Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln

Titel: Inspector Alan Banks 06 Das verschwundene Lächeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
quälen?«
      »Seien Sie nicht albern. Was sollte Melville von dem Kind wollen?«
      »Sagen Sie es mir!«
      »Gar nichts. So einer ist er nicht.«
      »Was für einer?«
      »Er ist keiner, der aufwendige Rituale durchführt, mit Opferungen von Tieren und ...«
      »Kindern?«
      »Hören Sie, ich bestreite nicht, dass es radikale Randgruppen gibt, aber Melville Westman gehört nicht dazu.«
      »Gibt es jemanden in der Gegend, den Sie mit einer radikalen Randgruppe in Verbindung bringen würden?«
      »Nein.«
      »Haben Sie mal von den Manleys gehört? Chris und Connie Manley. Oder von Miss Peterson und Mr Brown?«
      »Nein.«
      »Hat Melville Westman Sie geschickt?«
      »Nein, verdammt noch mal, das hat er nicht. Ich bin aus freien Stücken gekommen, um der Mutter zu helfen«, erklärte Lenora mit zusammengebissenen Zähnen. »Und wie behandeln Sie mich? Ich dachte, die Polizei würde ...«
      »Sie haben anscheinend keine Ahnung von der Arbeit der Polizei, denn sonst hätten Sie Brenda Scupham kaum dazu gebracht, sich im Fernsehen zu äußern.«
      »Das war nicht meine Idee.«
      »Es spielt keine Rolle, wessen Idee es war. Es ist passiert. Und wenn dieses Mädchen tot ist, dann sollten Sie mal darüber nachdenken, was Sie ihrer Mutter angetan haben.«
      Lenora legte ihre Faust auf ihr Herz und sah ihm direkt in die Augen. »Das Kind ist am Leben, Superintendent, davon bin ich überzeugt.«
      Für einen Augenblick war Gristhorpe von der Leidenschaft in ihrer Stimme ergriffen. Trotz all seiner Anschuldigungen hielt sie an ihrer ursprünglichen Geschichte fest. Ohne ihrem Blick auszuweichen, zog er die Stille in die Länge. Er hatte das Gefühl, dass durch ihren Blick etwas auf ihn ausgestrahlt wurde. Was es war, konnte er nicht genau sagen, aber ein leichtes Kribbeln überkam ihn, die Nackenhaare sträubten sich, und er hatte überhaupt keine Ahnung mehr, ob sie in Bezug auf Gemma Recht hatte oder nicht. Er spürte jedoch, dass sie die Wahrheit sagte, die Wahrheit, die sie kannte. Diese verfluchte Frau glaubte wahrhaftig an das, was sie da vorbrachte. Jetzt konnte er verstehen, wie Brenda Scupham überzeugt worden war.
      »Sie sollten wissen«, sagte er langsam, »dass ich alles, was Sie mir erzählt haben, doppelt und dreifach überprüfen werde.« Dann brach er den Blickkontakt ab und schaute auf die nackte Wand. »Gehen Sie jetzt. Na los, gehen Sie, bevor ich es mir anders überlege.« Er schaute ihr nicht einmal hinterher. Er wusste genau, was für eine Art Lächeln er in ihrem Gesicht sehen würde.
     
    * IV
     
    Das Gefängnis in Armley war 1847 von Perkin und Backhouse errichtet worden. Westlich des Stadtzentrums auf einem kleinen Hügel gelegen, sah es mit seinen Mauerkronen und Zinnen aus dunklem, massivem Stein wie ein Bauwerk des Mittelalters aus, erst recht unter dem metallisch grauen Himmel und bei dem Regen, der über den Ort hinwegfegte. Im Vergleich zu diesem Gebäude sah das Schloss von Eastvale regelrecht einladend aus, fand Susan. Als sie sich den Toren des Gefängnisses näherte, stellte sie sich trotz des modernen Anbaus feuchte, mittelalterliche Verliese vor. Die Architekten hätten kein geeigneteres Bauwerk entwerfen können, um die Verbrecher in Angst zu versetzen und den braven Bürgern ein Gefühl der Sicherheit zu geben, dachte sie, während sie mit einer Gänsehaut aus dem Wagen stieg und den Regen wie Stecknadeln auf ihren Wangen spürte.
      Sie wies sich aus und um Punkt halb fünf Uhr an diesem trüben Septembernachmittag öffneten sich ihr die Gefängnistore. Ein uniformierter Wärter führte sie in ein kleines Büro im Verwaltungsblock, wo sie Gerald Mackenzie treffen sollte. Auf dem Weg fragte sie sich, was man wohl für ein Mensch sein musste, um in einem Gefängnis zu arbeiten. Wenn man ständig mit unzufriedenen und aufsässigen Inhaftierten unter einem Dach eingesperrt war, dachte sie, kam man sich vermutlich wie in einer anderen Welt vor. Ebenso wie die Polizei zog der Strafvollzug wahrscheinlich eine ganze Menge Rabauken an. Andererseits übte diese Arbeit auch einen Reiz auf Reformer aus, spekulierte sie, auf Menschen, die an Rehabilitation glaubten. Doch für viele war es bestimmt nur ein Job wie jeder andere, eine Einkommensquelle, um die Miete zu zahlen und Frau und Kinder zu ernähren.
      Mackenzie entpuppte sich als erstaunlich junger Mann mit dünnem braunem Haar; er trug einen braunen Anzug, ein frisch gebügeltes

Weitere Kostenlose Bücher