Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
Mum?«
      »Lass mich mal nachdenken. Zuerst mal natürlich der Junge von den Banks, mit dem hockte er oft zusammen, dann David Grenfell und Paul Major. Und Steven Hill. Vielleicht noch ein paar mehr, aber die fünf wohnten alle hier in der Siedlung, sind zusammen zur Schule gegangen, haben im Park Cricket oder Fußball gespielt, zusammen Musik gehört, Platten getauscht. Solche Sachen halt. Ein paar von den Eltern wohnen hier noch. Falls sie noch leben, meine ich.«
      »War Graham beliebt?«
      »Würd ich schon sagen, doch«, sagte Mrs. Marshall. »Er war unkompliziert. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass er jemanden gekränkt haben soll. Damit will ich nicht sagen, dass er perfekt war, natürlich nicht. Er war ein ganz normaler vierzehnjähriger Junge, und meistens hatte er gute Laune.«
      »War er ein kluges Köpfchen?«
      »In der Schule kam er gut zurecht, Mum, oder?«, sagte Joan.
      »Ja. Er wäre mit Sicherheit zur Universität gegangen, wie seine Schwester.«
      »Was wollte er mal werden?«
      »Astronaut oder Popstar, aber das hätte sich bestimmt noch geändert. Er war gut in Physik und Chemie. Vielleicht wäre er ein guter Lehrer geworden.« Mrs. Marshall hielt inne. »Wie geht es jetzt weiter, wenn ich fragen darf, Miss Hart? Ich meine nur, weil das alles schon so lange her ist. Sie glauben doch nicht, dass Sie nach so langer Zeit noch denjenigen finden, der das getan hat?«
      »Das weiß ich nicht«, sagte Michelle. »Ich möchte natürlich keine voreiligen Versprechungen machen. Aber in einem solchen Fall bemühen wir uns, alles noch mal durchzugehen und nach etwas zu suchen, was beim ersten Mal übersehen wurde. Eine neue Perspektive. Manchmal funktioniert das. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, muss ich sagen, dass der Fall nicht an erster Stelle steht, was die dafür abgestellten Beamten angeht.«
      »Sie können mir glauben, meine Liebe, dass hier in der Gegend genug krumme Dinger passieren, auch ohne dass ihr von der Polizei in der Vergangenheit herumwühlt.« Mrs. Marshall dachte nach. »Ist nur, weil ... nun, ich würde es schon ganz gerne wissen, auch nach so langer Zeit. Als letztens die Ergebnisse von der DNA-Analyse kamen und feststand, dass es hundertprozentig unser Graham ist, hab ich lange nachgedacht. Ich dachte, wir hätten uns damit abgefunden, es nie herauszubekommen, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so ganz sicher. Ich meine nur, wenn Sie herausfinden könnten, was mit ihm passiert ist und warum ...« Sie schaute ihren Mann an. »Ich weiß, dass er seinen Frieden machen möchte, bevor ... na ja, Sie wissen schon, was ich meine.«
      Michelle steckte ihren Notizblock in die Aktentasche. »Ich glaube, ja«, sagte sie. »Und ich verspreche Ihnen, mein Bestes zu tun.«
      »Eine Frage hätte ich noch«, sagte Mrs. Marshall.
      »Bitte!«
      »Also, wie es damals lief, ist es ja nun so, dass ... ich meine, unser Graham hatte nie eine richtige Beerdigung. Glauben Sie, dass das noch geht? Sie wissen schon, die Knochen ...«
      Michelle dachte kurz nach. »Eventuell brauchen wir sie noch ein paar Tage«, sagte sie, »für Untersuchungen und so. Aber ansonsten wüsste ich nicht, was dagegensprechen sollte. Warten Sie, ich rede mit der Anthropologin aus der Gerichtsmedizin. Sie wird sich bestimmt bemühen, die sterblichen Überreste so schnell wie möglich freizugeben.«
      »Ja, wirklich? Oh, vielen, vielen Dank, Miss Hart. Sie können sich nicht vorstellen, was das für uns bedeutet. Haben Sie auch Kinder?«
      Michelle spürte, dass sie innerlich verkrampfte, wie immer, wenn man ihr diese Frage stellte. Schließlich brachte sie die Worte heraus: »Nein, hab ich nicht.«
      Mrs. Marshall geleitete sie zur Tür. »Wenn Sie noch irgendwelche Fragen haben«, sagte sie, »melden Sie sich einfach, ja?«
      »Sicher«, sagte Michelle. »Vielen Dank.« Und so ging sie durch den Regen zurück zum Auto, atmete tief durch, erschüttert und überflutet von Erinnerungen, die sie verdrängt hatte, Erinnerungen an Melissa und Ted. Jetzt war Graham Marshall für sie mehr als ein Knochenhaufen auf einem Edelstahltisch; er war ein aufgeweckter, unkomplizierter Junge mit Beatles-Frisur, der Astronaut oder Popstar werden wollte. Wenn sie nur wüsste, wo sie anfangen sollte.
     
    Banks traf Annie im The Woolpack, einem ruhigen Pub in dem Dörfchen Maltham auf halber Strecke zwischen Gratly und Harksmere. Auf der Heimfahrt vom Flughafen Manchester

Weitere Kostenlose Bücher