Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
Vom Netzwerk:
Eisenbahnbrücke auf der rechten Seite, und Claire Toth und ihre Familie lebten praktisch auf der anderen Straßenseite, wo am Ende eines steilen Anstiegs eine Reihe alter Einfamilienhäuser mit überwucherten Gärten stand. Sechs Jahre war es her, dass Annie zum letzten Mal vorbeigefahren war, aber damals waren überall Absperrungen und Flatterband gewesen. Jetzt war davon natürlich nichts mehr zu sehen, und die Hausnummer 35 war ebenfalls verschwunden. An ihrer Stelle standen zwei neue Doppelhaushälften aus rotem Backstein. Es hatte wohl niemand in dem Haus der Paynes wohnen wollen, nicht mal nebenan.
      Annie ging vom Gas und erschauderte, als sie plötzlich daran denken musste, wie sie damals in den Keller hinabgestiegen war: das obszöne Poster einer Frau mit gespreizten Beinen, die dumpfe, klaustrophobe Atmosphäre, der Gestank von Blut und Urin, die okkulten Symbole an den Wänden. Zu Annies Glück war die Leiche von Kimberley Myers zusammen mit der blutigen Matratze schon abtransportiert worden, als sie in den Keller kam.
      Annie konnte sich vorstellen, dass das Grundstück von den Seelen der armen Mädchen heimgesucht wurde, die dort vergewaltigt, gefoltert und verscharrt worden waren. Und Lucy Payne, die Frau im Rollstuhl mit der durchschnittenen Kehle, war irgendwie daran beteiligt gewesen. Banks hatte Lucy immer wieder lange vernommen, zuerst als Opfer und später als potentielle Verdächtige, und sie hatte eine gewisse Wirkung auf ihn gehabt, egal was er jetzt behauptete. Es lag auf der Hand, dass er auch heute nicht besser als andere verstand, was und warum tatsächlich in jenem Keller vor sich gegangen war.
      Annie parkte vor der Treppe, die zu Claires Haus führte und riss sich zusammen. Sie wusste, dass sie über das, was bei Banks passiert war, hinwegkommen und mit ihm reden musste. Und zwar nüchtern. Sie hatte sich selbst zum Affen gemacht. Ja, und? Es war nicht das erste Mal gewesen und würde auch nicht das letzte Mal sein. Erklär es ihm. Er wird es verstehen. Banks war weiß Gott verständnisvoll, er würde sie nicht vor die Tür setzen. Hatte sie so viel Angst vor einem peinlichen Moment? Das hörte sich nicht nach der Frau an, für die Annie sich hielt. Aber war sie wirklich, wer sie zu sein glaubte?
      Sie stieg die Treppe hoch. Ihr fiel auf, dass der zur Straße abfallende Garten ziemlich stark überwuchert war, besonders für diese Jahreszeit. Ein hoher Zaun auf halber Höhe versperrte von unten den Blick auf das Haus. Annie öffnete das Tor und nahm die letzten Stufen.
      Die Haustür hätte dringend gestrichen werden müssen, man sah, dass ein Hund oder eine Katze am Holz gekratzt hatte. Der kleine Rasen war ungepflegt und mit Unkraut überwachsen. Annie war sich nicht sicher, wie sie mit Claire umgehen sollte. War das Mädchen ernsthaft verdächtig? Wenn nicht, würde Claire vielleicht etwas wissen, das ihnen weiterhalf? Ein wenig hatte Annie das Gefühl, mit ihrem Besuch bei den Leuten nur alte Wunden aufzureißen. Sie holte tief Luft, ballte die Faust und klopfte ans Milchglas.
      Nach einer Weile kam eine Frau in blauer Strickjacke und grauer Freizeithose an die Tür.
      »Mrs Toth?«, fragte Annie.
      »Ja, meine Liebe. Sie sind bestimmt DI Cabbot. Kommen Sie doch herein. Claire ist noch nicht da, aber es dauert nicht mehr lange.«
      Annie betrat das Haus. Das Vorderzimmer hatte eine hohe Decke, das Erkerfenster ging gen Westen, über die Häuser der gegenüberliegenden Dächer hinweg. In der Ecke stand ein Fernseher. Die tägliche Kochshow hatte gerade begonnen, mit diesem appetitlichen französischen Koch Jean-Christophe Novelli. Annie hätte wetten können, dass die Franzosen sich wegen eines One-Night-Stands niemals so angestellt hätten. Mrs Toth machte keine Anstalten, den Fernseher auszuschalten, doch als Annie darum bat, stellte sie ihn ein wenig leiser. Während sie sich über Belanglosigkeiten unterhielten, schielte Mrs Toth aus dem Augenwinkel immer wieder zum Fernseher hinüber.
      Schließlich bot sie Annie eine Tasse Tee an, die sie dankbar annahm. Sich selbst überlassen, stellte sie sich in dem großzügigen Wohnzimmer ans Fenster und sah zu, wie die flauschigen Wolken über den blauen Himmel auf den Horizont zutrieben. Wieder ein herrlicher Frühlingstag. Annie bildete sich ein, in der Ferne sogar die mächtigen Umrisse der Penninen sehen zu können.
      Ungefähr in dem Moment, als Mrs Toth den Tee brachte, ging die Haustür auf und

Weitere Kostenlose Bücher