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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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nicht allein sitzen bleiben. Außerdem war er um drei mit seinem Agenten im Four Seasons verabredet, dort konnte er trinken, so viel er wollte. Die Zeit bis dahin könnte er in einer Buchhandlung totschlagen. »Gut«, sagte er. »Ich begleite Sie nach unten.«
      Draußen auf der heißen, überfüllten Straße gaben sie sich die Hand und verabredeten sich in einer Woche auf der Terrasse des Madison Avenue Pub. Es wäre nicht gut, wenn man sie zweimal zusammen am selben Ort sah.
      Quilley stand an der Ecke Bloor und Avenue Street inmitten der unermüdlich fotografierenden Touristen und sah Peplow nach, der in Richtung der U-Bahn-Station St. George verschwand. Jetzt, da das Treffen vorüber war, wunderte sich Quilley erneut, welcher Teufel ihn ritt, diesem armseligen Mann zu helfen. Nächstenliebe war es sicher nicht. Vielleicht war es die Herausforderung, die ihn reizte; schließlich klettern wir auf Berge, nur weil es sie gibt.
      Und außerdem war da noch Peplows Krimi-Sammlung. Möglicherweise besaß er ein bestimmtes Exemplar, das für Quilley von großem Interesse war. Vielleicht würde Peplow ihm so dankbar sein, dass er bereit wäre, sich davon zu trennen.
      Während Quilley überlegte, wie er dieses Thema beim nächsten Treffen zur Sprache bringen sollte, wischte er sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und steuerte auf die Buchhandlung zu.
      Atropin, Hyoscyamin, Belladonna ... Eines Abends blätterte Quilley in seinem Landhaus in Dreisbachs Handbook of Poisoning. Gift schien in letzter Zeit aus der Mode gekommen zu sein; Quilley selbst hatte es nur einmal rund sechs Jahre zuvor in einem seiner Romane verwendet. Damals hatte er sich für den Klassiker entschieden, Zyanid, mit seinem bekannten Bittermandel-Duft, von dem er so oft gelesen, den er jedoch nie selbst gerochen hatte. Seitdem verstaubte das kleine schwarze Handbuch im Regal.
      Beim Schreiben konnte man natürlich leicht dafür sorgen, dass der Mörder an den Stoff kommt: Man gab ihm einfach einen Job als Apotheker oder im Krankenhaus. Im wirklichen Leben dagegen war es wohl um einiges komplizierter, in den Besitz von Gift zu gelangen.
      Bisher hatte Quilley die Kapitel über Gifte in der Landwirtschaft, tödliche Substanzen im Haushalt und gefährliche Arzneimittel gelesen. Die Schwierigkeit bestand nun darin, für Peplow ein Gift zu finden, das leicht zu beschaffen war. Verschreibungspflichtige Medikamente schieden aus. Selbst wenn Peplow einen Arzt überzeugen könnte, ihm beispielsweise ein Schlafmittel zu verschreiben, stünde das später in seiner Krankenakte. Somit würde jeder Tod in seiner Nähe verdächtig erscheinen. Ein Schlafmittel wäre ohnehin nicht das Richtige, ebenso schieden leicht erhältliche Produkte wie Lösungsmittel, Insektizide oder Unkrautvernichtungsmittel aus - sie riefen alle nicht die Symptome eines Herzinfarkts hervor.
      Im Anhang des Buches befand sich eine Liste mit giftigen Pflanzen, die Quilley aufgrund ihrer schieren Länge beeindruckte. Ihm war bis dahin nicht bewusst gewesen, wie viel tödliche Gefahren in Wiesen, Gärten und Wäldern lauerten. Rhabarberblätter zum Beispiel enthielten Oxalsäure und verursachten Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Rinde, Holz, Blätter oder Samen der Eibe hatten eine ähnliche Wirkung. Buchsbaumblätter und -zweige verursachten Krämpfe, Schöllkraut konnte bis zum Koma führen, Hortensien enthielten Zyanid, und Goldregen bewirkte einen unregelmäßigen Puls, Halluzinationen, Zuckungen und Bewusstlosigkeit. Und so ging es munter weiter: Lupinen, Misteln, Wicken, Rhododendron - eine wahre Schatztruhe für jeden Giftmischer. Selbst der schöne Weihnachtsstern, der Jahr für Jahr so viele Fenster in Toronto schmückte, konnte eine Magen-Darm-Entzündung hervorrufen. Der Großteil dieser Pflanzen war einfach zu beschaffen, und in vielen Fällen konnten die aktiven Substanzen bereits durch einfaches Einweichen oder Abkochen extrahiert werden.
      Schon bald fand Quilley, wonach er gesucht hatte. Beim Oleander lautete der Eintrag: »Siehe Digitalis«. Und da stand es in aller Ausführlichkeit: Digitalis-Glykoside waren zum Beispiel im Roten Fingerhut enthalten. Er wuchs auf Brachflächen und an Waldhängen und blühte von Juni bis August. Eine akute Vergiftung führte zum Tod durch Herzkammerflimmern. In Anbetracht von Mrs Peplows Lebenswandel würde kein Arzt eine Autopsie für nötig halten. Man würde annehmen, dass sie an einem Herzinfarkt

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