Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
Vom Netzwerk:
eingetreten. Ich bitte euch nur darum, eure Gedanken und Gemüter zu beruhigen.«

    Nachdem Helmut Grohm keine Anstalten machte zu gehen und Claire Wilms das Gefühl hatte zu stören, war sie zurück auf ihr Zimmer gegangen. Ein wenig schämte sie sich, keine Trauer empfinden zu können, und darüber, dass ihre Gefühle vielmehr von der Ungewissheit geprägt waren, die durch die neue Situation entstanden war. Schließlich hatte man sich hier in Lindau treffen wollen, um über die Zukunft zu reden. Und die war nun so schnell dahergekommen, die Zukunft. Sie setzte sich und sah hinaus auf den See. Im Frühjahr, als sie zuletzt hier gewesen war, hatten unten im Hafen die Magnolien geblüht, es hatte frischer gerochen und die Zukunft war nicht mit dem Tod im Bunde gewesen.
    Sie suchte ihr Handy und wählte eine gespeicherte Nummer. Die Polizei würde kommen und sie befragen. So hatte es Grohm gesagt. Er war so zielstrebig gewesen.
    Als sich die Gegenstelle meldete, sagte sie mit leiser Stimme: »Wir haben nun ein großes Problem. Es ist erforderlich, dass wir uns treffen. Kann ich rüberkommen. Keine Sorge. Ich passe auf, dass niemand etwas bemerkt.«
    *
    Kimmel atmete schwer. Der Kaffee hatte ihm zugesetzt. Die anderen warteten, dass er anfangen würde. Das tat er, indem er ein kräftesparendes »Ja, nun« an die Runde richtete.
    Erich Gommert fühlte sich nicht angesprochen, Wenzel und Lydia ebenfalls nicht. Conrad Schielin war ganz in Gedanken, hatte nicht zugehört und schwieg daher. Es entstand eine eigentümliche Pause. Lydia Naber tippte ihm auf die Schulter und sagte laut: »Hallo!«
    Beinahe wäre er erschrocken.
    Sie übernahm vorerst das Gespräch, um ihm zu ermöglichen, seine Gedanken zu Ende zu bringen. »Frau Dr. Agnes Mahler, einundvierzig Jahre alt, ledig, keine Kinder, wohnhaft in München, Arnulfpark, Psychotherapeutin in einer Kanzlei namens Grohm & Sebald.« Lydia Naber sah skeptisch in die Runde. »Es heißt wirklich Kanzlei. Ich weiß schon: Psychos, die in einer Kanzlei arbeiten … das klingt seltsam, ist aber so. Seit Donnerstag war sie Gast im Hotel Seegarten. Dort keine Auffälligkeiten. Nach noch nicht gesichertem Ermittlungsergebnis wurde sie heute Morgen, in der Zeit zwischen nulldrei und nullfünf Uhr, am alten Clubhaus im Segelhafen erstochen. Ausführung erfolgte durch einen einzigen Stich in den Rücken. Vermutlich direkte Einwirkung des Stiches auf das Herz – ich meine, das legt die Tatortsituation nahe. Die Tatwaffe ist im Körper verblieben. Auffindeort ist nach Lage der Dinge auch Tatort. Davon können wir ausgehen. Was die Spurenlage angeht – düster bis kryptisch. Eigentlich nichts, was ein wenig elektrisierend für eine Ermittlung sein könnte. Bis auf diesen eigenwilligen Strauß, der am Boden lag. Eine seltsame Sache. Hätte beinahe ein wenig symbolisch sein können, wenn er nicht so halb versteckt in der Ecke gelegen hätte. Vielleicht hat ihn ja auch jemand von einem der Boote dort liegen lassen und vergessen. Ich werde mich darum kümmern. Ach ja – und das Messer. Es befindet sich noch dort, wo wir es gefunden haben und wird erst im Lauf der Obduktion entfernt. Mehr haben wir nicht.«
    Sie war zu Ende gekommen und sah zu Schielin. Der war inzwischen wieder ganz bei der Sache und erläuterte, dass die bisherigen Ermittlungen einen Kontakt zu einer Frau Dr. Melanie Schirr ergeben hätten, die seit Donnerstag Gast im Hotel Bayerischer Hof sei.
    »Wirklich keine Spuren?«, fragte Kimmel ungläubig, »Blut, Fußspuren, Kratzspuren, Abwehrspuren, Schleifspuren. Es gibt doch unendlich viele Möglichkeiten.«
    Wenzel schüttelte den Kopf. »Wir müssen auf das Messer warten – das wird uns schon noch ein wenig erzählen können. Und natürlich die Ergebnisse der Obduktion. Aber am Tatort selbst war nichts zu holen. Vielleicht finden die Taucher ja was.«
    Kimmel muffelte. »Es gibt ja auch noch dieses treibende Motorboot. Da könnte ja noch was hergehen, ein Zusammenhang, oder mit viel Glück noch eine böse Überraschung an diesem Samstagmorgen. Ein toter Liebhaber oder so, das wäre mir am liebsten – ein Beziehungsdrama, zwei Tote, Fall geklärt, fertig.« Er sah missmutig zur Tür, als müsste von dort eine Lösung kommen. »Wieso melden die Wasserschutzler sich eigentlich nicht. Kann doch keine große Sache sein, zu dem Boot da rausfahren, feststellen, was los ist und anrufen, Mensch!« Er sprach Schielin an: »Was sagst du zu der Sache, Conrad?«
    Der blieb gelassen.

Weitere Kostenlose Bücher