Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Großindustrie handelte es sich bei dieser mit Geld erkauften politischen Einflussnahme um die »Pflege der politischen Landschaften«, wie es Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch einmal bezeichnet hat.
Diese politische Landschaftspflege aber war auf Betrug, Steuerhinterziehung und Korruption gebaut und sorgte bei jedem Steuerfahnder, der an diesen Fällen arbeitete, für ein wachsendes Unverständnis gegenüber seinem Dienstherren – dem Staat. Wenn das Finanzamt vom Steuerzahler eine Auskunft erhalten wollte, musste dieser sie auch geben. Als jedoch Jahre nach dem ersten Parteispendenskandal ein Ministerpräsident Roland Koch in Hessen gefragt wurde, woher denn die Mittel für seinen aufwendigen Wahlkampf stammten, wusste er dies nicht zu beantworten. Der Mann konnte sich das einfach nicht erklären. Er versprach »brutalstmögliche« Aufklärung – und das war’s.
Lehren aus der Parteispendenaffäre der 80er-Jahre wurden also nicht gezogen. Es ging weiter – oder hatte womöglich nie aufgehört. Im November 1999 wurde gegen den damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep Haftbefehl wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung erlassen. Ihm wurde vorgeworfen, im Jahr 1991 von dem Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber eine Million Mark als Spende für die CDU erhalten zu haben. Das Geld stammte offenbar von Thyssen und wurde bar auf einem Parkplatz in der Schweiz übergeben.
Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler – der Mann, der später bei Stuttgart 21 den Schlichter gab – erklärte daraufhin, dass die CDU in der Ära Kohl »schwarze Konten« geführt habe, was der Altbundeskanzler kurz vor Weihnachten 1999 sogar bestätigte. Und nicht nur dies: Kohl gestand, 2,1 Millionen Mark illegale Spenden an den Büchern der Partei vorbei angenommen zu haben, verschwieg aber die Namen der Spender. Bis heute. Weil er ihnen sein Ehrenwort gegeben hätte. Und überhaupt, käuflich sei er nicht gewesen – politische Entscheidungen seien von diesen Zahlungen nicht beeinflusst worden.
Es gab zunächst keine Strafandrohung gegen Helmut Kohl, ihm wurde auch keine Beugehaft in Aussicht gestellt, um die Namen der Spender vielleicht doch zu nennen. Den Ehrenvorsitz seiner Partei gab er ab und sein Eintrag in die Geschichtsbücher als Kanzler der Einheit war nicht ganz so glorreich ausgefallen – mehr Konsequenzen hatte er nicht zu befürchten. Das Ermittlungsverfahren gegen Kohl wurde gegen die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 300 000 Mark eingestellt.
Andere Politiker gerieten in den Sog der Ermittlungen: Wolfgang Schäuble, Roland Koch, Manfred Kanther und Max Strauß. Daneben natürlich Schatzmeister Kiep, der zu allem Unheil im Jahr 2001 auch noch vorgab, auf einem seiner Privatkonten eine Million Mark gefunden zu haben, die der CDU gehören würde, und deren Existenz er neun Jahre lang übersehen hätte. In den Zeitungen war bald schon von »Leisler Krull« die Rede. Und so hatte die CDU plötzlich eine weitere Million, die sie nicht haben dürfte und über deren Herkunft auch keine Klarheit herrschte.
Der schwarze Sheriff
Manfred Kanther war Bundesinnenminister und als Hardliner in der Verbrechensbekämpfung bekannt. Gegen den hessischen CDU-Politiker selbst liefen jedoch Ermittlungen, weil während seiner Amtszeit als Generalsekretär der hessischen CDU mehr als 20 Millionen Mark Schwarzgeld auf Schweizer Konten geflossen waren. Vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss konnte er sich an die meisten Vorgänge einfach nicht mehr erinnern. Wäre das auch einem Angeklagten zugestanden worden, der unter seiner Amtszeit als Innenminister vor Gericht gestanden wäre? Kanther wurde zum Opfer »seiner« Gesetze und zu 18 Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße in Höhe von 25 000 Euro verurteilt.
In Hessen erklärte der damalige Landesschatzmeister der CDU, Casimir Prinz Wittgenstein, bei den Parteigeldern handele es sich um »anonyme jüdische Vermächtnisse«, was an Perfidie kaum noch zu übertreffen war und international für Empörung sorgte. Ministerpräsident Roland Koch musste sich daraufhin beim Jüdischen Landesverband von Hessen für diese ungeheuerliche Aussage entschuldigen.
Ich hatte – zum Teil mit Informationen der Steuerfahndung Augsburg – an Vorgängen um diese Geldflüsse ermittelt. Wir waren an Durchsuchungen in CDU-Büros, -Geschäftsstellen und -Privatwohnungen beteiligt, und wieder gab es einen ungeheuerlichen Sumpf, der alles überstieg, was in den Medien berichtet
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