Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
ist.«
»Das wäre nett.«
»Es war so, wie ich es dem Typen letztens erzählt habe. Wir haben ein bisschen zu viel getrunken, deshalb hat Lauren hier geschlafen.« Vernon klopfte auf das Sofa. »Das ist ganz gemütlich. Jedenfalls sicherer, als noch zu fahren.«
»Vorbildlich«, sagte Annie. Gegenüber Polizeibeamten erklärten die Leute gerne, sie würden nie fahren, wenn sie was getrunken hatten. Als ob es das einzige Vergehen wäre, das für sie in Frage kam. »Wo haben Sie getrunken?«
»Bitte?«
»In welchem Pub?«
»Ach, nein. Wir waren nicht im Pub. Wir haben hier gegessen und dazu einen Wein getrunken.«
»Welche Sorte?«
»Einen einfachen australischen Chardonnay. Gab's bei Sainsbury's im Angebot.«
»Kommt Ihre Schwester oft zu Besuch?«
»Ziemlich oft. Aber was hat das mit dem Rest zu tun? Unser Vater ist krank, und unsere Mutter kommt nicht gut damit zurecht. Wir hatten eine Menge zu bereden.«
»Das denke ich mir. Ich habe von der Alzheimer-Erkrankung gehört. Das tut mir Leid.«
Vernon fiel die Kinnlade hinunter. »Sie wissen Bescheid? Hat Lauren Ihnen das erzählt?«
»Es ist erstaunlich, was man in diesem Beruf so alles erfährt. Egal, ich wollte mich nur vergewissern, dass die Zeitangaben stimmen, für die Akten, Sie wissen schon. Sie würden staunen, wenn Sie wüssten, wie viel Schreibkram wir erledigen müssen.«
Vernon lächelte. »Also, wenn ich mich recht erinnere, kam sie so gegen sechs Uhr. Gegessen haben wir gegen halb acht.«
»Was haben Sie gekocht?«
»Wild in Weißwein. Ein Rezept von Nigella Lawson.«
Für eine Vegetarierin wie Annie klang das nicht besonders verlockend, aber jedem das Seine. »Und dann haben Sie es mit einer ordentlichen Flasche Wein runtergespült?«
»Zwei Flaschen. Deshalb hat Lauren ja hier geschlafen. Und dazu noch ein Grand Marnier.«
»Ein Likör. Da haben Sie ja richtig zugelangt.«
»Wir waren beide ziemlich fertig. Wegen unserem Vater. Als Lauren in den Osterferien kurz zu Hause war, hat er sie nicht mehr erkannt. Ich weiß auch, dass man Probleme nicht mit Alkohol lösen kann, aber wenn man Ärger hat, greift man schon mal zur Flasche.«
»Natürlich«, sagte Annie. »Wann ungefähr sind Sie ins Bett gegangen?«
»Ich? Weiß ich nicht genau. Ist alles ein bisschen verschwommen. Wohl so gegen zwölf Uhr.«
»Und Ihre Schwester?«
»Keine Ahnung, wie lange sie noch aufgeblieben ist.«
»Aber sie war die ganze Nacht hier?«
»Ja, klar.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich bin irgendwann zur Toilette gegangen. Dabei muss man durchs Wohnzimmer. Sie lag auf dem Sofa und schlief.«
»Wann war das?«
»Keine Ahnung. Hab nicht auf die Uhr geguckt. Aber es war dunkel.«
»Aber es wäre möglich, dass sie einige Stunden fort war und zurückgekommen ist, oder?«
»Das hätte ich gehört.«
»Ganz bestimmt? Wenn Sie so viel getrunken haben, haben Sie bestimmt sehr fest geschlafen.«
»Vergessen Sie nicht, dass wir beide viel getrunken hatten.«
»Hat Lauren an dem Abend einen Anruf bekommen?«
»Nein.«
»Wann ist sie nach Hause gefahren?«
»Am nächsten Morgen gegen elf.«
»Das muss aber ein harter Arbeitstag für Sie gewesen sein, nach so viel Alkohol. Oder haben Sie sich freigenommen?«
»Ich bin momentan arbeitslos, falls es Sie interessiert. Und ich kann mit Alkohol umgehen. Ich bin kein Alkoholiker.«
»Natürlich nicht.« Annie dachte kurz nach. »Haben Sie mal Anzeichen dafür gesehen, dass Laurens Beziehung zu Luke über das normale Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausging?«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Hat sie nie liebevoll über ihn gesprochen?«
»Jetzt reicht es mir langsam«, sagte Vernon. »Die Zeitangaben zu vergleichen, ist eine Sache, aber wenn Sie andeuten, meine Schwester hätte eine Affäre mit diesem Jungen gehabt, dann ist Schluss.« Er stand auf. »Hören Sie, ich habe Ihnen gesagt, was Sie wissen wollten. Dann können Sie mich ja jetzt in Ruhe lassen.«
»Ist irgendwas, Mr. Anderson?«
»Nein.«
»Sie wirken ein wenig aufgeregt.«
»Würden Sie sich nicht aufregen, wenn jemand bei Ihnen reinkäme und mit Anschuldigungen um sich schmeißen würde?«
»Was für Anschuldigungen? Ich versuche mich nur zu vergewissern, dass Ihre Schwester Luke Armitage am Abend seines Todes nicht gesehen hat. Verstehen Sie denn
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