Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
hohe sechsstellige Summen in der Alpenrepublik anzusparen. Außer, es gäbe Geldquellen, von denen der Fiskus nichts wusste. Und genau die wollten wir im Rahmen einer Durchsuchung finden.
Da wir bei den Durchsuchungen von Büros und Wohnhäusern der beiden Ingenieure bei der ersten Durchsicht vor Ort keine Auffälligkeiten finden konnten, nahmen wir die Unterlagen der beiden Geschäftspartner im großen Umfang in Umzugskisten verpackt mit in unser Büro. Aktionen dieser Art sind eher ungewöhnlich. Normalerweise versuchen Steuerfahnder, vor Ort die wesentlichen von den unwesentlichen Papieren zu trennen. Zum einen haben wir in unseren Diensträumen nicht genug Platz, um nach jeder Durchsuchung kistenweise beschlagnahmtes Material einzulagern, zum anderen will man durch die selektive Mitnahme von Unterlagen bereits während der Durchsuchung eine gewisse Vorarbeit zu den Ermittlungen leisten. Alles andere zieht die Bearbeitung der Fälle nur unnötig in die Länge.
Was wir im Fall der beiden Bauingenieure in den Kartons hatten, ahnten wir erst, als nur wenige Tage nach der Durchsuchung ein renommierter Strafverteidiger in unser Dienstzimmer kam und das Angebot machte, im Namen seiner Mandanten direkt eine Million Mark anzuzahlen. Wir hatten also offenbar einen Hauptgewinn – wir wussten nur noch nicht, wo wir ihn suchen sollten.
Der Fall klärte sich dann jedoch rasch auf und wir mussten gestehen, dass die Herren Ingenieure einen simplen, aber äußerst effektiven Ausweg aus der Steuerpflicht gefunden hatten, der unter anderen Umständen – also ohne den verräterischen Kaffeeduft an der Schweizer Grenze – kaum aufzudecken gewesen wäre.
Da die beiden Unternehmer ihre Aufträge zu gut 90 Prozent aus der öffentlichen Hand bezogen hatten, bestand aus Sicht der örtlichen Finanzbeamten grundsätzlich zu keiner Zeit der Verdacht, die Firma könnte mit Schwarzeinnahmen arbeiten. Dazu waren die Buchhaltungen der Kommunen nicht geeignet. Und doch hatten die zwei Männer einen Weg gefunden, über mehrere Jahre hinweg die Gelder aus öffentlicher Hand am Fiskus vorbeizuleiten: Die Abschlagszahlungen zu Baubeginn, die ein Unternehmen für seine Bauprojekte von den Kommunen erhielt, wurden bis zu diesem Fall, also bis Anfang der 90er-Jahre, häufig per Verrechnungsscheck beglichen. In unserem Fall landeten die Abschlagszahlungen jedoch nicht auf dem offiziellen Firmenkonto, sondern auf einer noch aus Studentenzeiten bestehenden Bankverbindung, die nirgendwo in den Büchern auftauchte. Und von dort wanderte das Geld schließlich unversteuert in die Schweiz.
Zum Ende eines Bauprojektes kam dann die Schlussrechnung. Die ging mit dem Endbetrag abzüglich der Abschlagszahlung an die Kommunen, während in der Firmenbuchhaltung eine frisierte Rechnungsdurchschrift – ohne die von den Kommunen bereits bezahlten Summen – abgelegt wurde. Dem Staat entstand auf diesem Weg innerhalb von fünf Jahren ein Steuerverlust in Höhe von knapp 1,5 Millionen Deutsche Mark, was nach der Meldung durch den Verteidiger der Beschuldigten zu einer Nachzahlung inklusive Zinsen und Zuschlägen in Höhe von 1,7 Millionen Mark führte.
Nachdem die beiden Unternehmer vor einem Landgericht zu Gefängnisstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten sowie zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden waren, verfügten die betroffenen Kommunen, dass fortan keine Rechnungen mehr mit Schecks bezahlt werden durften.
Es dürfte der wohl teuerste Kaffee der Welt gewesen sein, den die beiden hessischen Unternehmer aus der Schweiz nach Deutschland einführen wollten. Das Pfund zu rund 400 000 Mark. Von den Zigaretten gar nicht zu sprechen. Die edelsten Cohiba-Zigarren kamen zu jener Zeit nicht annähernd in diese Preisregionen. Dafür schien die Redewendung »nicht die Bohne« nach diesem Fall eine völlig neue Bedeutung bekommen zu haben …
Rechenkünste
Eine weitaus elegantere Form der Steuerhinterziehung praktizierte über viele Jahre hinweg die Gattin eines Arztes aus Nordhessen. Das Paar war überaus vermögend. Die Praxis des Gatten lief blendend und man besaß – von den Eltern vererbt –mehrere große Wohnhäuser in bester Lage. Während der Ehemann sich um seine Patienten kümmerte, erledigte die Frau die gesamte Buchführung – und bediente sich eines überaus einfachen und jahrelang nicht entdeckten Steuertricks: Die Dame verrechnete sich!
Die Einkünfte aus den zahlreichen Mietwohnungen rechnete diese versierte Hausfrau stets zu ihren
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