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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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mit seinen Freunden zschu spielen«, erklärte Mary Critchley.
       Das konnte ich gut verstehen. Der kleine Johnny war ein Einzelkind und hatte seinen Vater immer angebetet. Dennoch wusste ich nicht, was seine Mutter von mir wollte. »Haben Sie schon herumgefragt?«
      »Wasch glauben Sie, wasch ich getan habe, seit er um zschwölf Uhr nicht zschu Hause war, wie verabredet? Ich habe alle in der Strasche gefragt. Zschuletzt wurde er gegen elf Uhr unten am Kanal gesehen. Von Maurisch Richards. Wasch soll ich tun, Mr Baschcombe? Zschuerst Ted, und jetscht ... und jetscht mein Johnny!« Sie brach in Tränen aus.
      Nachdem ich sie beruhigt hatte, erklärte ich ihr mit einem Seufzer, dass ich Johnny suchen würde. Es bestand eh keine große Hoffnung mehr, dass ich die zweite Hälfte meines Nickerchens genießen würde.
      Es war ein herrlicher Tag, warm und sonnig. Man konnte sich kaum vorstellen, dass Krieg herrschte. Die späte Nachmittagssonne ließ selbst unsere schmalen Straßen mit den engen Reihenhäusern aus Ziegelstein schön aussehen. Als die Schatten länger wurden, wurde das Licht zu flüssigem Gold. Zuerst suchte ich Johnny auf dem örtlichen Spielplatz, wo die Kinder Kricket und Fußball spielten und Hunde herumtollten. Einige Soldaten hoben Gräben für Luftschutzbunker aus. Allein der Anblick dieser langen dunklen Furchen im Boden ließ mich erschaudern. Hinter den Gräben zerrten Sperrballons an ihren Leinen wie ausgelassene Delphine, orange und rosa in der Sonne. Ich fragte die Soldaten, aber keiner hatte Johnny gesehen. Auch niemand von den anderen Jungs.
      Danach ging ich zu den verlassenen Häusern in der Gallipoli Street. Der Eigentümer hatte sie zwei Jahre zuvor aufgegeben, sie waren inzwischen so gut wie unbewohnbar, nicht einmal Soldaten konnte man dort noch unterbringen. Außerdem waren sie gefährlich und hätten eigentlich abgerissen werden müssen, aber ich glaube, der alte Geizkragen hoffte auf einen Bombeneinschlag, damit er sich das Geld von der Versicherung oder als Entschädigung von der Regierung wiederholen konnte. Türen und Fenster waren mit Brettern vernagelt, aber Kinder sind einfallsreich, und selbst mir fiel es nicht schwer, einige lose Sperrholzbretter zu entfernen und in eines der Häuser zu gelangen. Ich ärgerte mich, meine Taschenlampe nicht mitgenommen zu haben, so musste ich mit dem wenigen Licht auskommen, das durch die Löcher hereinfiel. Bei jeder Bewegung wirbelten Staubwolken auf, was meiner armen Lunge nicht gerade guttat.
      Ich dachte, Johnny wäre vielleicht gefallen oder in einem der Häuser eingeschlossen. Die Treppenstufen waren verrottet, schon mehr als ein Kind war dort gestürzt. Die Böden waren in keinem besseren Zustand. Einige Wochen zuvor hatte einer der Viertklässler von Silverhill mit mehr als fünfzehn Stichen genäht werden müssen, nachdem er mit dem Bein durch das morsche Holz gebrochen war und sich Splitter ins Fleisch gebohrt hatten.
      Ich suchte, so gut es in dem schwachen Licht möglich war, rief Johnnys Namen, erhielt aber keine Antwort. Bevor ich ging, blieb ich still stehen und lauschte, ob ich vielleicht ein leises Wimmern oder Keuchen hörte.
      Nichts.
      Nach drei Stunden Suche in der Nachbarschaft kehrte ich unverrichteter Dinge zurück. Um Viertel vor sieben war Verdunkelungszeit, mir blieben also noch anderthalb Stunden. Ich wusste nicht, wo ich noch suchen sollte. Hier und dort traf ich ein paar Jungen, aber keiner hatte Johnny gesehen, seit seine Familie die Nachricht von Teds Tod erhalten hatte. Es hatte den Anschein, als habe sich der kleine Johnny Critchley in Luft aufgelöst.
      Um halb sieben besuchte ich Maurice Richards. Ich war dankbar für die angebotene Tasse Tee und die Möglichkeit, meinen schmerzenden Füßen eine Pause zu gönnen. Maurice und ich kannten uns schon lange. Wir hatten den ersten Krieg überlebt, Maurice unter Verlust eines Armes, ich mit einem stark vernarbten Gesicht und unregelmäßig auftretenden Hustenanfällen durch Senfgas, das bei der dritten Schlacht von Ypern in meine Maske gedrungen war. Wir sprachen nie über den Krieg, aber er war da, das wussten wir beide, als unsichtbares Band zwischen uns, das uns gleichzeitig vom normalen Umgang mit vielen anderen Menschen ausschloss. Nicht viele hatten das gesehen, was wir hinter uns hatten - Gott sei Dank.
      Mit einer Hand entzündete Maurice eine Passing Cloud, dann schenkte er den Tee ein. Im Radio kamen die

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