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Inselzirkus

Titel: Inselzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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sich der Spalt auftat, durch den das Gelände des Inselzirkus zu betreten war, ohne dass die Alarmanlage anschlug. In ihrem Rücken wurden die Stimmen der Sanitäter lauter, Licht flammte auf, das sie jedoch nicht erreichte. Vorsichtig bahnte sie sich einen Weg, dann stand sie am Rande des Platzes, der schwach beleuchtet war. Nur im Bürowagen brannte ein kleines Licht, das würde der Wachmann bei seiner nächsten Runde löschen. In allen anderen Wagen war es dunkel und still.
    Sie drängte sich in den Schatten der Halle, dann schlich sie bis zur Ecke und spähte zur Tür. Sie war geschlossen. Nun wurde sie unsicher. Hatte sie sich geirrt? Hatte der Wind etwas bewegt, was diesen metallischen Klang erzeugt hatte? Doch dann sah sie den Schatten einer Person, die sich auf der anderen Seite der Halle verbarg. Er bewegte sich vor und zurück, dann war er verschwunden.
    Sie hörte den Notarzt Anweisungen geben, hektische Betriebsamkeit machte nun alles möglich, was heimlich und unbemerkt geschehen sollte. Der Schatten auf der anderen Seite der Halle wuchs heran, Mamma Carlotta zog sich erschrocken zurück. Sie hörte Schritte, wagte aber nicht, um die Ecke zu sehen.
    Nun wieder ein Wagen, Bremsen, das Schlagen von Autotüren, kurz darauf Eriks Stimme. Ob sie doch zurückgehen und ihm verraten sollte, was geschehen war? Erik hatte die Macht und die Möglichkeit, das gesamte Gelände absuchen zu lassen. Dann würde sie schnell zu finden sein, Beate, Kristin oder Heidi. Warum war Busso niedergestochen worden? Hatte er die Augen geöffnet, obwohl sie ihn dringend davor gewarnt hatten?
    Fietje hatte es ihm mehrmals eingeschärft: »Wenn die Täterin merkt, dass du sie erkannt hast, bist du in Gefahr!«
    Aber wie sollte sie Erik zur Hilfe holen, ohne ihm vom Club der Bösen Hühner zu erzählen? Nein, nur das nicht!
    Sie hörte, wie Erik mit Vetterich telefonierte. Bussos Schlafplatz wurde plötzlich in grelles Licht getaucht. Die Helligkeit zog bis zu der Stelle, an der sie stand. Vorsichtig bewegte sie sich aus diesem Schein heraus und stand nun wieder an der Ecke der Halle. Sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, das leise klagende Geräusch der Scharniere. Nun traute sie sich einen weiteren Meter vor und spähte um die Ecke. Die Tür war noch geöffnet. Langsam, sehr langsam schwang sie zu.
    Drei, vier Schritte auf Zehenspitzen, und es gelang ihr tatsächlich, im allerletzten Augenblick das Zuschnappen der Tür zu verhindern. Schwer atmend setzte sie einen Fuß in die Türöffnung und wartete. Waren ihre Schritte zu laut gewesen? Stand in dem Flur hinter der Tür Heidi, Beate oder Kristin mit einem Messer in der Hand und wartete darauf, dass sie auftauchte?
    Aber alles blieb ruhig. Das schwache Tasten und Rascheln schien weit entfernt zu sein. Offenbar kam es aus der Kantine. Behutsam öffnete sie die Tür so weit, dass sie sich hindurchdrängen konnte. Um das verräterische Zuschnappen des Schlosses zu verhindern, zog sie den Schal vom Hals, faltete ihn mehrfach und legte ihn in den Türfalz. Es funktionierte! Sie blieb ein paar Zentimeter geöffnet. So würde sie genauso geräuschlos wieder gehen können, wie sie gekommen war.
    Kurz darauf schlich sie von Kulisse zu Kulisse, nirgendwo ein Mensch. Aus der Kantine drang nun auch kein Geräusch mehr. Mamma Carlotta wurde unruhig. Es wäre ihr lieber gewesen, wenigstens zu ahnen, wo die andere sich befand.
    So leise wie möglich zog sie sich in die Kulisse zurück, die das Sprechzimmer des Arztes darstellte. Sie ließ sich auf der Untersuchungsliege nieder, weil sie das Gefühl hatte, sich in einer bequemen Körperhaltung besser konzentrieren zu können.
    Wie erstarrt blieb sie sitzen, als ihr klar wurde, dass die Liege geknarrt hatte. Ganz leise nur, aber viel zu laut für diese Stille. Die Angst schoss ihr durch den Körper. Hoch aufgerichtet saß sie da, stocksteif, unfähig, sich unter dieser Angst zu ducken, wie sie es gern getan hätte. Wie gepfählt war sie von ihrer Angst.
    Und dann hörte sie die Tür zuschnappen. Jemand hatte ihren Schal entdeckt und ihn entfernt. Was würde geschehen? Wie sollte sie wieder hinauskommen? Wohin fliehen? In den Gang oder in die Kantine? Da die Eingangstür gerade ins Schloss gefallen war, würde die Gefahr wohl noch auf dem Flur lauern. Also war es besser, durch die Kantine den Weg nach

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