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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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er sich, wie sie es schaffte, den ganzen Weg zurückzulegen, ohne hinzufallen. Sie musste Augen wie eine Katze haben. Er selbst stolperte mehr als einmal und unterdrückte einen saftigen Fluch, als er schließlich doch noch ausrutschte und stürzte. Nachdem er sich wieder hochgerappelt hatte, brauchte er einen Moment, um die Orientierung wiederzufinden. Vielleicht hätte er bei Claire nicht so viel trinken sollen.
    Das Schwappen der Wellen am nahen Strand wies ihm endlich den richtigen Weg, und dann sah er Elizabeth. Sie saß zwischen zwei Palmen im Sand, Kopf und Schultern ein kaum sichtbarer Umriss, nur erkennbar durch das schwache Phosphoreszieren des Wassers. Als sie seine Schritte hörte, fuhr sie herum und sprang auf.
    » Wer ist da? Gebt Euch zu erkennen, oder es geht Euch übel an den Kragen!«
    » Das würde ich im Ernstfall wirklich gern sehen.«
    » Verflucht, Duncan!«, schrie sie. » Was fällt dir ein, dich so anzuschleichen?«
    » Verzeih. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    Sie hob eine Handvoll Sand auf und warf damit nach ihm. Er bekam die volle Ladung ab, weil er es nicht rechtzeitig kommen sah.
    » Lizzie, also hör mal! Ich sagte doch, dass es mir leidtut!«
    Sie schnaubte nur wütend.
    Duncan zog seine Tabakspfeife aus dem Beutel am Gürtel, stopfte sie sorgfältig und entzündete mit dem kleinen Feuerbesteck, das er immer mit sich führte, ein Stück Baumwolllunte, mit der er den Tabak zum Aufglühen brachte. Diese Handgriffe beherrschte er im Dunkeln so sicher wie das Laden seiner doppelläufigen Pistole, die ebenfalls immer an seinem Leibgurt hing, wenn er auf Barbados war. Für seinen Geschmack gab es auf der Insel zu viele Hasardeure, die über Leichen gingen, wenn sie schnelle Beute witterten. Die Elise hatte schon manchen begehrlichen Blick auf sich gezogen, wenn sie voll beladen vor Anker ging. Seine Vorsicht kam nicht von ungefähr, denn er musste nur daran zurückdenken, wie skrupellos er selbst sich damals die Fregatte angeeignet hatte.
    Elizabeth hatte die Arme verschränkt. Im glimmenden Licht der Lunte sah er, dass sie ihn mit unbewegter Miene musterte. Er verfluchte sich stumm, weil er seinen Herzschlag nicht unter Kontrolle hatte. Das Vernünftigste wäre, sich auf dem Absatz umzudrehen und zu verschwinden. Es war ein schwerer Fehler gewesen, überhaupt hinter ihr herzulaufen. Bisher hatte er nur Fehler gemacht, was sie betraf. Einen nach dem anderen, mit geradezu gesetzmäßiger Unabänderlichkeit. Er ging in die Hocke, rupfte ein paar Fäuste voll Strandhafer aus, schob sie zusammen mit getrockneten Algenfetzen und einigen Stücken verdorrten Treibholzes auf einen Haufen und zündete alles mit der Lunte an.
    » Warum bist du mir gefolgt?«, wollte sie wissen. Ihre Stimme hatte sie nicht so gut in der Gewalt wie ihren Gesichtsausdruck. Duncan hörte das kaum merkliche Zittern.
    Er pustete in die Glut, bis Flammen hervorzüngelten.
    » Ich wollte zu der Feier, dann sah ich, wie du dich davongemacht hast. Da fand ich, es könne nichts schaden, nach dir zu sehen.«
    » Ja, als mein Beschützer hast du Erfahrung, was?«
    » Eigentlich wollte ich mit dir reden.«
    Argwöhnisch blickte sie ihn an.
    » Worüber?«
    Himmel, er konnte es ihr nicht sagen. Noch nicht. Stattdessen meinte er unbeholfen: » Es ist … Es ist lange her, Lizzie.«
    » Bist du hinter mir hergelaufen, um mir das zu sagen?«
    » Nein. Ich habe nur nach einer Einleitung gesucht, die nicht allzu dämlich klingt.«
    » Das tut sie aber.«
    Er seufzte.
    » Gott, ja. Lizzie …« Er räusperte sich. » Ich bin dir in den beiden letzten Jahren aus dem Weg gegangen.«
    Abwartendes Schweigen. Sie hatte nicht vor, es ihm leichter zu machen.
    » Es ist nicht so, als hätte ich dich nicht gewollt, Lizzie. Jedes Mal, wenn ich dich sah, hätte ich … Am liebsten hätte ich …« Er brach ab, weil er nicht die richtigen Worte fand.
    » Hättest du was?« Sie reckte das Kinn. » Es gerne noch mal mit mir getrieben? Um der guten alten Zeiten willen?«
    » Das trifft es ungefähr«, pflichtete er ihr sofort bei. Das war nicht das, was er hatte sagen wollen, aber es stimmte auf jeden Fall. » Du bist verheiratet«, hob er hervor, als hätte ihn das je an ihr gestört. » Und du hast ein Kind, wie ich hörte. Unter diesen Umständen hielt ich es für besser …«
    » Mich nicht mehr zu wollen?«
    Er bemerkte ihre hochgestreiften Ärmel und das nachlässig geschnürte Mieder. Ihr Haar wallte in ungebärdigen Locken auf ihre

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