Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Das ging so weit, dass er kleine Sabotageakte verübte, damit ich Abgabetermine verpasste. Er warf Farben oder Pinsel weg, verlegte ein Bild oder ein Päckchen für den Kurier, löschte absichtlich Bilder von meinem Computer, von meinem Computer, vergass mir einen wichtigen Anruf auszurichten, solche Sachen.«
»Damals wollte er also Kinder haben, erfuhr aber, dass er zeugungsunfähig war, und er wollte in seiner Kanzlei Teilhaber werden, und das klappte auch nicht?«
»Genau. Aber das ist keine Entschuldigung für das, was er mir angetan hat.«
Dr. Simms lächelte. »Stimmt, Margaret. Sehr richtig. Doch es ist eine ziemlich explosive Mischung, finden Sie nicht? Ich will ihn nicht in Schutz nehmen, aber man kann sich vorstellen, unter welchem Druck er gestanden haben muss. Es muss seine Aggressivität ausgelöst haben.«
»Ich konnte es nicht ahnen. Wie sollte ich?«
»Nein, das konnten Sie nicht. Das kann niemand von Ihnen erwarten. Wie Sie eben sagten: Man weiß es erst hinterher, wenn man zurückblickt.« Dr. Simms lehnte sich im Sessel zurück, schlug die Beine übereinander und sah auf die Uhr. »Gut, ich denke, das reicht für heute, ja?«
Jetzt war der Moment gekommen. »Ich habe noch eine Frage«, platzte Maggie heraus. »Aber nicht über mich.«
Dr. Simms hob die Augenbrauen und schaute auf die Armbanduhr.
»Es geht ganz schnell. Ehrlich.«
»Na gut«, sagte Dr. Simms. »Schießen Sie los!«
»Also, es geht um eine Freundin. Eigentlich keine richtige Freundin, weil sie noch jung ist, sie geht noch zur Schule, aber sie besucht mich manchmal, verstehen Sie, wenn sie von der Schule kommt.«
»Und?«
»Sie heißt Claire, Claire Toth. Sie war eine Freundin von Kimberley Myers.«
»Ich weiß, wer Kimberley Myers ist. Ich hab in der Zeitung von ihr gelesen. Und?«
»Die beiden waren Freundinnen. Sie gingen zur selben Schule. Beide kannten Terence Payne. Er war ihr Biolehrer.«
»Aha. Und weiter?«
»Und sie fühlt sich, also, sie fühlt sich für Kimberleys Tod verantwortlich. Sie wollten an dem Abend zusammen nach Hause gehen, aber ein Junge hat Claire zum Tanzen aufgefordert. Sie mochte den Jungen und ...«
»Und die Freundin ist allein nach Hause gegangen. In den Tod gelaufen?«
»Ja«, bestätigte Maggie.
»Sie sagten, Sie wollten mich etwas fragen.«
»Ich habe Claire nicht mehr gesehen, seit sie mir das am Montagnachmittag erzählt hat. Ich mache mir Sorgen um sie. Um ihre Psyche, meine ich. Was kann so was bei einem Mädchen wie Claire anrichten?«
»Da ich das betreffende Mädchen nicht kenne, kann ich das nicht sagen«, erwiderte Dr. Simms. »Das hängt von ihrer inneren Stärke ab, von ihrem Selbstbild, vom familiären Rückhalt, von vielen Dingen. Aber ich habe den Eindruck, dass es sich dabei um zwei separate Probleme handelt.« »Ja?«
»Zum einen die Nähe des Mädchens zum Täter und insbesondere zum Opfer, zum anderen ihr Verantwortungs- oder Schuldgefühl. Was das Erste angeht, kann ich nur ein paar allgemeine Überlegungen anbieten.«
»Bitte!«
»Sagen Sie mir zuerst mal, wie Sie sich deswegen fühlen!«
»Ich?«
»Ja.«
»Ich ... ich weiß es nicht. Ich habe Angst, glaube ich. Bin unsicher. Schließlich war er mein Nachbar. Weiß nicht. Ich hab mich noch nicht so richtig damit auseinander setzen können.«
Dr. Simms nickte. »So geht es Ihrer Freundin wahrscheinlich auch. Im Moment ist sie erst mal durcheinander. Bloß ist sie jünger als Sie und hat wahrscheinlich weniger Abwehrmechanismen. Mit Sicherheit wird sie misstrauischer werden. Immerhin war der Mann ihr Lehrer, eine Respekts- und Autoritätsperson. Gut aussehend, gut gekleidet, mit einem schönen Haus und einer hübschen jungen Frau. Er sah überhaupt nicht wie diese Monster aus, die wir normalerweise mit solchen Verbrechen assoziieren. Außerdem wird sie Angstzustände haben. Sie wird beispielsweise nicht mehr allein nach draußen gehen wollen, wird vielleicht das Gefühl haben, verfolgt oder beobachtet zu werden. Oder ihre Eltern lassen sie nicht mehr vor die Tür. Manchmal übernehmen Eltern in solchen Situationen wieder mehr Verantwortung, besonders wenn sie das Gefühl haben, ihr Kind irgendwie vernachlässigt zu haben.«
»Es könnte also sein, dass ihre Eltern sie zu Hause behalten? Dass die Eltern nicht wollen, dass sie mich besucht?«
»Möglich ist das.«
»Was
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