Inspector Banks kehrt heim
Ayeshas Brust-OP. Kay stand die ganze Zeit höflich neben Banks, stellte Fragen oder gab verständnisvolle Kommentare ab. Roy arbeitete sich weiter durch den Raum, unermüdlich.
Wie üblich nickte Onkel Ted irgendwann ein. Cousine Angie trank zu viel und übergab sich in die Küchenspüle. Dabei löste sich ihr Nasenpiercing, das sie fast verschluckte. Onkel Gerald und Onkel Frank hätten sich beinahe geprügelt. Tante Ruth machte sich in die Hose, und die niedliche magersüchtige kleine Cousine Sue, dürr wie ein Grashalm im Wind, wurde weinerlich und versuchte auf jämmerliche Weise, Banks anzumachen.
Kurz gesagt: Es war eine typische Familienfeier.
Roy und Corinne brachen früh auf. Sie verabschiedeten sich von Banks und Kay, und wie immer lud Roy den großen Bruder ein, ihn mal in South Kensington zu besuchen, sie müssten sich wirklich häufiger sehen, hoffentlich könne Banks im nächsten Jahr zur Hochzeit kommen. Banks versprach, es zu versuchen, und gab der errötenden zukünftigen Braut einen Kuss auf die blasse kühle Wange. Dann waren sie fort.
Als Banks sich umsah, stellte er fest, dass auch Geoff Salisbury gegangen war. Nur noch wenige Verwandte waren da, entweder sturzbetrunken oder in vertrauliche Gespräche vertieft. Banks fand seine Mutter bei ihrer Schwester Flo und sagte, er wolle Kay nach Hause bringen und komme gleich wieder zurück.
Es war still auf der Straße, die Abendluft kühl. Sie sahen nur wenige Menschen auf dem kurzen Weg zu Kays Haus.
»Ich komme besser nicht mit rein«, sagte Banks auf der Schwelle.
»Nein.«
Er fragte sich, was wohl passieren würde, wenn er sich vorbeugte und sie küsste. Würde die Entschlossenheit dahinschmelzen? Er hatte das Gefühl, dass sie nur vorgeschoben war.
»Also«, sagte er, »wenn du mal bei mir in der Nähe bist ...«
»Klar.« Sie lächelte ihn auf eine Weise an, die ihm sagte, dass das nie der Fall sein würde, und nach einem kurzen Kuss auf die Wange ging die Tür auf und wieder zu, und Banks stand allein vor dem Haus.
Er wollte nicht direkt zurück zu der ausklingenden Feier, wollte nicht den betrunkenen Verwandten begegnen, die für die Heimfahrt schnell wieder nüchtern werden mussten, wollte nicht die umgekippten Getränke und das Essen auf dem Teppich sehen. Irgendwann würde er heimkehren müssen. Er war es seinen Eltern schuldig, zumindest beim Aufräumen zu helfen, aber er konnte es noch ein wenig vor sich herschieben.
Der Mond stand nun höher; Banks sah die Sterne, Planeten, ja ganze Sternbilder über dem bernsteingelben Licht der Straßenlaternen. Sonderbar melancholisch ging er durch die stillen sonntagabendlichen Straßen des Viertels, vorbei an den Einliegerwohnungen, zu denen er früher die Zeitung gebracht hatte, vorbei an dem Haus, wo sein verstorbener Freund Steve Hill gewohnt hatte. Steve hatte hinten im Garten unter einer Glasglocke Kröten gehalten, erinnerte sich Banks, aber Steve war unzuverlässig, während eines Sommers hatte er die Tiere vergessen, sie schrumpften ein und starben. Zuletzt sahen sie aus wie getrocknete Pilze.
Seine Melancholie hatte wahrscheinlich mit Kay zu tun, überlegte Banks, auch wenn er den letzten Abend eigentlich nicht wiederholen wollte. Die Nacht hatte einen eigenen Zauber gehabt, der jedem Wiederholungsversuch abgehen würde. Er dachte daran, wie ihre Beziehung damals zerbrochen war. Es war seine Schuld gewesen.
Alles hatte damit angefangen, dass Kay mit sechzehn von der Schule abging und bei der Lloyd's-Bank im Stadtzentrum anfing. Sie schloss neue Freundschaften, hatte mehr Geld zur Verfügung, ging freitags nach der Arbeit mit den Kollegen etwas trinken. Banks blieb auf der Schule, machte seine A-Levels, und irgendwie war er als Schuljunge nicht so attraktiv wie die etwas älteren, besser gekleideten, weltläufigeren Männer aus Kays Büro. Sie konnten mit ihrem Geld protzen, und was noch wichtiger war: Einige hatten Autos. Einen gewissen Nigel, ein Typ mit dicker Nase und einem MG Triumph, hatte Banks ganz besonders auf dem Kieker gehabt. Kay versicherte ihm, da würde nichts laufen, aber Banks war krank vor Eifersucht und quälte sich mit Phantasien, in denen sie fremdging. Irgendwann verließ Kay ihn. Sie könne sein ständiges Gefrage, mit wem sie sich treffe und was sie mache, nicht mehr ertragen, sagte sie. Es sei furchtbar, wie besessen er reagiere, wenn sie einen anderen Mann auch nur ansehe.
Die Ironie des
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