir hatten die Absicht, irgendwo in diesem Gebiet eine Landung zu versuchen, falls sich eine gute Stelle dafür finden ließe.
    Unsere erste Überraschung erlebten wir, als wir uns die Tagseite des Planeten ansahen. Irgendwie hatte sich jedermann immer vorgestellt, dass sie so ähnlich wie eine Mondlandschaft aussehen würde – mit zerklüfteten Kratern und steilen Gebirgsketten. Aber sie sah ganz anders aus. Auf dieser der Sonne zugewandten Seite des Merkur gibt es keine hohen Berge, nur ein paar flache Hügel und weite Ebenen, in denen lange Risse klaffen. Als wir darüber ein wenig nachdachten, war der Grund dafür augenfällig. Die Temperatur dort in dieser ewigen Sonnenbestrahlung beträgt mehr als dreihundertsiebzig Grad Celsius. Diese Hitze ist zwar viel zu gering, um Felsgestein zum Schmelzen zu bringen, aber sie genügt, um es zu erweichen, und die Schwerkraft hatte dann das Übrige getan. Im Lauf von Jahrmillionen sind alle Berge, die jemals auf dem Merkur existiert haben mögen, langsam in sich zusammengesunken – so wie ein Klumpen Pech an einem heißen Tag allmählich zerfließt. Nur am Rande der Nachtseite, wo die Temperaturen viel niedriger sind, gab es richtige Berge.
    Unsere zweite Überraschung war die Entdeckung, dass es in diesem glühenden Inferno Seen und Teiche gab. Natürlich waren es keine Seen von Wasser, sondern von geschmolzenem Metall. Da es bis jetzt noch niemand fertiggebracht hat, bis zu ihnen vorzudringen, wissen wir immer noch nicht, was für Metalle das sind – vermutlich aber Blei und Zinn mit ein paar anderen Beimischungen – Seen aus Lötmasse tatsächlich. Eines Tages könnten sie recht wertvoll für uns werden, wenn wir

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