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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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Steuerhinterziehung auch eine Durchsuchung im Hessischen Finanzministerium und in der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main mit Beamten der Steuerfahndungsstelle Frankfurt durchzuführen? Sind Beamte der Steuerfahndung den Mächtigen des Landes zu nahe gekommen, als sie wegen der sogenannten »jüdischen Vermächtnisse« die illegale Parteispenden-Praxis der CDU untersucht hatten?
    Auch in der Politik und in den Medien war man sich darüber nicht im Klaren. Aus diesem Grund versuchte ein Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag der Frage auf den Grund zu gehen, ob die Amtsverfügung 2001/18 möglicherweise aus Kreisen der konservativen Regierung in Auftrag gegeben worden war. Naturgemäß fand der Ausschuss keine Antwort.
    Auf jeden Fall machte sich eine verstörte Verständnislosigkeit in den Gängen des Frankfurter Finanzamtes breit. Was hatte dieses Schreiben zu bedeuten? Welche Konsequenzen hatte die Verfügung im Alltag? Was, wenn die Umsetzung dieser Verfügung nicht mit dem eigenen Gewissen und möglicherweise auch nicht mit bestehenden Gesetzen in Einklang gebracht werden konnte? Was muss, was darf ein deutscher Beamter tun, wenn er zu der Ansicht gelangt, er müsse auf Anweisung juristisch und auch moralisch fragwürdig handeln?
    Was in der Folgezeit geschah, machte aus der Finanzbehörde, der ich mehr als drei Jahrzehnte lang mit gutem und nach bestem Gewissen als Beamter gedient habe, einen Tatort: den Tatort Steuerfahndung. Aus einer einfachen Amtsverfügung entwuchs ein Skandal, der bis heute nicht nur alle Beteiligten nachhaltig aufreibt, sondern auf unabsehbare Zeit noch parlamentarische Untersuchungsausschüsse und deutsche Gerichte beschäftigten wird.
    Friendly Fire
    Das erste Opfer einer dann lange währenden Kampagne der Finanzbehörde Frankfurt gegen unbequeme Steuerfahnder, das heißt gegen eigene Kollegen, war der Sachgebietsleiter eines Bankenteams der Steuerfahndung.
    Im Hessischen Beamtengesetz steht unter § 70 (Pflichten gegenüber Vorgesetzten):
    »Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Er ist verpflichtet, die von ihnen erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen.«
    Gleichzeitig schreibt aber das BeamtStG, das Beamtenstatusgesetz, unter § 36 (Verantwortung für die Rechtmäßigkeit), vor:
    »(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. ...«
    Beamte müssen also zum Mittel der »Remonstration« greifen, der Einwendung gegen eine amtliche Weisung, wenn sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Anordnung haben – und das war in diesem Fall augenfällig.
    Der Sachgebietsleiter eines Bankenteams, Oberregierungsrat Gerhard S. (Name geändert), sah die Gefahr, dass durch die Amtsverfügung 2001/18, von der er erst zwei Wochen nach seinem Urlaub erfahren hatte, dem öffentlichen Haushalt erhebliche Steuernachzahlungsansprüche verloren gehen könnten, weil man gegen eine Vielzahl von Steuersündern nicht mehr adäquat ermitteln konnte. Und, was noch viel schlimmer wog: ORR Gerhard S. befürchtete, dass man den Beamten der Steuerfahndung Frankfurt »Strafvereitelung im Amt« vorwerfen könnte.
    Etwa zwei Wochen nach Inkrafttreten der neuen Verfügung schrieb S. an den Vorsteher des Finanzamtes einen elfseitigen Brief, in dem er in aller Ausführlichkeit seine Bedenken darlegte. In dem Schreiben vom 14. September 2001 heißt es unter anderem:
    »Auf S. 3 der Amtsverfügung werden feste Kriterien für die verbindliche Annahme eines Anfangsverdachts – u. a. Mindesttransferbeträge – vorgegeben, die mit den gesetzlichen Anforderungen nach § 152 StPO ... nicht in Einklang zu bringen sind ...«
    Diese Zeilen fanden wenig Anklang. Der Oberregierungsrat Gerhard S., der nach einem abgeschlossenen Jurastudium und einer Zwischenstation bei der Kriminalpolizei zur Steuerfahndung stieß und dort als Sachgebietsleiter und Koordinator

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