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Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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mit ihr, oder?«
      »Nein. Ich grüßte sie nur.«
      »Wussten Sie, wo sie jetzt lebte?«, fragte Annie.
      »Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass es nicht genug Beweise gegen sie gab und sie einen Prozess eh nicht durchgehalten hätte und dass man sie deshalb laufenließ.«
      »Wie ich eben schon sagte«, wiederholte Annie. »Sie konnte keinem mehr etwas antun. Sie war in einer Pflegeeinrichtung, wo man sich um Leute wie sie kümmert.«
      »Um Mörder?«
      »Um Querschnittgelähmte.«
      »Da wurde sie bestimmt gefüttert und gebadet und durfte alles im Fernsehen gucken, was sie wollte, ja?«
      »Sie wurde dort gepflegt«, sagte Annie. »Selbst konnte sie ja nichts mehr tun. Claire, ich verstehe Ihre Wut. Ich weiß, dass es -«
      »Ach ja? Verstehen Sie das?«, fuhr Claire sie an. Sie griff zur nächsten Zigarette. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Sehen Sie mich an! Meinen Sie etwa, ich wüsste nicht, wie hässlich und uninteressant ich bin? Ich war beim Psychologen. Jahrelang bin ich da hingegangen, und es hat überhaupt nichts gebracht. Ich kann die Vorstellung immer noch nicht ertragen, dass mich ein Junge anfasst.« Sie lachte harsch. »Das ist ein Witz, was? Als ob mich irgendein Junge überhaupt anfassen würde, so wie ich aussehe. Und das ist alles die Schuld von Lucy und Terence Payne!« Wütend sah sie Annie an. »Na, los, machen Sie schon!«
      »Was denn?«
      »Sagen Sie, so schlimm würde ich gar nicht aussehen. Mit ein bisschen Make-up und den richtigen Klamotten würde das schon wieder. Das sagen ja alle. Als bräuchte ich nichts weiter als eine beschissene Stilberatung.«
      Annies Meinung nach brauchte niemand eine Stilberatung wie im Fernsehen, aber das war eine ganz andere Sache. Eine Aggressionswelle nach der anderen rollte über Claire hinweg, und Annie fühlte sich nicht imstande, damit umzugehen. Ehrlich gesagt, hatte sie selbst genug Komplexe, die ihr zu schaffen machten.
      »Selbst mein Vater hat es nicht mehr ausgehalten«, sagte Claire voller Abscheu und warf ihrer Mutter einen Blick zu. »Es hat nicht lange gedauert, bis er das sinkende Schiff verließ. Und Kims Eltern sind weggezogen, direkt als sie Lucy Payne laufenließen. Aber ein Jahr lang sind sie ihr Haus nicht losgeworden. Sie haben fast nichts mehr dafür bekommen.«
      Mrs Toth nahm sich ein Taschentuch und tupfte sich die Augen trocken, sagte aber nichts. Langsam setzte Annie die schwer auf allem lastende Traurigkeit in diesem Zimmer zu. Unerklärlicherweise musste sie für den Bruchteil einer Sekunde lang an Eric denken und hätte ihn am liebsten erwürgt. Es war alles zu viel für sie; sie hatte ein beengtes Gefühl in der Brust und Schwierigkeiten beim Atmen. Es war zu warm hier drin. Reiß dich zusammen, Annie, sagte sie sich. Reiß dich verdammt noch mal zusammen. Hab dich in der Gewalt.
      »Das heißt, Sie wussten nicht, wo Lucy lebte?«, fragte sie Claire.
      »Wohl kaum, sonst hätte ich sie wahrscheinlich selbst erwürgt.«
      »Wie kommen Sie darauf, dass sie erwürgt wurde?«
      »Nur so. Keine Ahnung. Warum? Ist das wichtig?«
      »Nein, eigentlich nicht.«
      »Wo war sie denn?«
      »Wie ich eben sagte: in einem Heim. In der Nähe von Whitby.«
      »Ein Haus am Meer. Wie schön! Ich war nicht mehr am Meer, seit ich ein Kind war. Wahrscheinlich hatte sie auch einen schönen Ausblick, was?«
      »Waren Sie schon einmal in Whitby?«
      »Nein, wir sind immer nach Blackpool gefahren. Oder nach Llandudno.«
      »Haben Sie ein Auto?«
      »Nee, hab keinen Führerschein. Warum auch?«
      »Wieso denn nicht?«
      »Ich kann zu Fuß zur Arbeit gehen. Wo soll ich sonst noch hin?«
      »Ach, keine Ahnung«, sagte Annie. »Mit Freunden ausgehen, zum Beispiel?«
      »Ich habe keine Freunde.«
      »Irgendjemanden muss es doch geben!«
      »Früher habe ich öfter Maggie besucht, oben an der Straße, aber die ist auch abgehauen.«
      »Wohin?«
      »Zurück nach Kanada, denke ich. Keine Ahnung. Nach allem, was passiert war, konnte sie ja wohl kaum hierbleiben, oder?«
      »Haben Sie sich geschrieben?«
      »Nein.«
      »Aber Sie waren schon mit ihr befreundet, oder?«
      »Sie war mit ihr befreundet.«
      Darauf konnte Annie nicht viel sagen. »Wissen Sie, wohin in Kanada Maggie gegangen ist?«
      »Fragen Sie die Everetts. Ruth und Charles. Das sind ihre Freunde, Maggie hat in deren Haus gewohnt.«
      »Danke«, sagte Annie.

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