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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Santiago
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Kannst du denn mit so einem Ding umgehen?«, wollte er wissen.
    » Ich musste es noch nicht ausprobieren«, räumte sie ein.
    » Vielleicht sollte ich dir mal zeigen, wie man es benutzt.«
    » Das könntest du tun«, stimmte sie zu.
    » Aye, ich erklär es dir.« Er schnallte den schmalen Messergurt ab und küsste die Innenseite ihres nackten Oberschenkels. » Hinterher.«
    Elizabeth wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Das Feuer flackerte noch, Duncan hatte weiteres Treibholz nachgelegt. Nur ein paar Schritte von ihnen entfernt schlugen die Wellen an den Strand, und über ihnen spannte sich der Sternenhimmel, scheinbar zum Greifen nah. Die Luft roch nach Rauch und Tang und feuchtem, schwerem Sand. Eine sanfte Brise strich über ihren von der Liebe erhitzten Leib.
    Sie war von einem Gefühl der Unwirklichkeit erfüllt, als sei es nicht sie, die hier in den Armen ihres Liebhabers lag, sondern eine Fremde, die sie bisher nicht gekannt hatte. Alle Bitterkeit war von ihr abgefallen, sie fühlte sich leicht, fast schwerelos, befreit von allen Bürden. Solange sie hier liegen blieb, konnte ihr nichts geschehen, alle Widrigkeiten waren weit weg. Es war fast, als befände sie sich im Paradies, wenn auch nur für eine kleine Weile. Anders als nach den beiden letzten intimen Begegnungen mit ihm fühlte sie weder Scham noch Reue, nur die Unausweichlichkeit dessen, was zwischen ihnen vorgefallen war. Sie grub ihre Nase in die Senke unter seinem Kinn und sog seinen Geruch ein, der so unverwechselbar war, dass sie ihn blind unter vielen anderen wiedererkannt hätte. Er roch nach dem Rum, den er getrunken hatte, nach Tabak, Sandelholz, Salz und Schweiß. Nach dem, was sie beide getan hatten und das sie auf schicksalhafte Weise verband.
    Seltsam, wie weich seine Haut an dieser Stelle war, während sie nur wenige Fingerbreit entfernt, beginnend an der Unterseite seines Kinns, wie eine grobe Bürste kratzte. Nun, da sie auch eine sanfte und rücksichtsvolle Seite an ihm kennengelernt hatte, erschien ihr dieser Gegensatz als kennzeichnend für sein ganzes Wesen. Er war wie ein Rätsel, das nur in Teilen lösbar war, und immer wenn sie glaubte, einen Teil durchschaut zu haben, waren weitere dazugekommen, die sie vorher noch nicht gesehen hatte.
    » Wie lange sind wir schon hier?«, fragte sie nach einer halben Ewigkeit, die Lippen an seinem Hals.
    » Ungefähr anderthalb Stunden.« Sein Kehlkopf vibrierte an ihrem Mund, sie küsste die Stelle.
    » Ich muss zurück«, sagte sie dann.
    » Das musst du wohl.«
    Das war alles. Kein Verlass ihn und komm mit mir, egal wohin. Sondern einfach nur: Das musst du wohl. Sie horchte in sich hinein, doch da war keine Kränkung, nur ein bittersüßes Gefühl des Verlustes, das sie erfüllte, noch bevor er fort war.
    Sie hatten einander das gegeben, was sie vermochten, nicht mehr und nicht weniger. Es gab keine Forderungen und keine Ansprüche. Ja, sie musste zurück, ohne Duncan. Sie lebten in verschiedenen Welten. Dass sie die Mutter seines Sohnes war, änderte nichts daran, oder besser: erst recht nichts. Das Leben, das sie für Jonathan wollte, hatte nichts mit dem Leben seines Vaters zu tun. Und mit diesem Gedanken kehrte sie endgültig aus dem Paradies in die Realität zurück. Seufzend löste sie sich aus Duncans Armen und setzte sich auf.
    » Lieber Himmel, an mir klebt überall Sand.«
    » Komm, ich helfe dir.«
    Er klopfte ihr die Röcke aus, verschnürte ordentlich ihr Mieder und förderte sogar einen Kamm aus seiner Gürteltasche zutage, mit dem er vorsichtig ihr zerzaustes Haar glättete. Ihr fiel auf, dass er ihren Blick mied, und es gab ihr einen Stich, weil die Distanz zwischen ihnen so schnell zurückkam. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
    » Danke. Wenn du als Pirat mal nichts mehr zu tun hast, kann ich dich als Kammerdiener empfehlen«, meinte sie nur leichthin. Zu ihrer Überraschung nahm er sie in die Arme und hielt sie fest an sich gedrückt.
    » Elizabeth, ich muss dir was sagen. Deshalb bin ich dir eigentlich hierher gefolgt. Ich wollte, dass du es von mir hörst, nicht von irgendwelchen Fremden. Bitte hasse mich nicht dafür, dass ich erst jetzt damit herausrücke, aber vorher warst du böse auf mich, da konnte ich es dir nicht sagen. Ich wollte erst die Sache zwischen uns beiden in Ordnung bringen.«
    Seine Stimme klang ernst und bedrückt. Ihr Herz zog sich zusammen vor Furcht.
    » Was ist denn, Duncan?«
    » Dein Vater ist gestorben.«
    Er hielt sie fest, obwohl sie

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