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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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offensichtlich nicht erkannt hatte?»
      Graham zuckte mit den Achseln. «Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Sie war schließlich ziemlich alt und hat wahrscheinlich manchmal wirres Zeug geredet.»
      «Das wird der Wahrheit wohl ziemlich nahe kommen», meinte Banks. «Wahrscheinlich hätte sie sich nicht einmal genau erinnern können, an welchem Tag dieses Gespräch zwischen Ihrem Sohn und Webster stattgefunden hat. Wissen Sie, die Ironie bei dieser Geschichte, Mr. Sharp, ist doch wohl, daß sie den Vorfall vermutlich schon am nächsten Morgen ganz vergessen hätte. Außerdem hatten Sie völlig recht - niemand hätte den Worten einer Frau, die mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart lebte, besonderen Glauben geschenkt. Insofern haben Sie sie für nichts getötet.»
     
    * 4
     
    Der Rest war Routine. Die Aussagen mußten protokolliert und zu den Akten genommen werden, die Anklageschriften waren zu formulieren und die Anhörungstermine festzulegen. Für Banks selbst war die eigentliche Arbeit getan. Alles übrige lag nun bei den Gerichten und den Geschworenen, den «höchst ehrenwerten Zwölf».
      Es erschien ihm glaubhaft, daß der Tod von Alice Madock ein Unfall gewesen war, daß Sharp im Grunde ein gutmütiger Mensch war, den die Umstände dazu getrieben hatten, zu weit zu gehen. Allerdings traf es für viele Verbrechen zu, daß ehrbare Männer plötzlich den falschen Weg einschlugen. Mitunter war es höchst bedauerlich - oder zumindest störend -, daß die Gesellschaft das Prinzip des Bösen, das nach Banks' Auffassung einen Menschen wie Trevor Sharp eindeutig von seinem Vater trennte, nicht mehr wahrzunehmen schien.
      Da nichts Dringendes mehr zu tun war, beschloß er, nach Hause zu gehen und sich ein wenig um Sandra zu kümmern. Sicher gab es auch ein Wiedersehen mit Jenny, weil Sandra sie zweifellos irgendwann zum Essen einladen würde. Aber noch nicht so bald. Es brauchte etwas Zeit, die Wunden zu heilen und neue, trügerische Brücken zu bauen von Mann zu Frau; und es würde leichter sein, wenn man die verwirrenden Einflüsse von außen möglichst gering hielt.
      Vielleicht würde er Sandra ein kleines Geschenk kaufen - diese schlichte Goldkette aus dem Schaufenster von H. Samuels zum Beispiel, die sie bei der letzten Fahrt nach Leeds so bewundert hatte; oder die neue superleichte Kameratasche von Errick's in Oxford. Aber er konnte sie auch ausführen, zu einem Abendessen und einer Show. Nächsten Monat würde die Opera North Gounods Faust aufführen - nein, besser nicht, Sandra machte sich nichts aus Opern. Ein Kinobesuch, ein neuer Film war wahrscheinlich mehr nach ihrem Geschmack.
      Während er durch den anhaltenden Nieselregen nach Hause ging, empfand er die angenehme Erleichterung, das Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit, das ihn nach Abschluß eines Falles regelmäßig überkam und für die Mühen belohnte.
      Vor dem Weggehen hatte er den Walkman mit einer Kassette der schönsten Arien aus La Traviata gefüttert, die er normalerweise für seine Autofahrten reservierte. Er tastete nach den Knöpfen in seiner Tasche, schaltete das Gerät ein und schlenderte die Market Street hinunter, ließ die spitzen Nadeln des kalten Regens genüßlich auf sein Gesicht prasseln und summte die Klänge der Ouverture vor sich hin. Die Touristen strebten zu den Busparkplätzen, die Händler schlossen ihre Läden, enttäuschte Kauflustige rüttelten an bereits herunter gelassenen Gittern - ein Ensemble von Eindrücken und Auftritten wie bei der Eröffnungsszene einer großen Oper. Die Musik setzte an zu dem fröhlichen Trinklied des ersten Akts, und Banks begann, mit beschwingten, fast tänzelnden Schritten, leise mitzusingen.
     
     
    * Mein ganz privates Tal
     
    Als ich beschloß, mich an einer Krimiserie zu versuchen, war die Wahl des Schauplatzes kein Problem. Immerhin war ich in Leeds aufgewachsen, und die Dales waren mir immer vorgekommen wie ein einziger großer Garten, direkt hinter unserem Haus. Außerdem hatte ich das Glück gehabt, daß mein Vater Fotograf war und mich regelmäßig mitnahm auf seine Motivsuche. Auf diese Weise wurde ich schon in sehr jungen Jahren mit der Landschaft vertraut, und bis heute ist es so, daß mir Orte wie York, Ripon, Harrowgate, Richmond und Skipton weit realer erscheinen als meine Heimatstadt Leeds.
      Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß mich die Beschreibung der ländlichen Region vor einige Probleme stellt. Es fängt damit an, daß ich

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