Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
nicht einfach zu Hause herumzusitzen und Trübsal zu blasen?«
»Ja, versprochen. Ich werde etwas unternehmen.« Er schob seinen Stuhl zurück und lächelte. »Aber jetzt komm. Ich bringe dich nach Hause.«
* DREIZEHN
* I
Das Erste, was er tun musste, stellte Banks im kalten Licht des Mittwochmorgens fest, war, sich ein paar Stunden Zeit zu nehmen und alle Berichte über den Jason-Fox-Fall durchzugehen - besonders jene, die in seiner Abwesenheit entstanden waren. Ihm war klar, dass er über das Wochenende eine Menge verpasst hatte, und er musste einige Dinge wissen, wenn er auf eigene Faust Fortschritte machen wollte. Aber wie konnte er an die Unterlagen kommen? Er glaubte zwar nicht, - dass man ihn aus dem Eastvaler Revier werfen würde, , doch seine Kollegen konnten ihn auch nicht einfach hereinspazieren und mitnehmen lassen, was er wollte.
Weil im Haus kein Krümel Brot mehr zu finden war und er keine Lust hatte, den von Sandra zurückgelassenen Hüttenkäse zu essen, mussten ein Kaffee und Vaughan Williams »Serenade to Music« als Frühstück genügen.
Während er sich von der sinnlichen Musik berieseln ließ, dachte er unwillkürlich an den vergangenen Abend. Als er Pamela bei ihrer Wohnung abgesetzt hatte, hatte er ein wenig gehofft, sie würde ihn auf einen Drink einladen, doch sie hatte ihm nur für das Nachhausebringen gedankt und gesagt, dass sie müde wäre und hoffte, ihn bald wiederzusehen. Er hatte erwidert, dass er sie anrufen würde, und war dann weitergefahren, enttäuscht, dass er nicht das bekommen hatte, was er wahrscheinlich sowieso abgelehnt hätte, selbst wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Dennoch hatte ihm das Treffen mit ihr gut getan. Immerhin hatte sie ihn davon überzeugt, weiter an dem Fall zu arbeiten.
Als die Musik zu Ende war, nahm er das Telefon und rief Sandra in Croydon an. Er hatte schon gestern Abend mit dem Gedanken gespielt, sie anzurufen, doch dann war es ihm zu spät dafür gewesen.
Ihre Mutter nahm ab.
»Alan? Wie geht es dir?«
»Ach, ganz gut, den Umständen entsprechend. Und dir?«
»Ungefähr genauso. Du, äh, was geschehen ist, tut mir wirklich Leid. Willst du mit Sandra sprechen?«
»Bitte.«
»Einen Moment.«
Sie klang verlegen, dachte Banks, während er wartete. Eigentlich kein Wunder. Was sollte sie auch sagen? Ihre Tochter hatte ihren Ehemann verlassen und war nach Hause gekommen, um Ruhe zu finden. Banks war immer gut mit seiner Schwiegermutter ausgekommen, und er rechnete nicht damit, dass sie ihn jetzt für ein Ungeheuer hielt. Aber genauso wenig wollte sie mit ihm am Telefon über seine Gefühle sprechen.
»Alan?«
Es war Sandras Stimme. Sie klang müde. Er spürte, wie die eisige Hand sein Herz drückte. Jetzt, wo er sie am Telefon hatte, wusste er nicht, was er sagen sollte. »Ja. Ich ... äh ... ich wollte nur hören, ob bei dir alles in Ordnung ist.«
»Natürlich ist alles in Ordnung. Du hättest besser nicht angerufen.«
»Aber warum?«
»Warum wohl? Das habe ich dir doch gesagt. Ich brauche Zeit, um mir über ein paar Dinge klar zu werden. So ein Anruf hilft da nicht.«
»Vielleicht hilft er mir.«
»Glaube ich nicht.«
»Ich war am Wochenende in Amsterdam.«
»Du warst wo?«
»In Amsterdam. Es war komisch. Da kamen eine Menge Erinnerungen hoch. Weißt du noch, wie wir ...«
»Alan, warum erzählst du mir das? Ich möchte nicht darüber reden. Bitte. Tu mir das nicht an. Uns.«
»Aber ich...«
»Ich lege jetzt auf.«
»Bitte nicht.«
»Alan, ich komme damit nicht zurecht. Ich lege jetzt auf.«
»Kann ich mit Tracy sprechen?«
Für einen Moment war es still, dann kam Tracy an den Apparat. »Dad, du bist es. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
»Ich bin in Ordnung, Liebling. Deine Mutter ...«
»Sie ist durcheinander, Dad. Ehrlich, ich verstehe auch nicht mehr als du. Ich weiß nur, dass Mama verwirrt ist und sagt, dass sie eine Zeit lang Abstand braucht.«
Banks seufzte. »Ich weiß. Ich hätte nicht anrufen sollen. Sie hat Recht. Sag ihr, dass es mir Leid tut. Und sag ihr, ich ...«
»Ja?«
»Schon gut. Sag mal, weiß Brian eigentlich schon Bescheid? Entschuldige, aber bei mir geht alles drunter und drüber. Außer dich habe ich niemanden angerufen.«
»Dad, du musst dich bei mir nicht entschuldigen. Ich kann mir vorstellen, dass man nicht weiß, was man tun soll,
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