Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
mit Bestimmtheit erst nach der Obduktion sagen.«
»Anzeichen für sexuellen Missbrauch?«
»Kleine Risse im Vaginal- und Analbereich, ein paar Spermaspuren. Aber das sehen Sie ja selbst. Auch dazu werde ich Ihnen später mehr sagen können.«
»Zeitpunkt des Todes?«
»Vor kurzem. Noch nicht lange. Es gibt noch keine Hypostase, der Rigor hat noch nicht eingesetzt, sie ist noch warm.«
»Wie lange ist es her?«
»Zwei oder drei Stunden, würde ich sagen.«
Banks sah auf die Uhr. Nach drei Uhr also, kurz vor dem Ehestreit, der die Frau auf der anderen Straßenseite zum Telefon hatte greifen lassen. Banks fluchte. Wenn der Anruf nur ein bisschen früher gekommen wäre, einige Minuten oder eine Stunde eher, hätte Kimberley vielleicht gerettet werden können. Andererseits konnte der Zeitablauf interessant sein, weil er Fragen über den Grund des Streits aufwarf. »Woher kommt dieser Ausschlag um den Mund? Von Chloroform?«
»Kann sein. Wurde wahrscheinlich bei der Entführung eingesetzt, vielleicht auch, um sie später ruhig zu stellen. Da hätte es aber auch angenehmere Möglichkeiten gegeben.«
Banks warf einen Blick auf Kimberleys Leiche. »Ich glaube nicht, dass unser Mann sich große Mühe gegeben hat, es dem Mädchen angenehm zu machen, oder, Doktor? Ist Chloroform leicht zu beschaffen?«
»Eigentlich schon. Wird als Lösungsmittel verwendet.«
»Todesursache ist es aber nicht?«
»Würde ich nicht sagen, nein. Das weiß ich mit Sicherheit natürlich erst nach der Öffnung, aber wenn es die Todesursache wäre, müssten wir weitere starke Blasenbildung in der Speiseröhre finden, außerdem wäre die Leber beträchtlich geschädigt.«
»Wann können Sie anfangen?«
»Wenn es auf der Autobahn keine Staus gibt, müsste ich heute Nachmittag mit den Autopsien beginnen können«, erwiderte Dr. Mackenzie. »Wir haben eigentlich ziemlich viel zu tun, aber ... na ja, manches geht halt vor.« Er schaute erst Kimberley, dann Morrisey an. »Er starb offenbar an Blutverlust. Halsschlagader und Halsvene sind durchtrennt. Eine Sauerei, aber es geht schnell. Seine Kollegin hat wohl getan, was sie konnte, aber es war zu spät. Sagen Sie ihr, sie soll sich keine Vorwürfe machen. Sie hatte keine Chance.«
»Danke, Doktor«, sagte Banks. »Nett von Ihnen. Wenn Sie mit Kimberley anfangen könnten ...«
»Sicher.«
Dr. Mackenzie machte sich auf, um alles in die Wege zu leiten. Luke Selkirk und Faye McTavish knipsten und filmten weiter. Schweigend betrachteten Banks und Blackstone die Szenerie. Es war nicht mehr viel zu sehen. Der Anblick würde sich dennoch in ihr Gedächtnis einbrennen.
»Was ist das für eine Tür?« Banks wies auf die Tür hinter der Matratze.
»Keine Ahnung«, sagte Blackstone. »Hab noch nicht nachgeguckt.«
»Dann sehen wir uns das mal an.«
Banks drückte den Griff hinunter. Die schwere Holztür war nicht verschlossen. Langsam schob er sie auf. Sie führte in einen kleineren Raum, dessen Boden aus Erde bestand. Der Gestank hier war noch schlimmer. Banks tastete nach einem Lichtschalter, fand aber keinen. Er schickte Blackstone los, eine Taschenlampe zu holen, und versuchte etwas in dem Licht zu erkennen, das aus dem großen Kellerraum hereinfiel.
Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, glaubte Banks, an einigen Stellen Pilze aus dem Boden wachsen zu sehen.
Dann ging es ihm auf ...
»Oh, Gott«, stöhnte er und sackte gegen die Wand. Vor ihm wuchsen keine Pilze. Es waren Zehen, die aus dem Boden ragten.
Nachdem sie hastig gefrühstückt hatte und wegen ihres Notrufs von zwei Beamten der Kriminalpolizei befragt worden war, wollte Maggie einen Spaziergang machen. Bei der ganzen Aufregung auf der anderen Straßenseite würde sie heute eh nicht viel arbeiten können, auch wenn sie sich vornahm, es später zu versuchen. Im Moment war sie nervös. Sie musste einen klaren Kopf bekommen. Die Polizeibeamten hatten überwiegend sachliche Fragen gestellt. Sie hatte ihnen nichts über Lucy erzählt. Dennoch hatte Maggie das Gefühl, dass zumindest einer von ihnen mit ihren Antworten nicht zufrieden gewesen war. Die würden wiederkommen.
Sie wusste immer noch nicht, was überhaupt geschehen war. Die Polizisten hatten natürlich nichts durchblicken lassen, hatten ihr nicht einmal verraten, wie es Lucy ging. Die Lokalnachrichten im Radio waren auch nicht sehr aussagekräftig. Momentan
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