Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
an, als hätte sie allen Grund dazu gehabt«, sagte Banks. »Aber zurück zu Graham. Er hat gedroht zu reden. Ich weiß nicht, warum. Kann reine Gier gewesen sein, vielleicht wollte Mandeville aber auch mehr von ihm als lediglich Fotos. Ich bilde mir gerne ein, dass Graham da eine Grenze zog, aber das werden wir wohl nie erfahren. Es würde erklären, warum er im Urlaub in Blackpool kurz vor seinem Verschwinden so nachdenklich war. Er hat sich den Kopf zerbrochen, was er tun sollte. Jedenfalls wusste Graham, dass er besser nicht zur nächsten Dienststelle ging. Und er hatte das Bild als Beweis, ein Foto, das Rupert Mandeville belastete. Graham war eine Gefahr fürs Geschäft. Eine Gefahr für Mandeville und Fiorino. Deshalb musste er sterben.«
»Und wie soll das gelaufen sein?«
»Donald Bradford wurde beauftragt, Graham aus dem Weg zu räumen. Bradford musste jeden Morgen um acht im Laden sein. Ihm blieben anderthalb Stunden, um Graham zu entführen, zu töten und die Leiche zu verscharren. Es dauert ganz schön lange, so ein tiefes Loch zu graben, daher nehme ich an, dass er alles vorbereitet hatte, die Stelle ausgewählt und ein Loch ausgehoben. Vielleicht hat ihm jemand geholfen, oder ein anderer Handlanger von Fiorino hat die Leiche weggebracht. Egal, solange Harris auf der Lohnliste stand, konnte Bradford sich darauf verlassen, dass niemand sein fehlendes Alibi unter die Lupe nahm.«
»Wollen Sie damit sagen, dass John Harris den Tod des Jungen angeordnet hat, weil -«
»Ich weiß es nicht. Ich glaube es nicht. Ich würde sagen, es waren Fiorino oder Mandeville, aber Harris muss Bescheid gewusst haben, sonst hätte er die Ermittlung ja nicht in die falsche Richtung führen können. In meinen Augen ist er genauso schuldig wie die anderen.«
Shaw schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Nicht John. Nein. Vielleicht hat er nicht immer nach Vorschrift gearbeitet, vielleicht hat er hier und da mal ein Auge zugedrückt, aber Mord? Nein. Ein totes Kind, nein.«
»Sie müssen es akzeptieren«, sagte Banks. »Nur so ergeben die späteren Ereignisse einen Sinn.«
»Was für Ereignisse?«
»Die verpfuschte Ermittlung und die fehlenden Nachweisbücher. Ich weiß nicht, wer sie fortgeschafft hat - Sie, Harris oder Reg Proctor -, aber einer von Ihnen ist es gewesen.«
»Ich war es nicht. Ich habe nur versucht, Inspector Hart davon abzubringen, zu tief in der Vergangenheit zu wühlen.«
»Und Sie haben Wayman auf mich angesetzt.«
»Sie werden mich nicht dazu bringen, das zuzugeben.«
»Ist eh egal«, sagte Banks. »Dann hat Harris sie halt zum Abschied mitgenommen. Kann man verstehen. Er hatte sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, und er wollte nicht, dass die Beweise für alle sichtbar herumlagen, falls Grahams Leiche doch noch irgendwann auftauchen sollte. Reine Absicherung. Versetzen Sie sich in die damalige Zeit zurück. Im Sommer 1965 waren Sie im Dienst. Zusammen mit Reg Praetor mussten Sie die Siedlung befragen. Was haben Sie dabei herausbekommen?«
»Keiner wusste irgendwas.«
»Ich bin mir sicher, dass das nicht stimmt«, sagte Banks. »Mit Sicherheit haben Sie in Ihrem Merkbuch ein-, zweimal Dirty Don erwähnt. Einer meiner Kumpel von früher konnte sich an diesen Namen erinnern. Und ich wette, dass es damals Gerüchte gab, Bradford würde Pornos verkaufen.«
»Gerüchte vielleicht«, sagte Shaw und wich Banks' Blick aus, »aber mehr war das auch nicht.«
»Woher wissen Sie das?«
Shaw sah ihn finster an.
»Eben«, sagte Banks. »Sie wissen das nur, weil Harris es behauptet hat. Vergessen Sie nicht, Sie waren damals ein junger Constable. Sie haben Ihre Vorgesetzten nicht in Frage gestellt. Wenn Sie auf etwas stießen, das in die richtige Richtung wies - Bradford, Fiorino, Mandeville -, dann hat Harris es ignoriert, hat es als bloßes Gerede abgetan, als Sackgasse. Sie haben nur an der Oberfläche gefischt, genau wie er es wollte. Aus dem Grund fehlen auch die Tätigkeitsnachweise. Harris war verantwortlich für die Ermittlung. Er war es, der die Anweisungen gegeben hat. Sie hätten uns verraten, in welche Richtung ermittelt wurde. Grundlage war nämlich die Theorie, es sei ein zufällig vorbeigekommener Kinderschänder gewesen, was durch die Festnahme von Brady und Hindley glaubwürdiger wurde. Aber vor allem hätten uns die Bücher verraten, was nicht untersucht wurde. Und zwar die
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