Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
Beweisfitzel aus dem Archiv entfernt. Festnahmen gab es bei Ihnen nur bei Einbruch, tätlicher Bedrohung, Betrug und hin und wieder wegen Mordes. Lässt das nicht tief blicken?«
»Warum sollte es, Klugscheißer?«
»Es bedeutet, dass Carlo Fiorino die ganze Zeit unbehelligt sein Unwesen treiben durfte: Prostitution, Begleitagentur, Glücksspiel, Schutzgelderpressung, Pornografie und Drogenhandel. Klar, hin und wieder haben Sie ihn oder einen seiner Handlanger vorgeladen, von wegen Außenwirkung. Aber dreimal dürfen Sie raten! Entweder verschwanden die Beweise, oder die Zeugen zogen ihre Aussage zurück.«
Shaw sagte nichts, sondern trank seinen Whisky.
»Fiorino hat seine Gegner ans Messer geliefert«, fuhr Banks fort. »Er hatte immer Augen und Ohren offen. Er wusste, was gerade lief. Ob es kleine Fische waren oder Konkurrenz für ihn. Das hat beiden Seiten genutzt: Sie standen fein da, und er konnte ungestört seine Geschäfte abwickeln. Zum Beispiel die Gespielen besorgen, die Rupert Mandeville für seine Partys brauchte, männlich wie weiblich.«
Shaw knallte das Glas so heftig auf den Tisch, dass der Whisky überschwappte. »Also gut«, sagte er. »Sie wollen die Wahrheit hören? Ich erzähle sie Ihnen. Ich bin nicht blöd. Ich habe zu viele Jahre mit John gearbeitet, um nicht argwöhnisch geworden zu sein, aber - auch wenn Sie das nicht glauben - ich hab in meinem ganzen Leben keinen einzigen Scheißpenny angenommen. Vielleicht hab ich mir was vorgemacht, vielleicht hab ich John sogar geschützt, aber unsere Arbeit haben wir erledigt. Wir haben die Bösen zur Strecke gebracht. Ich hab den Mann geliebt. Alles, was ich kann, hab ich von ihm. Einmal hat er mir sogar das Leben gerettet. John hatte Charisma. Wenn er ein Zimmer betrat, dann guckte jeder hin. So ein Typ war er. Er war ein richtiger Held hier in der Gegend, oder haben Sie das noch nicht gemerkt?«
»Und deshalb haben Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan, um Inspector Hart bei der Ermittlung im Mordfall Graham Marshall zu behindern. Um die Erinnerung an Ihren alten Kumpel zu bewahren. Um den Ruf von Jet Harris zu schützen. Deshalb haben Sie jemanden beauftragt, der bei Inspector Hart einbrechen sollte, sie mit dem Auto anfahren und mich zusammenschlagen sollte.«
»Was reden Sie da für einen Blödsinn?«
»Sie wissen ganz genau, wovon ich rede.«
Verwirrt sah Shaw erst Michelle, dann Banks an. »Ich habe ganz bestimmt niemanden beauftragt, Inspector Hart einzuschüchtern. Auf keinen Fall. Wegen Inspector Hart hab ich mir keine Sorgen gemacht. Sie waren mein Problem, Banks.«
»Wieso?«
»Sie sind eine tickende Zeitbombe. Ich musste Sie im Auge behalten. Ihnen hat der Fall etwas bedeutet. Er betrifft Sie persönlich. Sie haben das Opfer gekannt. Als ich Sie kennen lernte, wusste ich genau, dass Sie nicht locker lassen würden.« Shaw schüttelte den Kopf und sah noch einmal Michelle an. »Nein«, sagte er. »Falls da jemand auf Sie angesetzt wurde, Inspector Hart, ich bin es nicht gewesen.«
Banks und Michelle tauschten einen Blick aus. Banks führte das Gespräch weiter. »Wollen Sie uns weismachen, dass Sie so lange mit Harris gearbeitet haben und nicht die geringste Ahnung hatten, was er im Schilde führte?«
»Ich habe gesagt, ich hatte so meine Vermutungen, aber ich hab sie verdrängt. Der Truppe zuliebe. John zuliebe. Wenn man eine Wanze wie Fiorino zerquetscht, ist sofort die nächste zur Stelle. Prostitution, Pornografie und Drogen kann man genauso wenig ausrotten wie Sex und Sauferei. Das wird's immer geben. Damals war das noch was anderes. Manchmal musste man sich mit ganz schön unangenehmen Zeitgenossen arrangieren, um seine Arbeit machen zu können.«
»Und was war mit Graham Marshall?«
Shaw war überrascht. »Was soll mit ihm gewesen sein?«
»Wissen Sie, was mit ihm passiert ist? Haben Sie das auch die ganzen Jahre vertuscht?«
»Ich hab keine Ahnung, was Sie da für einen Scheiß reden«, flüsterte Shaw.
»Nun, dann erzähle ich Ihnen mal eine Geschichte«, sagte Banks. »Wir haben keine Beweise, aber Inspector Hart und ich sind überzeugt, dass es so gewesen ist. Höchstwahrscheinlich hat Donald Bradford Graham getötet. Er besaß das passende Messer, außerdem kannte Graham ihn. Bradford musste nur zur richtigen Zeit die Wilmer Road entlangfahren, nämlich als Graham mit der anderen Seite anfing, und ihm sagen, es wäre etwas
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