Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
mit einer nachrangigen Gruppe aus vertrauenswürdigen Unterstützern zusammenarbeitete, um Angriffe durchzuführen.
Nach dem Einbruch in die Server von Fox am 19. April saugten die Gruppenmitglieder mehrere Tage lang alle möglichen Daten, von den Anmeldedaten der Nutzer bis zu den Passwörtern der Nachrichtensprecher. Sie hatten ursprünglich keinen Angriff auf Fox geplant, aber nach Entdecken der Schwachstelle bot er sich schon deshalb an, weil die meisten Anons diesen rechtslastigen Sender hassten. In der Masse persönlicher Daten hofften sie auf irgendetwas Lustiges zu stoßen.
Es dauerte Wochen, ehe die IT-Administratoren von Fox den Einbruch bemerkten. Bis dahin hatte das Team stapelweise Daten zum Durchforsten heruntergeladen. Geliefert hatte sie Tflow, der sie von Palladium erhalten hatte. Topiary teilte beiden mit, er werde eine Liste von ungefähr dreihundertfünfzig Fox-Mitarbeitern durchgehen und ihre Namen und Passwörter auf den Sites sozialer Netzwerke wie Twitter und LinkedIn ausprobieren. Diese systematische Vorgehensweise sei zwar langsam, werde aber hoffentlich die paar Unglücklichen zutage fördern, die – wie Aaron Barr – ihre Passwörter mehrfach benutzt hatten. Dann werde er ihre Accounts hacken und für einen weiteren Shitstorm sorgen.
Kaylas Webskript zum automatischen Scannen hatte eine stolze Liste von Schwachstellen erbracht. Zudem stieß Topiary, der fünf Monate zuvor noch gerade einmal elementare Kenntnisse im Hacken gehabt hatte, auf die Transaktionsprotokolle von dreitausendeinhundert Bankautomaten im Vereinigten Königsreich. Gewöhnliche Hackergruppen hätten diese Daten komplett unter Verschluss gehalten, sie für die persönliche Sammlung abgespeichert oder an Spammer verkauft. Aber Topiary, Sabu und Kayla kamen aus der Anonymous-Szene, in der man nicht einfach nur um der Daten willen hackte, sondern um irgendwie gesellschaftlich oder politisch Stellung zu beziehen. Ihr Kick bestand zumindest vorerst darin, dass die Veröffentlichung keinen besonderen Anlass hatte, sondern einfach nur so zum Spaß – für Lulz – erfolgte. Wie bei Anonymous war dies ein Kennzeichen ihrer kleinen und immer enger vernetzten Gruppe. Damit hatten sie auch ein breiteres Spektrum an potenziellen Zielen zum Hacken und Leaken. Aber am wichtigsten war zunächst: Sie brauchten einen Namen.
Die Aufgabe, einen zu finden, fiel Topiary und Tflow zu, die festlegten, dass der Name unbedingt das Wort Lulz enthalten müsse. Sie spielten mit einer Kombinationen verschiedener Wörter und kamen schließlich auf Lulz Leaks. Das erschien passend für ihre Vorgehensweise, sodass Topiary unter diesem Namen am 3. Mai einen Twitter-Account anlegte und einen ersten Tweet veröffentlichte: »Es gibt viel zu tun. Bereitet euch vor.« Als er kurz einen zweiten Tweet absetzen musste, konnte er sich nicht mehr einloggen: Er hatte das Passwort vergessen.
Beide fingen wieder von vorne an. Lulz4ULeaks und Lulz Cannon waren schwer auszusprechen. Lulz Boat, das ihnen zusagte, war auf Twitter schon vergeben. Sie dachten an eine Verballhornung von Backtrace Security: Lulz Security. Topiary schaute, ob @LulzSec als Namen für einen Twitter-Account noch frei war. Er legte den neuen Account an, stellte sicher, dass sein Passwort diesmal nicht verlorenging, und schrieb einen Bio mit der schlichten Mitteilung: »LulzSecurity® der Weltführer in Sachen Qualitätsunterhaltung auf Ihre Kosten.«
Da sie auch ein Bild brauchten, schaute Topiary einen Ordner mit zweitausend sogenannten reaction faces durch. Alle Nutzer von 4chan hatten so einen Ordner, um die Reaktionen auf einem Thread zu illustrieren. Er entschied sich für die Zeichnung eines schnurrbärtigen Mannes mit Monokel und Zylinder, der ein Glas Rotwein in der Hand hielt. Topiary hatte keine Ahnung, woher die Darstellung stammte, und kam nicht auf den Gedanken, dass der Mann mit einem Brillenglas auch ihn darstellen könnte, weil er doch schielte.
Es war Zeit, Anonymous einen Wink zu geben, woran sie arbeiteten. Als die Namen Topiary, Kayla und Sabu nach über zwei Monaten plötzlich wieder in einem wichtigen Chatroom von AnonOps auftauchten, konnte man die Aufregung geradezu mit Händen greifen. »Man weiß, dass die Kacke bald am Dampfen ist, wenn sich die HBGary-Hacker melden«, sagte jemand. »Sind das die Sabu/Topiary/Kayla?«, fragte jemand anders.
Als Topiary und Kayla erfuhren, dass die Anonymous-Unterstützer damals unbedingt einen Angriff auf die
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