Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
knöpfte seine Jacke wieder zu. «Kannst du das Essen ein bißchen warm halten?»
Sandra nickte.
«Ich kann allerdings nicht sagen, wie lange es dauert.»
«Macht nichts», erklärte sie und lächelte, als er sich mit einem Kuß verabschiedete. «Es ist sowieso nur ein Eintopf. Oh, bevor ich's vergesse - außerdem hat er uns für morgen abend zum Essen eingeladen.»
«Als Trostpflaster vermutlich», meinte Banks und machte sich auf den Weg zur Garage.
* 2
«Eine verdammte Schande ist das, jawohl», verkündete Maurice Ottershaw, die Hände in die Hüften gestemmt, und Banks fragte sich, ob er damit auf den Einbruch anspielte oder auf die Tatsache, daß die Polizei nicht imstande gewesen war, dieses Ärgernis zu verhindern. Ottershaw war ein großer grauhaariger Mann mit sonnenbrauner Urlaubshaut und einem offenbar schwierigen Charakter. Allem Anschein nach war er überzeugt, daß der öffentliche Dienst ausschließlich zu seinem persönlichen Wohl eingerichtet worden war und er demzufolge dessen Angehörige wie private Kammerdiener behandeln durfte. Er schien sich gerade noch zurückhalten zu können, Banks in die Küche zu schicken, um einen Tee zu kochen.
«Das ist leider nichts Ungewöhnliches», erklärte Banks, um den aufgebrachten Hausherrn über die Ferkeleien auf Wand, Teppich und Elektrogeräten hinwegzutrösten. «Es gibt viele Einbrecher, die die ausgeraubten Wohnungen verwüsten.»
«Was geht mich das an, zum Teufel?» ereiferte sich Ottershaw, sogar unter der Bräune noch sichtbar errötend vor Zorn. «Ich will, daß sie gefaßt werden, verdammt, diese Vandalen!»
«Wir werden unser Bestes tun», antwortete Banks geduldig. «Leider haben wir nicht besonders viel Anhaltspunkte.»
Richmond und Hatchley hatten sich bereits bei den Nachbarn umgehört, die entweder aus gewesen waren oder nichts gehört hatten. Fingerabdrücke hatte Manson nicht entdecken können, außer denen des Hausherrn und seiner Putzhilfe, die noch vor kurzem da gewesen war und alle Räume gründlich gereinigt hatte. Der Tag, an dem der Einbruch stattgefunden hatte, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen, aber eingrenzen auf den Zeitraum zwischen Donnerstag - dem Besuch der Reinemachefrau - und der Rückkehr Ottershaws am frühen Samstagmorgen.
«Könnten Sie mir eine Liste der gestohlenen Gegenstände anfertigen?»
«Einhundertzweiundfünfzig Pfund und fünfundsiebzig Pence in bar, um damit mal anzufangen», erklärte Ottershaw.
«Warum haben Sie so viel Bargeld hier herumliegen lassen?»
«Es lag nicht herum, sondern in einer Schachtel in der Schublade. Nichts weiter als eine kleine Handkasse, um den Kaufmann zu bezahlen und so was. Ich habe nur selten Bargeld bei mir, weil ich meistens meine Kreditkarte benutze.»
«Wie ich sehe, sind Sie ein Kunstliebhaber», sagte Banks mit einem Blick auf die großen gerahmten Drucke von Boschs Garten der Lüste und Botticellis Geburt der Venus. Er war keineswegs sicher, ob er selbst mit einem dieser Bilder hätte leben können.
Ottershaw nickte. «Das sind natürlich nur Drucke, aber immerhin gute, Sie verstehen. Ich habe allerdings auch etwas Geld in ein oder zwei Originale investiert.» Er deutete auf eine zerklüftete weiße Leinwand mit gelben und schwarzen Kratzern, die sich quer über das Format zogen wie auf- und absteigende Eisenbahnschienen. «Eine Londoner Künstlerin. Ziemlich bekannt inzwischen, aber damals nicht. Ich hab das Ding für ein Butterbrot gekauft. Hatte wahrscheinlich nichts mehr zu essen, die arme Kleine.»
«Fehlen irgendwelche Bilder?»
Ottershaw schüttelte den Kopf.
«Antiquitäten?» Banks deutete auf die Stehlampe, die Kristallgläser und das Chinaporzellan.
«Nein, alles noch da und heil geblieben, gottlob.»
«Sonst noch was?»
«Etwas Schmuck. Imitationen, aber trotzdem etwa hundert Pfund wert. Meine Frau kann Ihnen die einzelnen Stücke beschreiben. Und dann wäre natürlich das hier, dieses Chaos. Meine Frau rührt diesen Fernseher garantiert nicht mehr an und die Stereoanlage auch nicht. Ich muß alles neu kaufen. Sie haben sogar den guten Remy verschüttet.»
Die letzte Bemerkung erschien Banks unangebracht melodramatisch, aber er ließ sie unkommentiert durchgehen. «Wo ist eigentlich Ihre Frau, Sir?» fragte er.
«Sie ruht. Sie ist sehr sensibel, und diese Geschichte war einfach zu viel für sie - nachdem man uns obendrein auch noch
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