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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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wurde. Es kam zu Selbstanzeigen und Nachmeldungen führender Unionspolitiker, und wir beobachteten mit Erstaunen – oder Entsetzen –, was aus allen Teilen der Republik in dieser Sache noch offengelegt wurde. Und wir mussten uns immer wieder klarmachen: Das ist die Bundesrepublik Deutschland. Das ist die Partei, die dieses Land 16 Jahre lang geführt hat. Das ist, das war unser Dienstherr.
    Diese Geschichte, die ganze Bücher füllen würde, habe ich nie begreifen können. Warum das Ganze? War das die Macht, oder war es das, was die Macht aus Menschen gemacht hatte? Sollten nicht die Volksvertreter dem Volk als Vorbild dienen? Kann man vom Bürger Ehrlichkeit verlangen, wenn die politische Führung nicht vermag, ehrlich zu sein? Und kann man schließlich von den Staatsdienern erwarten, dass sie Bürger für ihre Vergehen belangen, wenn die Legislative, also die gesetzgebende Gewalt, über Jahrzehnte hinweg nicht nur gegen bestehende Gesetze, sondern auch gegen Anstand und Moral verstößt? Gibt es auf diese Fragen überhaupt Antworten?
    Vielleicht klärt eines Tages jemand auf, was aus der Million geworden ist, die Ex-Schatzmeister Kiep auf seinem Konto gefunden und an die CDU zurücküberwiesen hat. Als ehemaliger Steuerfahnder wüsste ich zu gerne, wo die Million heute liegt. Ob sie vielleicht – als kleine Entschuldigung – beispielsweise in die Pflege jüdischer Gräber geflossen ist? Oder noch immer auf einem CDU-Konto liegt? Und: Wurden das Geld und die Zinserträge auch versteuert? Ich würde es mir in unser aller Sinne wünschen …

Bankgeheimnis – Deutsche Kreditinstitute im Visier
    Blöd gefragt
    Am Ende war es mehr als eine Milliarde Mark. Eine Zahl mit neun Nullen. So viel brachte die wohl größte Aktion der vergangenen Jahrzehnte gegen bundesdeutsche Steuerhinterzieher ein. 1 235 750 603,56 Mark haben die Ermittlungen der Steuerfahndung Frankfurt/Main gegen die Commerzbank und deren Kunden bis zum Jahr 2003 dem Staat zurückgeführt. Eine unvorstellbare Summe. Besonders, weil im Grunde alles mit einem blöden Zufall begonnen hatte.
    1993 wurde in Deutschland durch den damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel eine Kapitalertragssteuer, auch als Zinsabschlagsteuer bekannt, eingeführt. Zinsen von Vermögen, das in Banken angelegt war, musste fortan zunächst zu einem Satz von 15 Prozent versteuert werden. In der Folge dieser Gesetzesänderung setzte in Deutschland eine beispiellose Kapitalflucht ein. Zehntausende von Bundesbürgern schafften ihr Vermögen in Länder wie Luxemburg oder die Schweiz, was nach vorsichtigen Schätzungen in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem Vermögensexodus von rund 300 Milliarden Mark führte. Für einen gesetzestreuen Steuerfahnder waren Summen dieser Größenordnung eine Beleidigung.
    Erste Maßnahmen starteten zu jener Zeit in Düsseldorf, als im Jahr 1994 Fahndungskollegen aus Nordrhein-Westfalen eine Filiale der Dresdner Bank durchsuchten. So etwas gab es bis dahin in dem Stil noch nicht. Das Kreditinstitut zog umgehend vor Gericht. Die Durchsuchung einer deutschen Großbank glich schließlich einer Majestätsbeleidigung. Banken genossen bis dahin einen seriösen Ruf und galten insbesondere durch das sogenannte Bankgeheimnis als unangreifbar. Bankvorstände und -direktoren galten zu jener Zeit – und im Grunde noch bis zum Finanzcrash im Jahr 2007 – als honorige Bürger der Gesellschaft, angesehen, hofiert und mit allem gebührendem Respekt zu behandeln. Was also hatten »biedere« Fahnder der Finanzbehörde in einer anständigen deutschen Großbank zu suchen?
    Das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe schmetterte die Klage des Bankhauses damals ab. In den Urteilen vom 23. März 1994 und vom 13. Dezember 1994 stimmte das BVG der Durchsuchung ausdrücklich zu und erklärte, dass bei einem »Anfangsverdacht« die Durchsuchung wie »bei jeder anderen Person« berechtigt war und das Ausmaß der Beschlagnahmeaktion (40 000 Blatt Papier) nicht zu kritisieren sei. – Man muss dazu sagen, dass verschiedene Bankmitarbeiter zu jener Zeit bei den verdunkelten Geldtransfers ins Ausland mitunter die Grenzen des guten Geschmacks verletzt hatten. Als Einzahler wurden bisweilen »Theo Waigel«, »Helmut Kohl« sowie »Schneeweißchen und Rosenrot« angegeben, was beim abendlichen Work-out in Bankkreisen vielleicht zu ein paar Lachern geführt haben mag, die Steuerfahnder jedoch gefährlich herausfordern konnte.
    Die Steuerfahndungsstelle Frankfurt

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