Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
steuerlich voll absetzbar.
Bei Spenden von einer Partei sieht die Rechtslage übrigens anders aus. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die unbegrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit für verfassungswidrig und bestimmte, dass die Namen der Spender öffentlich gemacht werden müssen. Damit wollte man die politische Einflussnahme von Parteien durch Spenden erschweren, aber es gab ja auch Mittel und Wege, diese Hürde zu umgehen.
Steuerfahnder Förster und seine Kollegen fanden heraus, dass über Jahre hinweg mehr als 12 Millionen Mark vom Flick-Konzern an die Steyler Mission gespendet worden waren. Von der einen Million Mark, die der Konzern jährlich an das Kloster spendete, flossen jedoch 800 000 Mark über ein Schweizer Bankkonto direkt wieder an Flick zurück. 100 000 Mark pro Jahr gingen an einen CDU-Bundestagsabgeordneten, der den Deal vermittelt hatte, und 100 000 Mark verblieben als tatsächliche Spende in dem Kloster selbst. Auf diesem Weg kam der Flick-Konzern an sogenanntes freies oder auch anonymes Geld, das in der Folgezeit offenkundig vernünftig angelegt worden war, denn: Die Steuerbefreiung für die US-Investition nach § 6b des Einkommenssteuergesetzes kam zustande und der Flick-Konzern konnte so auf wundersame Weise knapp eine Milliarde Mark an Steuern sparen.
Wg. Spenden
Nur etwa zwei Jahre später konnte der Bonner Steuerfahnder Förster erneut zuschlagen. Nach einer Durchsuchung in der Flick-Zentrale waren die Ermittler auf ein Kassenbuch des Flick-Buchhalters Diehl gestoßen, in dem fein säuberlich die Empfänger der Flick’schen Lobbyarbeit notiert waren: »wg. Franz Josef Strauß: 250 000 Mark«, »wg. Helmut Kohl: 50 000 Mark«, »wg. Walter Scheel: 100 000 Mark«, »wg. Otto Graf Lambsdorff: 30 000 Mark«, »wg. Hans Fridrichs: 30 000 Mark« … – der Parteichef der CDU und spätere Bundeskanzler Kohl, der ehemalige Bundespräsident Scheel, der bayerische Ministerpräsident Strauß und der Bundeswirtschaftsminister Fridrichs sowie sein Nachfolger Lambsdorff – allesamt namhafte Politiker, die da in den Büchern des Flick-Konzerns aufgeführt waren.
Ich arbeitete als junger Fahnder in den Jahren 1982/83 mit dem Ermittlungsteam von Klaus Förster zusammen, da wir von der Steuerfahndungsstelle Frankfurt gelegentlich die Bonner unterstützten. Wir mussten im Zusammenhang mit der »Staatsbürgerlichen Vereinigung« – einem gemeinnützigen Verein, der über die Jahrzehnte mehr als 200 Millionen Mark Spendengelder an die deutschen Parteien weitergeleitet hatte und als »Spendenwaschanlage« galt – die Vorstandsetagen unzähliger Großunternehmen aus dem Frankfurter Raum durchsuchen. Für mich, der ich bis dahin vornehmlich mittelständische Firmen bearbeitet hatte, war dies gleichsam eine Entjungferung. Plötzlich stand ich in den Vorstandsbüros großer Warenhauskonzerne, Banken, Versicherungen oder Chemieunternehmen und suchte dort nach Belegen oder Aktenvermerken, die auf dubiose Spendenpraktiken hinwiesen.
Aus Gründen des Steuer- und Dienstgeheimnisses ist es mir noch immer nicht erlaubt, an dieser Stelle zu tief in die Details zu gehen, ich kann nur sagen: Die Steuerfahnder, die in jenen Jahren in diesem Bereich Ermittlungen durchführten, waren mit jedem neuen Fund im zunehmenden Maße geschockt. Die Akte der Staatsbürgerlichen Vereinigung lag gut bewacht unter Verschluss eines Finanzamtvorstehers in Rheinland-Pfalz, der Heimat von Helmut Kohl, und war für die Steuerfahndung nicht so einfach zugänglich.
Gerade im Zusammenhang mit der Staatsbürgerlichen Vereinigung offenbarten sich perfide Machenschaften, die zu allem Unheil auch noch von der politischen Elite dieses Landes ausgeheckt worden waren. Verdeckte Parteispenden an die von der CDU und Vertretern der deutschen Industrie gegründeten Staatsbürgerlichen Vereinigung konnten auf diesem Weg steuerlich abgesetzt werden. Über diese Umwege war es überdies möglich, die Namen der Parteispender zu verschleiern, was wiederum half, auch die politische Einflussnahme der Spender zu verdecken.
Unfassbare Dinge spielten sich bei Durchsuchungen großer deutscher Unternehmen ab. Nicht selten kam es vor, dass die Hausjuristen der betreffenden Konzerne uns unmissverständlich klarmachten, dass wir gerade im Begriff waren, ein »Abgeordnetenbüro« zu durchsuchen. Deutsche Bundestagsabgeordnete hatten ihre »Arbeitszimmer« in den Etagen deutscher Großunternehmen! Von da an hatte ich besser denn je verstanden, was hinter dem
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