Inside Aldi & Co.
Vorgesetzten gab, sich das schlechteste Ergebnis ergibt.» Oft tauchen relativierende Begriffe wie «insgesamt», «öfter», «häufig», «genügend» oder «überwiegend» auf. Infolgedessen werden die wenigsten ihr Kreuz in der schlechtesten Kategorie gesetzt haben.
Einige der Aussagen sind schon deshalb interessant, weil sie Aldi offenbar für nötig hielt. Aussage 61 zum Beispiel lautet: «Ich habe keine Angst, meinen Arbeitsplatz bei Aldi Süd zu verlieren.» Und Aussage 66 : «Ich habe Sorgen, dass mich mein Arbeitgeber unerlaubt überwacht oder ausforscht.»
Und als wenn solche Erkundigungen noch nicht problematisch genug wären, gibt es dann noch einen Block zu den Themen Diskriminierung und Mobbing, in dem nur «ja» oder «nein» angekreuzt werden kann. Frage 72 beispielsweise lautet: «Wurden Sie bei Aldi Süd in den letzten zwölf Monaten gemobbt?». Auf Frage 73 «Wurden Sie in den letzten zwölf Monaten bei Aldi Süd sexuell belästigt?» folgt noch eine Detailliste zum Ankreuzen der Art und Weise der Belästigung: «Bitte markieren Sie alles Zutreffende».
Natürlich verschweigen die großen, zusammenfassenden Zahlen, dass die Ergebnisse im Detail mitnichten immer berauschend waren. So beteiligten sich im Bereich eines Aldi-Zentrallagers von rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerade mal 29 . Und die hatten nicht unbedingt Bestnoten für ihren Arbeitgeber parat. Viele der übrigen 150 Mitarbeiter hatten entweder gar keinen Fragebogen erhalten oder aber die Befürchtung, dass die Umfrage nicht ganz so anonym ist, wie Aldi das immer wieder beteuerte.
Offenbar nicht völlig ohne Grund, wie das folgende Kapitel zeigt. Zumindest eine Mitarbeiterin weiß noch Näheres darüber, wie anonym solche Umfragen bei Aldi sind, wenn das Ergebnis, wie von den Aldi-Anwälten ausgeführt, «gänzlich unerwartet» schlecht ausfällt.
Wie intern mit kritischen Stimmen umgegangen wird, zeigt ein anderer Zeitungsartikel. In einem Gespräch mit der
Lebensmittelzeitung
am 1 . Juni 2012 erklärte ein hochrangiger Aldi-Manager: «Da hat einer, der es nicht geschafft hat, ein Buch geschrieben. Die vielen anderen, die es schaffen, schreiben keine Bücher.» Beim Umsatz habe man nichts gespürt, aber manche Mitarbeiter seien sauer. Die Kritik pralle nicht spurlos am Discounter ab. Arbeitsrechtliche Schritte wie Abmahnungen würden nach den Buchstaben des Gesetzes ausgeführt, endeten manchmal in der Auflösung des Verhältnisses. «Leider wird schon das heute Mobbing genannt», zitiert die
Lebensmittelzeitung
einen, der «schon oben ist in der Hierarchie». Dennoch sei man in Sorge um das Image und darüber, dass die schlechte Stimmung gute Bewerber abhalten könnte.
Danach startete Aldi eine großangelegte Image-Kampagne mit dem Claim «Weniger Vorurteile, mehr Vorteile». In Stellenanzeigen heißt es seitdem in Anspielung auf den Buchtitel «Einfach billig» daher: «Einfach erfolgreich». Ein teurer Werbefilm wurde produziert und eine Hochglanzbroschüre, die das ramponierte Image wieder aufpolieren sollte, erstellt. «Warum Sie sich Ihr eigenes Bild von Aldi Süd machen sollten», lautet die Überschrift der Broschüre. Sie beginnt mit den Worten: «Seien wir ehrlich.» Es folgen luftige Aussagen und schöne Versprechungen.
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Festgebunden und angeschwärzt
Was Auszubildende in einem Aldi-Zentrallager erdulden mussten
«Danach wurde zur Tat geschritten – die Kneiptafel wurde für die Fuxenbrandung vorbereitet. Teelichter wurden aufgestellt und Korken wurden verteilt. Jeder Kneipant nahm zumindest einen Korken und schwärzte ihn über dem Teelicht. Dann begann der langsame Marsch durch die Reihe der rechts und links angetretenen ‹Anschwärzer›. Im Schlepptau den Brandfuxen, der rücklings auf einem Stuhl sitzend folgen musste. Die Bundesbrüder setzten dem Brandfuxen den einen oder anderen ‹Strich› ins Gesicht, wobei wohl einmal auch ein noch glühender Korken seinen ‹Weg› gefunden zu haben schien. Der Brandfux ‹schimpfte› kurz – aber ein echter Chamave kennt keinen Schmerz! – Stimmt’s?», fragt der gekürzte Bericht einer Burschenschaft über die sogenannte «Fuxenbrandung». Sie ist Voraussetzung, um zur Burschenprüfung zugelassen zu werden und dem elitären Club beitreten zu können.
In einer anderen Verbindung findet sich das häufige Zugehörigkeitsritual im Regelwerk, dem sogenannten Comment, verankert. Begleitet vom Cantus «Was kommt dort von
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