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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Sie dazu zu sagen, Mr Special Constable Bascombe?«
      »Nur dass Colin ein Freund der Kinder ist und niemandem etwas zuleide tun könnte.«
      »Freund«, schnaubte Sergeant Longbottom verächtlich und stand auf. »Wir können von Glück sagen, dass Sie kein richtiger Polizist sind, Mr Bascombe«, verkündete er mit einem Nicken, um seine Weisheit zu unterstreichen. »Das können wir wirklich.«
      »Was wollen Sie denn nun machen?«, erkundigte ich mich.
      Longbottom schaute auf die Uhr und runzelte die Stirn. Entweder versuchte er herauszufinden, was es bedeutete, wenn der kleine und der große Zeiger auf ihrer derzeitigen Position standen, oder er blinzelte, weil er schlecht sah. »Ich werde mich mit diesem Colin Gormond unterhalten. Abgesehen davon können wir heute Abend nicht mehr viel tun. Morgen früh werden wir als Erstes den Kanal mit einem Schleppnetz absuchen.« Er ging zur Tür, drehte sich um, wies auf die Fenster und sagte: »Und vergessen Sie nicht die Verdunkelungsvorhänge, Ma'am, sonst müssen Sie noch dem Luftschutzwart Rede und Antwort stehen.«
      Erneut brach Mary Critchley in Tränen aus.
     
    Selbst das weiche Morgenlicht konnte den Kanal nicht verschönern. Wie eine offene Kloake wand er sich durch die Stadt, Ölpfützen schimmerten in Regenbogenfarben in der Sonne, das braune Wasser war verdreckt mit industriellem Schaum und Lauge, dazwischen schwammen Treibholz und Papier. Auf der einen Seite befand sich Ezekiel Woodruffs Schrottplatz. Der alte Woodruff war ein wenig exzentrisch. Früher kam er immer mit seinem Pferd und einem Karren durch die Straßen und rief »Alteisen! Alteisen!«, aber da die Regierung jetzt andere Verwendungsmöglichkeiten für Schrott hatte - angeblich wurde er im Flugzeugbau gebraucht -, wusste der arme alte Woodruff nicht mehr, womit er sein Geld verdienen sollte. Neil, das alte Zugpferd, hatte er bereits zum Abdecker gebracht. Wahrscheinlich leistet sie als Pferdeleim ihren Beitrag zum Krieg. Alte Wäschemangeln und kaputte Möbelstücke erhoben sich aus den Schrotthaufen wie zerschossene Artilleriegeschütze nach der Schlacht.
      Gegenüber grenzte das steile Ufer an die Rückfront der Häuser von der Canal Road. Die Anwohner schienen den Kanal als ihre private Müllkippe zu betrachten. Fliegen und Wespen summten um alte Jutesäcke und Papiertüten, in denen Gott weiß was verrottete. Zwei verbogene Fahrradfelgen und ein Kinderwagen ohne Räder vervollständigten das Bild.
      Ich sah zu, wie Longbottom die Suche leitete, ein langsames, mühseliges Unterfangen, das alle möglichen besorgniserregenden Gegenstände an die Oberfläche beförderte, nur nicht die Leiche von Johnny Critchley.
      Ich war nervös. Jeden Augenblick erwartete ich den Ruf eines Polizisten aus einem der Boote zu hören, sie hätten Johnny gefunden, rechnete damit, ein kleines, armseliges Bündel an der Wasseroberfläche treiben zu sehen. Ich glaubte nicht, dass Cohn Gormond Johnny etwas angetan hatte - genauso wenig wie Maurice, auch wenn Longbottom ihn verdächtigte -, aber angesichts von Johnnys verwirrtem Zustand konnte ich mir vorstellen, dass er einfach ins Wasser gesprungen war. Ich hätte ihn nicht für einen Selbstmörder gehalten, aber andererseits hatte ich keine Ahnung, ob Neunjährige über Selbstmord nachdenken. Ich wusste nur, dass die Sache mit seinem Vater ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte und man ihn zuletzt am Kanal gesehen hatte.
      Deshalb wartete ich mit Longbottom und den anderen. Langsam wurde es wärmer, aber von Johnny keine Spur. Nach gut drei Stunden gab die Polizei auf und ging zu Betty's Café auf der Chadwick Road, um Schinken und Eier zu essen. Ich wurde nicht eingeladen und war froh, mir unangenehmes Essen und unangenehme Gesellschaft ersparen zu können. Noch etwas länger blieb ich am Kanal und starrte auf das ölige Wasser. Ich überlegte, ob es ein gutes Zeichen war, dass Johnny nicht ertrunken war, und fasste den Entschluss, mich mit Colin Gormond zu unterhalten.
     
    »Was ist, Colin?«, fragte ich ihn freundlich. »Na los! Mir kannst du's doch sagen.«
      Aber Colin blieb mit dem Rücken zu mir in der dunklen Ecke seines kleinen Wohnzimmers stehen, die Hände vors Gesicht geschlagen, gab seltsam schniefende Laute von sich und schüttelte den Kopf. Draußen war ein strahlend heller Tag, aber die Verdunkelungsvorhänge waren noch immer zugezogen, nicht ein Lichtstrahl fiel hindurch. Ich hatte schon versucht, das Licht

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