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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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berichteten sie lediglich, eine Privatperson und ein Polizeibeamter seien am frühen Morgen verletzt worden. Und die Meldung kam auch erst nach dem derzeit aktuellen Aufmacher über Kimberley Myers, dem Mädchen, das am Freitag auf dem Heimweg von einem Tanzabend im Jugendclub verschwunden war.
      Maggie ging die Haustreppe hinunter, vorbei an den Fuchsien, die bald blühen und ihre schweren rosaroten Dolden über den Gartenweg hängen würden. Vor Hausnummer 35 war jetzt mehr los; Nachbarn standen in kleinen Grüppchen auf dem Bürgersteig, der mit einem Seil von der Straße abgesperrt war.
      Ausgerüstet mit Schaufeln, Sieben und Eimern, stiegen Männer in weißen Overalls aus einem Einsatzwagen und eilten durch den Garten zum Haus.
      »Sieh mal an!«, rief ein Nachbar. »Der hat Eimerchen und Schaufel dabei. Will wohl an den Strand!«
      Keiner lachte. Langsam dämmerte allen, dass in The Hill 35 etwas wirklich Abscheuliches passiert sein musste. Ungefähr zehn Meter weiter, hinter einem schmalen Gang, begann die Ladenzeile: ein Pizza-Lieferservice, ein Frisör, ein kleiner Supermarkt, ein Zeitungshändler, eine Fish-and-Chips-Bude. Polizeibeamte diskutierten mit den Inhabern. Sie wollten bestimmt öffnen, vermutete Maggie.
      Polizisten in Zivil saßen auf der Gartenmauer, unterhielten sich und rauchten. Funkgeräte krächzten. Es sah aus wie der Schauplatz einer Katastrophe, eines Eisenbahnunglücks oder Erdbebens. Der Anblick erinnerte Maggie an die Folgen des Erdbebens 1994 in Los Angeles, sie war mit Bill vor ihrer Hochzeit dort gewesen: ein eingestürztes Mietshaus, drei Stockwerke in wenigen Sekunden auf zwei verkürzt, Risse in den Straßen, Abschnitte der Autobahn weggebrochen. Hier waren zwar keine Schäden zu besichtigen, aber der Schauplatz vermittelte dasselbe Gefühl, diese Erschütterung wie nach einem Krieg. Zwar wusste noch niemand, was passiert war, dennoch waren die Menschen niedergeschlagen und machten sich Sorgen um die Auswirkungen. Über der Nachbarschaft lag eine böse Ahnung und das tief empfundene Grauen, dass die Hand Gottes eine zerstörerische Macht hatte walten lassen. Alle wussten, dass vor ihrer Schwelle etwas von großer Tragweite geschehen war. Schon jetzt spürte Maggie, dass das Leben hier nie wieder wie früher sein würde.
      Sie bog nach links und ging The Hill hinunter, unter der Eisenbahnbrücke hindurch. Am Ende der Straße lag ein kleiner, künstlich angelegter Teich zwischen Wohnblöcken und einem Industriegebiet. Nichts Tolles, aber besser als nichts. Dort konnte sie sich immerhin auf eine Bank ans Ufer setzen, Enten füttern und zusehen, wie die Leute mit ihren Hunden spazieren gingen.
      Außerdem war der Teich ungefährlich - eine wichtige Überlegung in diesem Teil der Stadt, wo große alte Häuser wie das von Maggie Schulter an Schulter mit neueren, schlichteren Sozialbauten standen. Einbruchdiebstahl war weit verbreitet, Mord nicht unbekannt, aber hier unten am Teich war man nicht weit entfernt von den zweistöckigen Häusern an der Hauptstraße, und es gingen so viele normale Menschen mit ihren Hunden spazieren, dass Maggie sich nie allein oder bedroht fühlte. Überfälle geschahen am helllichten Tage, das wusste sie, aber hier war sie relativ sicher.
      Es war ein warmer, angenehmer Morgen. Die Sonne schien, doch der frische Wind machte eine leichte Jacke erforderlich. Hin und wieder schob sich eine hohe Wolke vor die Sonne, verdunkelte sie einige Sekunden lang und warf Schatten auf die Wasseroberfläche.
      Enten füttern hatte etwas Beruhigendes, fand Maggie. Fast etwas von Trance. Natürlich nicht für die Enten, die keine Vorstellung davon hatten, was Teilen bedeutete. Warf man ihnen Brot hin, schossen sie darauf zu und balgten sich lautstark darum. Maggie zerkrümelte das trockene Brot und warf es ins Wasser. Dabei rief sie sich ihre erste Begegnung mit Lucy Payne in Erinnerung. Das war erst zwei Monate her.
      Damals - es war ein außergewöhnlich warmer Märztag gewesen - hatte sie in der Stadt nach Zeichenutensilien gesucht, war dann zu Borders auf der Briggate gegangen, um ein paar Bücher zu kaufen, und schließlich zufällig durch das Victoria-Viertel zum Kirkgate-Markt geschlendert. Da war ihr Lucy entgegengekommen. Sie hatten sich schon vorher auf der Straße und beim Einkaufen gesehen und gegrüßt. Aus Schüchternheit - auszugehen und Menschen kennen zu lernen hatte nie zu Maggies Stärken gehört -, aber auch mit Absicht

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