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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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dabeigewesen war, als gehöre er selbstverständlich zu diesen vergangenen Dingen. «Kommen Sie.» Er nahm Banks beim Arm. «Ich werde Ihnen etwas zeigen, bevor Sie noch denken, daß ich ein närrischer alter Mann bin.»
      Banks schaute besorgt auf die eingefallene Trockenmauer und den Haufen Steine, zu dem ihn Gristhorpe geführt hatte.
      «Sie setzen mich immer wieder in Erstaunen, diese Wälle», sagte er. «Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie dem Wind und dem Regen widerstehen oder wie jemand die Geduld haben kann, sie aufzuschichten.»
      Gristhorpe lachte, mit einem vollen, dröhnenden Klang aus tiefstem Innern. «Das ist bestimmt nicht leicht, kann ich Ihnen sagen. Mauern und Walle zu bauen ist überhaupt eine sterbende Kunst, und Sie haben recht, Alan, was die Geduld betrifft. Manchmal geht mir diese Mühsal ganz schön auf die Nerven.» Gristhorpes Stimme war rauh und von einem deutlichen North-Yorkshire-Akzent geprägt, dabei trotzdem kultiviert. Es war die Stimme eines Mannes, der viel gelesen hatte und weit gereist war.
      «Hier», sagte er und trat einen Schritt zur Seite, «wie wär's mit einem Versuch?»
      «Ich? Das kann ich nicht», stotterte Banks. «Ich wüßte nicht mal, wo ich anfangen soll, ich habe nicht die leiseste Ahnung von solchen Sachen.»
      Gristhorpe grinste herausfordernd. «Macht nichts. Das ist genau wie früher mit den Bauklötzen. Nur Mut, versuchen Sie Ihr Glück.»
      Banks trat widerstrebend zu dem Haufen Steine, von dem ihm keiner den Eindruck machte, in die eindrucksvolle Konstruktion zu passen. Schließlich wählte er einige Steine aus, wog sie in der Hand, schaute prüfend auf die Mauer, drehte die Steine um, schaute erneut zur Mauer, entschied sich dann für einen glatten, keilförmigen Brokken und paßte ihn recht sauber ein.
      Gristhorpe blickte mit ausdruckslosem Gesicht auf den Stein und zurück zu Banks. Dann streckte er die Hand aus, griff den Keil, kehrte ihn um und legte ihn wieder an seinen Platz.
      «Da, perfekt», erklärte er. «Wirklich eine verdammt gute Wahl.»
      Banks mußte lachen. «Was war verkehrt an der Art, wie ich ihn eingepaßt habe?» fragte er.
      «Er lag falsch herum, weiter nichts», verriet Gristhorpe. «Das hier ist eine ziemlich einfache Mauer. Sie hätten die Werke meines Großvaters sehen sollen - die reinsten Kathedralen, wirklich. Ein paar davon stehen noch irgendwo. Wie dem auch sei, man fängt damit an, daß man einen Graben aushebt und zwei parallele Reihen von Steinen als Fuß der Mauer aufschichtet. Es müssen große sein, mit möglichst geraden Kanten. Zwischen diesen beiden Reihen schüttet man das sogenannte auf, aus vielen kleinen Bruchstücken wie Kieselsteinen. Sie verbinden sich miteinander unter dem Druck von oben, verstehen Sie? Danach können Sie dann mit dem eigentlichen Bau beginnen, immer in zwei Reihen von den Fußsteinen hoch und nach oben immer enger werdend. Die Lücke wird weiter mit Kieseln gefüllt, wobei man darauf achten muß, daß man sie mit vielen Bruchsteinen zusammendrückt.
      Was nun Ihren Stein da betrifft, so hat er recht gut gepaßt, sich aber ein bißchen nach innen geneigt. Statt dessen muß die Schräge nach außen gehen, weil sonst der Regen nach innen fließt und die Stützkiesel durchtränkt, und wenn das passiert, wird sich die Mauer ausdehnen, sobald der erste Frost kommt.» Zur Demonstration legte er seine Handflächen zusammen und bewegte sie langsam wieder auseinander. «Und dann fällt das ganze verdammte Ding in sich zusammen.»
      «Ich verstehe.» Banks nickte, leicht beschämt, daß ihm so schlichte, einleuchtende Überlegungen nicht selbst gekommen waren. Offensichtlich handelte es sich hier um die berühmte Weisheit der Landbewohner.
      «Eine gute Trockenmauer», fuhr Gristhorpe fort, «hält jedem Wetter stand und sogar den dummen Schafsviechern, die darauf herumkraxeln. Ein paar der Wälle, die Sie hier sehen, stehen schon seit dem achtzehnten Jahrhundert. Natürlich muß man sie hier und da ein wenig ausbessern, aber wer würde das nicht gerne tun?» Er lachte. «Sie und dieses Prachtstück, unsere Jenny ...» fragte er unvermittelt «... ist da irgendwas?»
      Völlig überrascht, aus heiterem Himmel mit dieser Frage überfallen zu werden, schüttelte Banks mit leichtem Erröten den Kopf. «Ich mag sie, sogar sehr. Aber nein, da ist nichts.»
      Gristhorpe nickte befriedigt, plazierte erneut einen Stein und rieb sich vergnügt die

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