Inselzirkus
drauÃen zu suchen.
Es waren nur wenige Schritte bis zu der Tür. Mit beiden Händen griff sie nach der Klinke, drückte sie langsam herunter, unterbrach die Bewegung bei jedem Knarzen, macht dann noch vorsichtiger weiter. Die Tür lieà sich ohne jedes weitere Geräusch öffnen.
Mamma Carlotta atmete auf, als sie sah, dass die Kantine leer war. Wenn sie Glück hatte, würde sie ein Fenster öffnen und hinausklettern können. Dann konnte sie um Hilfe rufen, und Erik würde sie hören! Wie sie ihm erklären sollte, warum sie sich in diese finstere Halle geschlichen hatte, war in diesem Augenblick nebensächlich. Hauptsache, sie wäre gerettet!
Sie hatte das Fenster noch längst nicht erreicht, als sie das Geräusch hinter sich hörte. Und sie wusste sofort: Das war sie! Wieder drohte sie vor Angst zu erstarren. Aber diesmal lieà sie es nicht so weit kommen. Entschlossen fuhr sie herum ⦠und lachte erleichtert auf.
»Accidenti! Sie sind das! Grazie a Dio!«
Dann erst sah sie, dass Tanja Möck ein Messer in der Hand hielt. Und sie sah auch, dass es voller Blut war.
Erik stand an der Schranke und starrte die Leichtbauhalle von »Liebe, Leid und Leidenschaft« an, die Zirkuswagen, die die Halle in ihre Mitte genommen hatten. Ob sich dort der Schlüssel zu diesem Ãberfall fand? Oder war es Zufall, dass ausgerechnet hier, vor den Toren dieses modernen Zirkus, jemand versucht hatte, einen harmlosen Penner umzubringen? Zum Glück war Busso Heinemann nicht schwer verletzt, nur eine Fleischwunde, hatte der Notarzt gesagt. Aber er hatte viel Blut verloren. Und wenn er erst am nächsten Morgen entdeckt worden wäre, hätte es trotzdem schlimm für ihn ausgehen können.
Erik wandte sich an Sören. »Wer hat ihn gefunden? Wer hat angerufen?«
Sören zuckte mit den Schultern. »Mierendorf sagt, er hätte keinen Namen genannt.«
»Und ist abgehauen, bevor wir angekommen sind.«
»Vielleicht der Täter? Es wäre nicht das erste Mal, dass der Täter selbst nach dem Notarzt ruft.«
Busso lag nun auf einer Trage und wurde in den Krankenwagen geschoben. Einer der Sanitäter schnallte ihn fest, dann sah Erik, wie er stutzte, die Decke von Bussos Körper nahm und in dessen Hosentasche griff.
Kurz darauf rief der Notarzt: »Herr Hauptkommissar! Schauen Sie sich das mal an!« Als Erik zu ihm trat, hielt er ihm eine Waffe hin. »Die dürfte Sie interessieren!«
»Eine Ceska«, flüsterte Sören. »Markreiters Waffe!«
Erik nickte. »Sandra Zielcke hat gesagt, Markreiter hat sie in den Müllcontainer geworfen, weil der am nächsten Morgen geleert werden sollte.«
»Anscheinend hat er nicht an den Penner gedacht. Obdachlose schauen immer in allen Mülleimern nach, ob sie was finden, was sich zu Geld machen lässt.«
In diesem Augenblick traf Vetterich mit seinen Leuten ein. Erik stand schon neben seinem Wagen, eher er ausgestiegen war. »Dies hat Vorrang«, sagte er und hielt Vetterich die Pistole hin. »Die muss auf Fingerabdrücke untersucht werden. So schnell wie möglich!« Zufrieden wandte er sich zu Sören um. »Nun können wir Bruce Markreiter die Tat nachweisen. Endlich!«
Sören sah sich um. »Ob der Ãberfall auf Busso Heinemann was mit dieser Waffe zu tun hat? Oder mit Harry Jumperz? Dem hat hier sein letztes Stündlein geschlagen.« Sören nickte zu der Leichtbauhalle hinüber.
»Aber er wurde nicht erschossen«, entgegnete Erik mit leichtem Tadel in der Stimme. »Nun werfen Sie nicht alles durcheinander, Sören.«
»Wir wissen immer noch nicht, ob unsere beiden Fälle was miteinander zu tun haben. Und nun haben wir sogar einen dritten Fall!«
Erik berührte seinen Arm. »Wenn Busso Heinemann aufgewacht ist, kann er uns vielleicht sagen, wer ihn überfallen hat. Und um Harry Jumperzâ Tod können wir uns jetzt intensiv kümmern. Den Fall Max Triebel halte ich für gelöst.«
»Was wird die Staatsanwältin dazu sagen?«, fragte Sören. »Eidam-TV wird in die Schlagzeilen kommen.«
»Das ist nicht unser Problem!«
Ein paar Augenblicke standen sie schweigend da. Erik betrachtete die Halle genau, ihre Konturen, Türen und Fenster, das hölzerne Band, das um die Halle herumlief. Ihm war, als hätte es dort eine Bewegung gegeben. Und ein Geräusch? Er lauschte, starrte die
Weitere Kostenlose Bücher