Inseln im Strom
jederzeit hinfahren. Es kommt ja bloß auf dich an, wo du bist, du hast es mit dir selber auszumachen. Es geht dir hier sehr gut.
«Magst du das Zeug wirklich, Tom?» fragte Bobby ihn.
«Klar. Sonst würde ich’s nicht trinken.»
«Ich hab mal aus Versehen eine Flasche davon aufgemacht. Schmeckt wie Chinin.»
«Es ist Chinin drin.»
«Die Leute sind wirklich verrückt», sagte Bobby. «Sie können trinken, was sie wollen, sie müssen’s nur bezahlen, aber statt sich etwas Gutes anzutun, versauen sie den besten Gin mit irgendwelchem indischen Zeugs, das nach Chinin schmeckt.»
«Ich mag’s. Ich mag den Chinin-Geschmack und die Zitronenschale. Irgendwie macht es einem im Magen irgendwelche Poren auf. Ich habe einfach mehr davon als von jedem anderen Gin-Drink. Es tut mir gut.»
«Ich weiß. Trinken tut dir überhaupt gut. Mich macht’s krank. Wo ist Roger?»
Roger war ein Freund Thomas Hudsons. Er hatte eine kleine Fischerhütte am unteren Ende der Insel.
«Er wird gleich kommen. Wir gehen zu Johnny Goodner essen.»
«Ich möchte bloß wissen, was Leute, die überall herumgekommen sind wie du, Roger Davis und Johnny Goodner, hier verloren haben.»
«Die Insel ist schön, und du bist doch auch hier, oder nicht?»
«Ich muß mein Geld verdienen.»
«Das könntest du auch in Nassau.»
«Geh mir weg mit Nassau. Hier ist’s besser. Das ist die richtige Insel zum Geldmachen. Und seinen Spaß kriegt man hier auch.»
«Ich bin gerne hier.»
Bobby sagte:
«Klar, ich auch, das weißt du. Solange ich hier mein Geld verdienen kann. – Wirst du deine Bilder eigentlich immer los?»
«Doch, sie gehen gut.»
«Die Leute geben Geld aus für ein Bild von Onkel Edward, Negerbilder. Neger an Land, Neger in Booten, Schildkrötenfänger, Schwammfischer. Eine Böe kommt. Wasserhosen. Ein Schooner geht zum Teufel, ein neuer wird gebaut… Das alles könnten sie sich auch ansehen, ohne zu bezahlen, und trotzdem kaufen sie die Bilder?»
«Sie kaufen sie, du kannst dich drauf verlassen. Jedes Jahr hab ich eine Ausstellung in New York, und dort kaufen sie die Bilder.»
«Läßt du sie versteigern?»
«Nein, der Kunsthändler schreibt dran, wieviel sie kosten. Die Leute kaufen sie. Manchmal kauft auch ein Museum eines.»
«Könntest du sie auch selber verkaufen?»
«Natürlich.»
«Ich möchte mir eine Wasserhose kaufen», sagte Bobby, «eine riesige große Wasserhose, schwarz wie die Hölle. Oder lieber zwei Wasserhosen, die übers Watt hin röhren und Krach machen, bis du taub wirst. Sie saufen alles Wasser auf und erschrecken dich zu Tode. Und dazu ich im Dingi, und ich bin beim Schwammfischen und kann nichts dagegen machen. Die Wasserhose reißt mir das Guckglas aus den Händen und hebt das ganze Dingi aus dem Wasser. Ein Teufelsding von einer Wasserhose. Was würdest du dafür verlangen? Ich könnte es hier aufhängen, oder vielleicht zu Hause, wenn sich meine Alte nicht zu Tode fürchtet.»
«Das kommt ganz auf die Größe an.»
«Mach’s so groß, wie du willst», sagte Bobby großzügig. «Kann gar nicht groß genug sein. Mach drei Wasserhosen drauf. Ich hab schon mal drei Wasserhosen zugleich gesehen, drüben auf Andros, und ich war nahebei. Sie fuhren direkt in den Himmel, und eine nahm einen Schwammfischer mit, und als das Boot herunterstürzte, fiel der Motor durch den Boden.»
«Ich würde nur die Leinwand berechnen», sagte Thomas Hudson, «bloß, was die Leinwand kostet.»
«Prima, dann nimm ‘ne große Leinwand», sagte Bobby. «Wir malen Wasserhosen, daß es die Leute aus der Bar und von der ganzen gottverdammten Insel runtertreibt.»
Er war überwältigt von seinem Projekt, aber die Möglichkeiten gingen ihm jetzt erst richtig auf.
«Sag mal, Tom, mein Junge… meinst du, daß du auch einen ganzen Hurrikan fertigkriegst? Mal das Auge eines Hurrikans, mal ihn, wenn der Wind, der von der einen Seite geweht hat, abflaut und eben umspringt. Und pack alles hinein, von den Negern, die sich an den Palmen festgelascht haben, bis zu den Booten, die es über die Insel bläst. Das Hotel haut ab. Dachbalken fliegen durch die Luft wie Spieße, ganze Wolkenbrüche von toten Pelikanen. Das Barometer ist im Keller… und Windstärken, die kein Mensch mehr messen kann. Auf der Zehn-Faden-Bank bricht sich die See, der Mond kommt durch, mitten im Auge des Hurrikans. Laß die Sturmflut kommen und alles drin versaufen. Der Wind reißt den Frauen die Kleider vom Leib und fetzt sie aufs Meer hinaus, und tote Neger
Weitere Kostenlose Bücher