Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
veröffentlichte ein weiteres Dokument mit Transaktionsdaten zu britischen Geldautomaten. Auch wenn es eher harmlos war, demonstrierte es doch, dass sie an solche Daten herankamen. Die Veröffentlichung verlinkte er mit einem YouTube-Video mit der Titelmelodie der TV-Serie Love Boat und postete dazu einen eigenen Text mit dem Ende: »Ja LULZ! Willkommen an Bord: das ist LULZ!«
Nach ein paar Tagen stammten die meisten der zweihundertfünfzig Twitter-Followers von @LulzSec aus der Community von Anonymous. Die Leute hatten erfahren, dass etwas im Gang war, und wollten die Sache weiterverfolgen. Nur ganz wenige außerhalb der wenigen Stammgäste der IRC-Kanäle von Anonymous hatten eine Ahnung, dass es dieselben Hacker waren, die HBGary angegriffen und wegen Laurelais gedankenloser Weitergabe des #HQ-Logs in Bedrängnis geraten waren.
Dann fiel Topiary auf, dass der Twitterfeed von LulzSec einen neuen Follower hatte: Aaron Barr. Er spürte unwillkürlich eine Erregung und setzte sofort Barr über Twitter zu. »Jetzt folgt uns der legendäre Aaron Barr … Wir haben erfahren, dass er eine klasse Zeit mit #Anonymous hatte, tatsächlich so klasse, dass er seinen Job an den Nagel gehängt hat. #Autsch. Jetzt passen wir aber besser auf«, fügte er hinzu. »Aaron Barr gleicht die Zeiten, wenn wir twittern, mit den einzelnen Logins unseres Facebook-Accounts ab.« Dann: »Wir folgen 0 Leuten. Wenn wir einer Person folgen, heißt das dann, dass sich die E-Detectives auf sie stürzen? Sollen wir Aaron Barr folgen? … Okay, dann folgen wir jetzt Aaron Barr. Er ist unser Anführer. Er hat die Datenbank von Fox gestohlen, er hat über 3000 Geldautomaten in Gefahr gebracht. Moment … Scheiße.«
Topiary dachte kurz darüber nach, wie diese ganze Aufmerksamkeit auf Barr wirken könnte: Jedem, der von dem HBGary-Angriff wusste, musste klar sein, dass dieselben Hacker jetzt als LulzSec auftraten. Aber er schob die Bedenken beiseite und ließ es an dieser Stelle heraus: »Hey, E-Detectives: Wir haben uns sehr für Mr. Barr interessiert, folglich müssen wir die Hacker von HBGary sein. Richtig? Natürlich.«
Die nächsten paar Wochen verbrachte die Gruppe damit, die Daten durchzugehen, über die sie bereits verfügte, um den nächsten Coup zu planen. Topiary, Sabu und Kayla besaßen jetzt eine Handvoll potenzieller Hinweise, mit denen sie arbeiten konnten. Im Hinterkopf hatten sie noch immer Infragard: Hier konnten sie die Einzelheiten zu ungefähr dreihundert Nutzernamen veröffentlichen und die Homepage defacen.
Derweil veränderte sich Topiarys Beziehung zu Kayla. Aus dem Freund wurde ein Schüler. Da er sich auf ernsthafte Aktivitäten mit LulzSec einlassen würde, bat er sie um Rat zu ihrem Vorgehen, um inkognito zu bleiben. Kayla brachte Topiary bei, wie man einen virtuellen Rechner betrieb, und schlug vor, darauf Linux als Betriebssystem und einen Chat-Client namens X-chat laufen zu lassen. Dann speicherte er seine Betriebssysteme auf einer MicroSD-Karte in seinem passwortgeschützten MP3-Player ab: eine SanDisk MicroSD mit 32 GB in einem SanDisk MP3-Player mit 8 GB in einem passwortgeschützten Laufwerk. Zum Öffnen waren jetzt ein Passwort und mehrere Schlüsseldateien notwendig, die aus fünf von mehreren Tausend MP3-Songs auf seinem Player bestanden. Dieses ganze Vorgehen hatte ihm Kayla beigebracht.
Trotz ihres intensiven Austauschs stand er bei Kayla noch immer vor einem Rätsel. Sie machte in den meisten Nächten gegen 4 oder 5 Uhr britischer Zeit Schluss, wahrscheinlich weil sie dann zu Bett ging. Sie hatte Topiary gegenüber behauptet, dass sie weder in den USA noch im Vereinigten Königreich wohne. Aber in Unterhaltungen erwähnte sie oft Dinge wie Lemsip, ein Medikament gegen Erkältungen und Grippe, das in britischen Apotheken vertrieben wurde, oder Bohnen und Toast, einen besonders britischen Imbiss, den sich mit Vorliebe verschuldete Studenten gönnten.
Als sich Kayla bei anderer Gelegenheit zu einer Unterredung online nach britischer Zeit verabredet hatte, versäumte sie diese und entschuldigte sich damit, dass sie »die Zeitzonen verwechselt habe«. Ebenso legte sie im Mai einen Twitter-Account unter dem Namen @lolspoon an, um die Leute erneut über ihren Aufenthaltsort in die Irre zu führen. Sie twitterte um 14 Uhr britischer Zeit vielleicht scherzhaft: »Bin eben aufgewacht, früher Morgen, XD.«
Topiary hatte auf ihrem Desktop Bildschirminfos mit einer Uhr entdeckt, die 8:41 Uhr GMT –8 Stunden
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