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Inside Aldi & Co.

Inside Aldi & Co.

Titel: Inside Aldi & Co. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Straub
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Personaleinsatzplanung» vom 7 . Januar 2013 regelt beispielsweise, dass der wöchentliche Arbeitsplan erst bis Donnerstag 8 .00  Uhr der Vorwoche an die Zentrale nach Wolfsburg gemeldet werden soll. Folglich müssen sich die Verkäuferinnen ständig die gesamte Woche freihalten und können Termine oder private Verabredungen nur kurzfristig planen. Darunter leiden, trotz der formal niedrigen Stundenzahl, Partnerschaften und Freundschaften. Das Personal ist vielfach in Teilzeit beschäftigt, muss aber immer verfügbar sein. «Ich habe kaum noch Zeit für meinen Mann und meine Kinder, kann kaum noch abschalten», klagt eine weitere Insiderin.
    Mitarbeiter des Fachdiscounters müssen zusätzliche Stunden arbeiten, weil die Personaldecke dünn ist. Aber die sogenannten Mehrarbeiten werden häufig nicht ausbezahlt. Laut internen Richtlinien sind «geleistete Überstunden» zwar «zu dokumentieren», aber «unter Berücksichtigung betrieblicher Belange ‹abzufeiern›». Das bedeutet in der Praxis prall gefüllte Überstundenkonten. Damit gewähren viele Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber unfreiwillig einen unverzinslichen Kredit. Über alle knapp 10 000  Fressnapf-Mitarbeiter gerechnet, dürfte so eine erkleckliche Summe zusammenkommen, mit der die kleinen Angestellten das Wachstum der Kette mitfinanzieren.
    Die Fressnapf-Filialleiter werden, ähnlich wie bei Aldi, über einen sogenannten «Produktivitätsfaktor» gesteuert. Auszubildende, laut «Leitfaden Personaleinsatzplanung» unabhängig davon ob, «eigen/Bildungsträger», werden mit 50  Prozent der Stunden berücksichtigt, Praktikanten gar nicht. So ist für lokale Führungskräfte ein Anreiz geschaffen, möglichst viele von diesen billigen, den «Produktivitätsfaktor» erhöhenden Kräften zu beschäftigen.
    Doch all dies macht den Fressnapf noch nicht voll. Ab Januar 2013 hatten Teilzeitkräfte wie Frau Müller eine weitere Änderung hinzunehmen. Internen Unterlagen zufolge «muss» bei einer Arbeitszeit zwischen vier und sechs Stunden «eine halbe Stunde Pause gewährt» werden, bei einer Arbeitszeit über sechs Stunden sogar eine ganze Stunde. Die Arbeitszeitordnung sieht derweil erst bei mehr als sechs Stunden 30  Minuten Pause und bei mehr als 9  Stunden 45  Minuten Pause vor. Mehr Pause zu «gewähren» als gesetzlich vorgeschrieben, muss also einen Vorteil für Fressnapf bringen. Ein Abweichen von der «großzügigen» Fressnapf-Regelung dürfe nur in Ausnahmefällen und nach Absprache mit dem Bezirksleiter erfolgen, regelt dann auch das interne Papier. Dabei wird der Rahmen gleich eingeschränkt: «In Absprache mit dem Bezirksleiter kann bei einer Arbeitszeit bis 5  Stunden auf eine Pause verzichtet werden.»
    Das Problem: Verkäuferinnen wie Frau Müller machen de facto gar keine Pause. «Mir fehlen durch diese Regelung in der Woche 2 , 5  Stunden. Das macht im Monat 10  Stunden. Bei 7 , 50  Euro sind das nach Adam Riese 75  Euro weniger», beklagt sie. Fressnapf hat dadurch im Januar dieses Jahres Verkäuferinnen wie Frau Müller über die Pausenregelung den Stundenlohn gekürzt. Sie muss jetzt für 520  Euro netto noch einmal 10  Stunden mehr im Monat für den «geilsten Fachmarkt der Welt» arbeiten.
    Normalerweise lasse sie sich nichts bieten, sagt Frau Müller. Aber sie hat Angst um ihren Job. In ihrem Alter und in der strukturschwachen Region, in der sie lebe, finde sie möglicherweise gar keinen mehr, fürchtet sie. Einen Betriebsrat, an den sie sich wenden könnte, gibt es selbstredend nicht. Müller fühlt sich ausgeliefert, sieht keinen Ausweg.
    Für den Menschen ist zwischen Hundewurst-Sparpaketen und Katzenstreu in der Vorteilspackung offenbar wenig Platz. Aber Fressnapf liebt ja auch hauptsächlich Tiere.

[zur Inhaltsübersicht]
    «So wenig Geld für so einen krass guten Job»
    Zeitarbeit und Werkverträge
    Raphael S. aus Köln berichtet mir im Frühjahr 2013 : «Im Juni 2009 beendete ich erfolgreich meine Ausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation und Englischer Fremdsprachenkorrespondent bei der Deutschen Telekom mit einem Azubi-Gehalt in Höhe von zuletzt durchschnittlich 900  EuroȀ/Monat brutto. Da ich nicht zu den besten zehn Prozent meines Jahrgangs gehörte, die eine direkte Übernahme bereits sicher in der Tasche hatten, waren meine Chancen auf eine solche eher gering. Zumal es der Abteilung, in der ich zuletzt als Azubi eingesetzt war, organisatorisch nicht mehr möglich war, rechtzeitig eine Stelle für mich

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