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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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entgangene Anrufe und 2.500 Voicemails.
    Ryan wurde aber schon bald unruhig. Das Herumspielen mit den Anrufern der Hotline genügte ihm nicht; er wollte wieder größere Websites angreifen. Er hatte jetzt eine treue Gefolgschaft und dazu eine Gruppe von Leuten, die es mit den Großen aufnehmen wollten – egal ob unter dem Banner von LulzSec, AntiSec oder Anonymous. Aus eigenem Antrieb startete er sein Botnet, rief einen Großteil seiner Bots auf und setzte sie auf die zentrale Website der Central Intelligence Agency an. Dann drückte er den Abzug.
    Innerhalb weniger Minuten stürzte CIA.gov ab.
    »CIA ist heißgelaufen«, verkündete Ryan auf Skype und startete dann einen Monolog über seine Abneigung gegen die Vereinigten Staaten. Topiary war fassungslos. Er probierte es aus, und tatsächlich – die CIA-Site ließ sich nicht aufrufen. Ihm war etwas unbehaglich zumute. Aber es war zweifellos eine große Sache, die er nicht unkommentiert lassen konnte. Über Twitter verbreitete er beinahe bescheiden: »Tango down – cia.gov – aus Lulz.«
    Die Nachrichtenkanäle von Fernsehen, Presse und Internet sprangen sofort darauf an und brachten Schlagzeilen, LulzSec habe die CIA angegriffen. Einige behaupteten fälschlicherweise, die CIA sei »gehackt« worden. Ganz offensichtlich war LulzSec darauf aus, die Staatsmacht zu provozieren, ja praktisch dazu aufzufordern, die Gruppe festzunehmen.
    Etwa zur gleichen Zeit erschien Aaron Barr auf Twitter und schickte eine neue, öffentliche Nachricht an Greg Hoglund, den Chef von HBGary Inc. »Verdammt schön, dich zu sehen«, schrieb Barr. »Holen wir uns Popcorn. Ich glaube, bald geht die Show los.« Topiary sah die Nachricht ebenfalls; für ihn schien sie aus heiterem Himmel zu kommen. »Hallo, Aaron«, antwortete Hoglund mit dem ersten Tweet seines Lebens, das auch an LulzSec gerichtet war. »Ich habe mir einen Twitter-Account besorgt, weil ich bei dem, was demnächst ablaufen wird, ganz vorne am Ring sitzen wollte.« Topiary begegnete dieser verdeckten Drohung aus einem Bauchgefühl heraus mit Argwohn; immerhin setzte er diesen beiden Kontrahenten praktisch täglich zu. Also antwortete er mit beißendem Spott. »Was soll kibafo33 eigentlich bedeuten?«, fragte er Barr auf Twitter. »Ist das eine türkisch-portugiesische Kombination aus ›dieser‹ und ›Atem‹? Bist du auch noch ein Freimaurer 33. Grades?«
    Außerdem musste Topiary noch an andere, wichtigere Dinge denken. Etwa 500 Kilometer entfernt in London hatte WikiLeaks-Gründer Julian Assange davon gehört, dass LulzSec die CIA-Website lahmgelegt hatte, und lachte sich ins Fäustchen. Für Assange war die simple DDoS-Attacke gegen cia.gov eine willkommene Ablenkung. Seit ihm Anonymous im Dezember zur Seite gesprungen war, hatte er sich monatelang gegen die drohende Auslieferung an die USA und die Anklage wegen Hochverrats aufgrund der Veröffentlichung von Botschaftsdepeschen durch WikiLeaks gewehrt. Die schwedischen Behörden hatten seine Probleme durch eine Anklage wegen versuchter Vergewaltigung noch einmal verdoppelt, weswegen er jetzt auch noch gegen seine Auslieferung nach Schweden kämpfen musste. Inzwischen hielt er sich auf dem Landsitz eines englischen Journalisten auf, trug eine elektronische Fußfessel und hielt sich über die Entwicklungen in der Welt der Internetsicherheit auf dem Laufenden. LulzSec war dabei kaum zu übersehen gewesen. Einerseits kam ihm die Gruppe wie ein Haufen furchtloser Komiker vor. Andererseits musste sie über fähige Hacker verfügen.
    Beeindruckt und möglicherweise ganz automatisch öffnete Assange den Twitter-Account von WikiLeaks und schrieb seinen fast 1 Million Anhängern: »WikiLeaks-Unterstützer, LulzSec, macht die CIA fertig … die eine Ermittlungsgruppe speziell für WikiLeaks eingerichtet hat«, und er fügte an: »Die CIA erfährt jetzt auch einmal, was WTF [what the fuck, was zum Teufel] wirklich bedeutet.«
    Wenig später lief auf einigen Nachrichtenagenturen und Websites die Meldung, WikiLeaks unterstütze LulzSec, und Assange löschte seinen vorigen Tweet. Er wollte nicht in Zusammenhang gebracht werden mit Leuten, die ganz offensichtlich Black-Hat-Hacker waren. Stattdessen wollte er zu dieser kühnen neuen Gruppe, die gerade ins Rampenlicht drängte, lieber heimlich Kontakt aufnehmen. Am 16. Juni, einen Tag nachdem Ryan sein Botnet auf cia.gov losgelassen hatte, trat ein Mitarbeiter von WikiLeaks mit Topiary in Kontakt. »Da ist jemand bei WikiLeaks, der mit

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