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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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am Gürtel hing.
    Der Mann war von untersetzter Statur. Die Taschenlampen waren nun nicht mehr erforderlich. Der dunkelblaue Himmel brachte genügend Licht auf die von Bäumen befreite Fläche. Ein Käuzchen schrie von fern, und lautlos wie ein Geist schwebte ein anderes zwischen den Baumstämmen dahin, querte die Lichtung, um gleich darauf wieder, wie ein Geist, zwischen den Stämmen zu verschwinden. Der Kniende setzte das Messer an und brach den Leib auf. Seine Hände zitterten vor Anstrengung, Freude und Erregung. Schwarzes Blut quoll hervor. Der andere, von schwerer Gestalt und groß gewachsen, schenkte dem Tun kein Interesse. Sein Blick richtete sich in den immer lichter werdenden Horizont. Das verdeckte seine verächtliche, ungeduldige Miene. Die beiden sprachen kein Wort miteinander. Als die Arbeit getan war, fiel der weitere Transport leichter. Nach langem Wegstück endlich am Auto angekommen, zog der Große einen Flachmann aus der Innentasche und reichte sie dem Kleineren von beiden. Immer noch zitternd nahm der die silberne Flasche entgegen und ließ einen langen Schluck in den Gaumen laufen. Er ächzte anerkennend, als er das Behältnis zurückreichte. Der Große trank nichts.
    »Schöne Sau«, sagte der Untersetzte, »eine so schöne Sau.«
    Der Große schwieg.
    »Schon lange nicht mehr so eine Freude gehabt, wirklich.«
    Sein Gegenüber nickte, drehte sich um, räumte einige Sachen im Innern des Fahrzeugs auf und setzte sich anschließend auf den grasigen Hügel gegenüber. Es hätte auch andere Stellen im Gras gegeben, doch er wollte zusehen, wie sich der Dicke, gerade erst wieder zu normaler Atemfrequenz gekommen, heraufquälen musste.
    Als der neben ihm Platz genommen hatte, war zum ersten Mal ein Wort von dem Großen zu hören. Er hatte eine seiner Gestalt angemessene tiefe, kräftige Bassstimme. »Ja, eine wirklich schöne Sau. Du hättest nicht so schnell schießen müssen, das habe ich dir schon beim letzten Mal gesagt. Es ist immer eine Plagerei, die Nachsuche im Unterholz. Es wären schon noch andere gekommen, wenn es etwas günstigeres Schusslicht gehabt hätte, in günstigerem Schussfeld dazu.«
    Der Dicke machte eine fordernde Bewegung mit der Hand. Er wollte die Flasche noch mal. »Ahh, wie diese schöne Sau die Lichtung gequert hat, da hab ich mich einfach nicht mehr beherrschen können. Sei’s drum. Ist wieder ein gutes Stöffle drin heut Morgen, Mensch. Geiger, gell? Na ja. Wenn nur alle Morgen so anfangen könnten.«
    Neben ihm stach das helle Licht eines Zündholzes in den dunklen Himmel. Der Zigarettenrauch roch angenehm. Der Lange sog genussvoll ein. »Ja, da hast du recht. Eine schöne Sau, ein guter Brand, ein wunderbarer Samstagmorgen. Es ist ja nicht so, dass es mich nicht freut, wenn dir das alles guttut. Ich frage mich nur, ob du auch etwas für mich haben könntest, was mir guttäte!?« Er blies den Rauch durch die geschürzten Lippen aus. Und zog danach laut Luft durch die Nase ein. Die Aufforderung an den anderen etwas zu sagen.
    Der druckste herum. »Ja, ich weiß schon. Aber im Moment ist wirklich Flaute, kein Auftrag in Sicht, weit und breit nichts.«
    Der Große sah ihn nicht an. »Den letzten Auftrag hat ja auch der Guttner bekommen müssen. Wäre schön gewesen – die Sanierung der Schule. Bildung steht doch hoch im Kurs und Geld ist genug dafür da … höre ich doch jeden Tag in den Nachrichten, dass die Kindchen besser lesen lernen, wenn die Wände geweißelt sind …«
    »Ja, jetzt komm … der Guttner … die Sanierung … das musste auch mal sein. Du kannst schließlich nicht jeden Auftrag bekommen. Das geht nicht.«
    Der Ton wurde schärfer. »Sicher. Es geht auch nicht um jeden Auftrag, aber was war mit der Berufsschule!? Was war damit!? Wer hat die gekriegt, he!? Und jetzt hockst du hier, schmierst das Blut von meiner Sau ins Gras und sagst mir, es läge nichts auf deinem Schreibtisch. Verarschen kann ich mich selbst. Da brauche ich nicht den Doktor Brachmann dazu! Irgendwas wird es doch geben, der Staat baut immer, also erzähl mir nichts.«
    Dr. Brachmann hörte unvermittelt damit auf, seine linke Hand im Gras vom Blut zu säubern. »Glaubst du, ich hätte es nötig dich zu belügen. Nichts gibt’s. Das Einzige ist der Eingangsbereich zu einem Behördenbau. Der soll behindertengerecht werden. Das ist doch kein Auftrag für dich, das ist Firlefanz … dreißig-, vierzigtausend Euro vielleicht.«
    Der Große zog geräuschvoll Luft durch die Zähne und

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