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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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jemand anders in einem anderen Land geträumt.
      Selbst bevor er das Cottage kaufte, als er noch fast jeden Abend in Eastvale auf der Rolle gewesen war, hatte er das Queen's Arms gemieden. Stattdessen hatte er sich moderne, anonyme, in Siedlungen versteckte Pubs gesucht, wo die Stammgäste sich ihres abendlichen Quiz- und Karaokeprogramms erfreuten und der traurigen Gestalt in der Ecke keine Beachtung schenkten, die jedes Mal ein bisschen heftiger gegen den Tisch stieß, wenn sie zum Pinkeln ging.
      Nur einmal wurde er in eine Schlägerei verwickelt - mit einem schmerbäuchigen Großmaul, das glaubte, Banks habe seine Freundin angeglotzt, ein teiggesichtiges Flittchen mit furchtbaren Haaren. Dass Banks sich wegen so einer Frau niemals geprügelt hätte, war egal: Ihr Freund war ganz heiß auf einen Tanz. Glücklicherweise war Banks nicht so besoffen, als dass er die Rauferei-Regeln für Kneipen vergessen hätte: zuerst loslegen, und zwar hart. Während der Typ sich noch verbal ereiferte, schlug ihm Banks in den Magen und riss dann das Knie hoch gegen dessen Nase. Blut, Rotz und Erbrochenes besudelten seine Hose. Es wurde still, keiner versuchte, ihm am Gehen zu hindern.
      Banks hatte schon immer eine gewalttätige Ader gehabt; er wusste das schon, als er mit Jem über Liebe und Frieden sprach. Das war einer der Gründe, warum er sich nie vollständig den Sechzigern hatte verschreiben können, sondern sich nur an deren Rand herumtrieb. Die Musik war klasse, Pot war in Ordnung, die Mädel waren willig, aber die andere Wange hinzuhalten war für'n Arsch.
      Heute hatte er Lust, sich im Queen's Arms aufzuhalten. Cyril, der Wirt, begrüßte ihn wie einen lange verschollenen Freund und verlor kein Wort über seine Abwesenheit und Cyrils Frau Glenys lächelte ihn so scheu an wie sonst auch. Er kaufte ein Pint und bestellte einen mit Roastbeef und Zwiebelsauce gefüllten Yorkshire Pudding. Der Pub war gut besucht: die übliche mittägliche Mischung aus Touristen, Büroangestellten und Verkäuferinnen in der Mittagspause, aber Banks schaffte es, sich einen kleinen Kupfertisch in der hinteren Ecke zwischen dem Kamin und den diamantförmigen Fensterscheiben in Bernstein und Grün zu sichern.
      Er hatte den Schnellhefter mitgenommen, den Sergeant Hatchley ihm eben auf den Schreibtisch gelegt hatte: Auszüge aus dem Zentralarchiv für Geburten, Eheschließungen und Todesfälle. Mit ein wenig Glück würden dadurch eine Reihe von Fragen beantwortet werden. Am Morgen hatte er bereits das Armeearchiv telefonisch zu Matthew Shackle-tons Werdegang befragt. Man sicherte ihm zu, seine Identität zu überprüfen und ihn zurückzurufen. Aus Erfahrung wusste er, dass das Militär nicht mochte, wenn man in seinen Angelegenheiten herumschnupperte, selbst wenn es sich um die Polizei handelte - doch rechnete er in diesem Fall nicht mit großem Ärger, Matthew Shackleton war ja schon lange tot.
      Hatchleys Notizen bestätigten, dass Gloria am 17. September 1921 geboren worden war, wie sie korrekterweise in St. Bartholomew hatte verzeichnen lassen. Anstatt einfach »London« als Geburtsort anzugeben, vermerkte der offizielle Eintrag das London Hospital, Mile End. Mensch, dachte Banks, das war ja tiefstes East End, heutzutage die Schnellstraße zur Kriminalität. Somit war sie mit ziemlicher Sicherheit ein Cockney gewesen, und diesen Akzent musste sie sich mühselig abgewöhnen, wenn man Elizabeth Goodall glauben durfte.
      Ihr Vater war ein Jack Stringer, dessen unleserliche Unterschrift in der Zeile »Unterschrift, Wohnort und nähere Beschreibung des Gewährsmannes« zusammen mit der Adresse von Mile End erschien. Der Name ihrer Mutter war Patricia McPhee. Als Beruf des Vaters war angegeben: »Hafenarbeiter«. Das Formular sah keine Zeile für den Beruf der Mutter vor.
      Als Nächstes hatte Hatchley geprüft, ob Glorias Eltern tatsächlich im Blitzkrieg umgekommen waren, und hatte beider Todesurkunden gefunden, die auf den 15. September 1940 ausgestellt waren und die Adresse in Mile End sowie »Verletzungen durch Bombardierung« als Todesursache anführten.
      Eine Reihe von Schwarzweißbildern erschien vor Banks' innerem Auge: weite Flächen von Geröll und Kratern, beißender, durch die Nachtluft ziehender Rauch, Kinderschreie, an rußgeschwärzten Mauern leckende Flammen, kreischende Bomben und, kurz danach, erschütternde Explosionen, aufgerissene Häuser - in den halben Zimmern erbärmliche Möbelstücke, schief an

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