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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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und seinen vorangegangenen Attacken gegen die Kommunikationskanäle von LulzSec keinen Sinn, aber so war das eben unter Hackern. Auch nach dem hitzigsten Streit konnte man wieder zusammenkommen, wenn nur jemand einen Gefallen brauchte. Ryan brauchte in diesem Fall ein paar Freunde, und LulzSec hatte Verwendung für Ryans gigantisches Botnet, das Computer über eine manipulierte Facebook-App infizierte. Ryan war in den Kreisen der Untergrundhacker sehr gut vernetzt und außerdem Administrator sowohl von Pastebin, dem Textwerkzeug, über das LulzSec alle seine Leaks veröffentlichte, als auch von Encyclopedia Dramatica. Ryan war wie ein Klassenkamerad, den keiner mochte und trotzdem jeder zum Freund haben wollte, weil er einen nagelneuen Hummer fuhr und ein Haus mit Swimming-Pool besaß. Dabei war Ryan im wirklichen Leben nicht reich, aber online wirkte er so; über Jahre hatte er sich einiges an Aktivposten zusammengespart, von Servern bis zu seinem Botnet. Seine Server unterstützten den Internetauftritt von Encyclopedia Dramatica, und nachdem er in der vorigen Woche wieder Kontakt zu einem Mitglied von LulzSec aufgenommen hatte, wurde auch lulzco.org, das IRC-Netzwerk von LulzSec, von ihm gehostet.
    Als Topiary über IRC wieder Verbindung zu Ryan aufgenommen hatte, wollte er wissen, wie sich die Stimme des neuen Verbündeten anhörte, um ihn besser einschätzen zu können. Die beiden nahmen sich gegenseitig in ihre Skype-Kontaktlisten auf. Ryan hatte einen so starken britischen Akzent, dass er sich schon fast wie ein Australier anhörte. Er redete ungeheuer schnell und prahlte ungeniert mit seinem Botnet, seinen Hacks und dem Geld, das er im Untergrund verdiente; das alles untermalte er mit zahllosen Kraftausdrücken und beschrieb dann in allen Einzelheiten ein Sandwich mit Bauernbrot und Schinken, das ihm seine Mutter einst gemacht hatte.
    Auf Topiary wirkte er im Grunde ziemlich verstört und unsicher, aber er revidierte sein strenges Urteil, als Ryan die Gründe schilderte, warum er Monate zuvor Hunderte von Namen von AnonOps veröffentlicht hatte. Die Netzwerkbetreiber hatten ihm zugesetzt, und dann hatte jemand anderes alle Daten gesammelt und ihm zur Veröffentlichung übergeben. Doch das war nun Schnee von gestern. Oh, fügte er an, und dieses Dox mit vollem Namen, Adresse und Telefonnummer, das ins Netz gestellt worden war, das habe auf gefälschten Informationen beruht, die er vor vier Jahren erzeugt habe. Ryan versicherte Topiary, er habe überall Dokumente mit gefälschten Daten verbreitet, damit die wahren Informationen verborgen blieben.
    Topiary glaubte zu wissen, wann ihn jemand an der Nase herumführte, besonders, wenn es in einer echten Unterhaltung geschah. Ryan hielt er für aufrichtig. Er tat ihm sogar ein bisschen leid. Auf AnonOps hatten viele Ryan vorgeworfen, er sei ein cholerischer Idiot, der alles aufzeichnete und alles und jeden angriff. Er war aber gar nicht wütend; er war nur leidenschaftlich. Er mochte etwas ungehobelt wirken, aber Topiary war der Meinung, dass Ryan hart arbeitete und damit auch etwas bewirkte. Da Sabu weg war, sehnte sich der eher ruhige und gelassene Topiary nach einem begeisterungsfähigen und etwas verrückten Gesprächspartner als Gegenpart.
    Ryan versprach, keine Chats aufzuzeichnen, und willigte ein, LulzSec komplett die Kontrolle über seine Fähigkeit zum Aufzeichnen der Chatlogs zu überlassen. Weiterhin sagte er, das Team könne sein Botnet jederzeit nutzen. In der Vergangenheit hatte er damit den DDoS-Sites der U. S. Air Force Streiche gespielt, dann dort angerufen und sich über sie lustig gemacht. Wenn er wollte, konnte er täglich Hunderte von Dollar verdienen, indem er sein Botnet anderen für schändliche Zwecke wie Erpressung oder Scharmützel zwischen Hackern zur Verfügung stellte. LulzSec sollte es allerdings kostenlos nutzen können. Das wirkte wie rohes Fleisch auf einen heißhungrigen Hund: Mit Ryans Botnet konnte LulzSec praktisch jede Website im Handumdrehen in die Knie zwingen.
    Sabu meldete sich gelegentlich im IRC und bemerkte bei einer solchen Gelegenheit gegenüber Topiary, er sehe es nicht gern, dass Ryan die Gruppe unterstützte. Er meinte, LulzSec gehe zu viele Verbindungen ein. (Ob das tatsächlich der Fall war, ist nicht klar; es fragt sich auch, warum ihn das jetzt, wo er als FBI-Informant arbeitete, überhaupt noch kümmerte.) Topiary wies darauf hin, dass Sabu selbst vertrauenswürdige Mitstreiter zu #pure-elite eingeladen hatte,

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