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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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losgemacht, und der Wind strich sanft und frisch herein. Es briste weniger als gestern, aber es war ein stetiger Ostwind, und die Wolken waren hoch und dünn. Der Himmel war der blaue Himmel des Ostteils der Insel, wo der Passat am stärksten weht, und Thomas Hudson lag da und beobachtete den Himmel und kämpfte gegen den Schmerz an. Er hatte die Morphiumspritze nicht haben wollen, die Henry heraufgebracht hatte. Er dachte, daß es vielleicht noch etwas zu denken gebe. Er konnte sie sich später immer noch geben lassen.
    Er lag unter der leichten Decke, und seine drei Schußwunden waren verbunden. Gil hatte Sulfonamidpulver hineingeschüttet, bevor er sie verbunden hatte, und neben dem Ruder, wo Gil ihn verbunden hatte, war das Deck mit Sulfonamid bestreut wie mit Puderzucker. Als sie das Schanzkleid abgenommen hatten, um ihm Luft zu machen, hatte er die drei kleinen Löcher bemerkt, wo die Kugeln durchgeschlagen waren, und rechts und links davon waren noch mehr Löcher gewesen. Und er hatte gesehen, wo die Granatsplitter das Segeltuch zerfetzt hatten.
    Gil sah ihn an, während er da lag, und er sah sein Haar, das vom Salz gebleicht war, und das graue Gesicht über der Decke. Gil war ein einfacher Junge. Er war ein großer Sportsmann und beinahe so stark wie Ara, und wenn er einen Ball hätte treffen können, der mit Effet kam, wäre er ein großer Baseballspieler gewesen. Er hatte die Arme eines guten Werfers. Thomas Hudson sah ihn an und lächelte. Er dachte an die Handgranaten. Dann lächelte er nur, um Gil und seine langen Armmuskeln anzusehen.
    «Du hättest Werfer werden sollen», sagte er, und seine Stimme klang ihm selbst fremd.
    «Ich hatte mich nie genug in der Hand.»
    «Doch. Heute.»
    «Vielleicht war’s vorher auch nie wirklich nötig», sagte Gil lächelnd. «Soll ich dir die Lippen naßmachen, Tommy? Du brauchst bloß zu nicken.»
    Thomas Hudson schüttelte den Kopf und sah auf die große Lagune hinaus, die die innere Durchfahrt bildete. Jetzt waren weiße Schaumkronen zu sehen. Die See war nicht hoch, es war gutes Segelwetter, und hinter der Lagune sah er die blauen Hügel von Turiguano.
    Das ist’s, was wir machen werden, dachte er. Wir gehen nach Cayo Central oder dem anderen Platz, und dort haben sie vielleicht einen Arzt. Nein, die Badesaison ist vorüber. Aber sie können einen guten Chirurgen mit dem Flugzeug hinbringen. Es sind lauter gute Leute dort. Ein schlechter Chirurg ist schlimmer als gar keiner, und ich kann dort liegen und warten, bis einer kommt und sie mich wegbringen können. Ich sollte eine Menge Sulfonamide einnehmen, aber ich darf kein Wasser trinken. Mach dir jetzt keine Gedanken, sagte er zu sich. Dein ganzes Leben spitzt sich darauf zu. Wenn Ara wenigstens den Schweinehund nicht abgeknallt hätte, hätten wir was vorzuzeigen gehabt und es würde vielleicht zu etwas gut gewesen sein. Ich meine nicht wirklich ‹gut›, aber es wäre womöglich nützlich gewesen. Mann, wenn sie dieselbe Feuerkraft gehabt hätten wie wir… Sie müssen die anderen Bricken herausgerissen haben, um uns in ihren Priel zu locken. Aber vielleicht wäre er beschränkt gewesen und hätte nichts gewußt, wenn wir ihn gefangengenommen hätten. Trotzdem wäre er nützlich gewesen. Jetzt taugen wir zu nichts mehr. Doch. Wir entschärfen das Wrack.
    Denk an die Zeit, wenn der Krieg erst vorbei ist und du wieder malst. Es gibt so viele gute Sachen, die du malen kannst, und wenn du sie malst, wie du es wirklich verstehst, und an nichts anderes denkst und es tust, dann ist es das Richtige für dich. Du malst die See besser als alle heutzutage, wenn du dich daran hältst und dich von nichts ablenken läßt. Halte dich jetzt an das, was du wirklich willst. Du mußt jetzt nur durchhalten, um es zu schaffen. Das Leben ist nicht viel wert, verglichen mit der Arbeit, die einer tut. Das Schlimme ist nur, daß man es braucht. Laß jetzt nicht los. Jetzt kommt es darauf an, daß du es schaffst. Halte jetzt durch und hoffe auf nichts. Dein Blut ist immer gut geronnen, und du kannst es noch einmal schaffen. Wir sind keine Ganoven. Wir sind die Besten, und wir tun es für die Freien.
    «Willst du etwas Wasser, Tom?» fragte Gil noch einmal.
    Thomas Hudson schüttelte den Kopf.
    Drei kleine Scheißkugeln, dachte er, und aus ist es mit der Malerei, und bewiesen ist gar nichts. Warum haben diese armen Schweinehunde nur diesen Blödsinn auf der Massakerinsel gemacht? Sie hätten sich ergeben können, und alles wäre in

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